Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
Vom Netzwerk:
Auch die Männer aus der Küche kamen in die Diele gelaufen. Der Salon war schon ein Meer aus Feuer und Rauch. Einer wählte noch schnell die Nummer der Feuerwehr und rief kurz in den Hörer: "Sadowaja 302 b!"
    Es war keine Minute mehr zu verlieren. Die Flamme schlug bereits in die Diele. Das Atmen wurde schwer. Als die ersten Rauchschwaden aus den zerschlagenen Fenstern der verhexten Wohnung strichen, ertönten im Hof verzweifelte Schreie:
    "Feuer! Feuer! Es brennt!"
    In mehreren Wohnungen des Hauses schrien Menschen ins Telefon:
    "Sadowaja! Sadowaja 302 b!"
    Als dann auf der Sadowaja das furchteinflößende Gebimmel der aus allen Teilen der Stadt herbeirasenden langen roten Fahrzeuge ertönte, sahen die auf dem Hof hin und her hastenden Menschen, wie zusammen mit dem Rauch aus einem Fenster im vierten Stock drei dunkle männliche Silhouetten und die Silhouette einer nackten Frau davonflogen.
28 Die letzten Abenteuer von Korowjew und Behemoth
    Ob die Silhouetten Wirklichkeit waren oder ob die angstbetäubten Mieter des unglückseligen Hauses in der Sadowaja sich nur eingebildet hatten, sie zu sehen, läßt sich natürlich nicht mit Gewißheit sagen. Wenn sie Wirklichkeit waren, weiß auch niemand, wohin sie sich wandten. Wo sie sich teilten, können wir ebenfalls nicht sagen, aber wir wissen, daß etwa eine Viertelstunde nach Beginn des Brandes auf der Sadowaja ein langer Kerl in kariertem Anzug in Begleitung eines großen schwarzen Katers vor der Spiegelglastür des Ausländerladens am Smolensker Markt erschien. ' Der Mann schlängelte sich geschickt zwischen den Passanten hindurch und öffnete die Außentür des Ladens. Aber hier stellte sich ihm der kleine, knochige Portier in den Weg und sagte unwirsch:
    "Hier dürfen keine Kater rein!"
    "Entschuldigung", sagte der Lange mit klirrender Stimme und legte die knotige Hand ums Ohr, als wäre er harthörig: "Kater, sagen Sie? Wo sehen Sie denn einen Kater?" Der Portier riß die Augen auf, und er hatte Grund dazu: Bei dem Langen war kein Kater mehr zu sehen, statt dessen schaute hinter seiner Schulter ein Dickwanst mit zerrissener Schiebermütze hervor, dessen Visage tatsächlich etwas Katerähnliches hatte, und drängte zum Laden hin. In der Hand trug der Dickwanst einen Primuskocher.
    Das Pärchen mißfiel dem Portier, der ein Misanthrop war, aus irgendwelchen Gründen sehr.
    "Bei uns nur für Devisen", knirschte er und blickte gereizt unter zottigen grauen Brauen hervor, die wie mottenzerfressen aussahen.
    "Mein Teurer", klirrte der Lange, und sein Auge funkelte durch den gesprungenen Zwicker, "woher wollen Sie wissen, daß ich keine Devisen habe? Urteilen Sie nach meinem Anzug? Tun Sie das niemals, verehrter Wachhabender! Sie könnten einem folgenschweren Irrtum unterliegen. Lesen Sie mal in der Geschichte des berühmten Harun al-Raschid nach. In diesem Falle aber möchte ich die Geschichte des Kalifen zeitweilig beiseiteschieben. Ich werde mich beim Leiter über Sie beschweren und ihm ein paar Sachen über Sie erzählen, so daß Sie keine Gelegenheit mehr haben werden, Ihren Posten zwischen den Spiegelglastüren im Stich zu lassen."
    "Ich habe vielleicht den ganzen Kocher voller Devisen", mischte sich der katerähnliche Dickwanst heftig ins Gespräch und schob sich zum Laden hin. Von hinten drängte ein erbittertes Publikum nach. Der Portier betrachtete das sonderbare Pärchen voller Haß und Zweifel, doch gab er den Weg frei, und unsere Bekannten Korowjew und Behemoth betraten den Laden. Hier sahen sie sich als erstes um, dann verkündete Korowjew mit klangvoller Stimme, die in alle Winkel schallte: "Ein schöner Laden! Ein sehr, sehr schöner Laden!" Das Publikum an den Ladentischen drehte sich um und starrte verblüfft auf den Sprecher, obwohl es Grund gab, den Laden zu loben.
    Hunderte von Kattunballen mit den prächtigsten Mustern waren in den Regalfachern zu sehen. Dahinter türmten sich Leinen, Chiffon und Fracktuch. Ganze Stapel von Schuhkartons zogen sich hin, und ein paar Frauen saßen auf niedrigen Hockern, den rechten Fuß im alten ausgelatschten Schuh, den linken im neuen, glänzenden, mit dem sie besorgt auf den Teppich stampften. Irgendwo hinter einer Ecke sangen und spielten Grammophone.
    Aber Korowjew und Behemoth gingen an all diesen Verlockungen vorbei und begaben sich schnurstracks zu der Stelle, wo die Feinkost- und Konditoreiabteilung aneinander grenzten. Hier war es sehr geräumig, und die Frauen mit Kopftüchern und Baskenmützen beugten

Weitere Kostenlose Bücher