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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Lampe in die Augen. Dann kam ihm die andere Frau zu Hilfe. Iwan wurde nicht sehr schmerzhaft in den Rücken gestochen, man kratzte ihm mit dem Stiel eines Hämmerchens irgendwelche Zeichen auf die Brust, klopfte ihm gegen die Knie, daß seine Beine hochschnellten, piekte ihm in den Finger und nahm Blut ab, stach ihm in die Armbeuge, legte ihm Gummiarmbänder um . ..
    Iwan lachte im stillen bitter und dachte, wie absurd doch alles gekommen war. Man stelle sich das vor! Er hatte gewarnt vor der Gefahr, die von dem unbekannten Konsultanten drohte, er hatte ihn fangen wollen und nur erreicht, daß er nun in einem geheimnisvollen Kabinett saß, um allen möglichen Unsinn über seinen Onkel Fjodor zu erzählen, der in Wologda dem Quartalssuff obgelegen hatte. Unerträglich blöd!
    Endlich war Iwan entlassen. Er wurde wieder in sein Zimmer verfrachtet und bekam eine Tasse Kaffee, zwei weichgekochte Eier und Weißbrot mit Butter.
    Nachdem er das alles verzehrt hatte, beschloß er zu warten, bis er mit dem Chef dieses Instituts sprechen konnte, und von dem wollte er dann Aufmerksamkeit und Gerechtigkeit heischen. Es dauerte nicht lange — er kam gleich nach dem Frühstück. Plötzlich ging Iwans Zimmertür auf, und herein trat ein Haufen Volks in weißen Kitteln. Vorneweg ein sorgfältig nach Schauspielermanier rasierter Mann von vielleicht fünfundvierzig Jahren mit angenehmen, wenn auch sehr stechenden Augen und höflichem Benehmen. Seine Suite verhielt sich zuvorkommend und achtungsvoll zu ihm, so daß sein Eintritt sehr feierlich wirkte. Wie Pontius Pilatus! dachte Iwan.
    Ja, das war zweifellos der Chef. Er setzte sich auf einen Schemel, während die anderen stehen blieben.
    "Dr. Strawinski", stellte er sich Iwan vor und blickte ihn freundschaftlich an.
    "Hier, Alexander Nikolajewitsch", sagte einer der Begleiter mit adrettem Bärtchen halblaut und reichte dem Doktor Iwans Krankenblatt.
    Eine ganze Akte haben sie da zusammengebastelt, dachte Iwan. Der Doktor überflog mit geübtem Blick das Blatt und murmelte: "Soso, soso", dann wechselte er mit den Umstehenden ein paar Sätze in einer wenig bekannten Sprache.
    Latein redet er wie Pilatus, dachte Iwan traurig. Da ließ das Wort "Schizophrenie" ihn zusammenzucken. O weh, gestern hatte es der verdammte Ausländer an den Patriarchenteichen gesagt, und jetzt wiederholte es hier Dr. Strawinski. Auch das hat er gewußt! dachte Iwan sorgenvoll. Der Chef hatte es sich offenbar zur Regel gemacht, allem zuzustimmen und sich über alles zu freuen, was seine Umgebung ihm sagte, und das mit "prachtvoll, prachtvoll" auszudrücken. "Prachtvoll!" sagte er, gab das Blatt zurück und wandte sich an Iwan. "Sie sind Lyriker?"
    ,Ja, Lyriker", antwortete Iwan finster und spürte zum erstenmal einen unerklärlichen Widerwillen gegen alle Lyrik: seine eigenen Verse, die ihm beifielen, kamen ihm gräßlich vor. Er verzog das Gesicht und fragte Strawinski seinerseits: "Sie sind Professor?"
    Darauf neigte Strawinski höflich und zuvorkommend den Kopf. "Und Sie sind hier der Chef?" fuhr Iwan fort. Auch darauf neigte Strawinski den Kopf. "Ich muß mit Ihnen sprechen", sagte Iwan bedeutungsvoll. "Dazu bin ich hergekommen", antwortete Strawinski. "Es handelt sich darum", begann Iwan, der seine Stunde gekommen sah, "daß man mich zum Verrückten befördert hat und niemand mich anhören will."
    "Oh, wir hören Sie sehr aufmerksam an", sagte Strawinski ernst und beruhigend, "und wir werden auf keinen Fall dulden, daß man Sie zum Verrückten macht."
    "Dann hören Sie bitte! Ich habe gestern abend an den Patriarchenteichen eine geheimnisvolle Person getroffen, möglicherweise einen Ausländer, der hat vorher von Berlioz' Tod gewußt und Pontius Pilatus persönlich gekannt." Die Suite hörte dem Lyriker schweigend und reglos zu. "Pilatus? Den Pilatus, der zu Zeiten Jesu Christi gelebt hat?" fragte Strawinski und blickte Iwan mit schmalen Augen an. ,Ja, den."
    "Aha", sagte Strawinski, "und dieser Berlioz ist unter der Straßenbahn gestorben?"
    ,Ja, er ist gestern in meiner Gegenwart bei den Patriarchenteichen von der Straßenbahn zu Tode gefahren worden, wobei dieser geheimnisvolle Mann ..."
    "Der Bekannte von Pontius Pilatus?" fragte Strawinski, der offenbar eine vorzügliche Auffassungsgabe besaß. "Richtig", bestätigte Iwan und sah Strawinski forschend an. "Er also hat vorher gesagt, daß Annuschka das Sonnenblumenöl verschüttet hat. Und genau an der Stelle ist Berlioz ausgerutscht! Wie finden Sie

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