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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Gast streng.
    ,Ja, ehrlich gesagt, ohne Grund", antwortete Iwan verlegen. "Schweinerei", urteilte der Gast und fügte hinzu: "Außerdem, warum sagen Sie — in die Schnauze geballert? Freilich ist nicht sicher, ob der Mensch eine Schnauze hat oder einen Mund. Wahrscheinlich doch einen Mund. Aber wissen Sie, mit den Fäusten ... Nein, darauf müssen Sie ein für allemal verzichten." Nachdem der Gast Iwan solchermaßen ins Gewissen geredet hatte, erkundigte er sich: "Beruf?" "Lyriker", gestand Iwan widerwillig. Das betrübte den Besucher.
    "Ach, hab ich ein Pech!" rief er, doch er fing sich rasch, entschuldigte sich und fragte: "Wie ist Ihr Name?" "Besdomny."
    "Ach herrje", sagte der Gast stirnrunzelnd.
    "Was denn, gefallen Ihnen meine Gedichte nicht?" fragte Iwan neugierig.
    "Absolut nicht."
    "Welche haben Sie denn gelesen?" "Gar keins!" rief der Besucher nervös. "Wie können Sie dann so was sagen?"
    "Was ist denn dabei?" antwortete der Gast. "Als ob ich nicht andere gelesen hätte! Aber vielleicht gibt es Zeichen und Wunder? Schön, ich bin bereit, Ihnen unbesehen zu glauben. Sagen Sie selber, sind Ihre Gedichte gut?" "Grauenhaft!" stieß Iwan plötzlich beherzt hervor. "Schreiben Sie keine mehr!" bat der Ankömmling flehend. "Ich schwöre und gelobe es!" sagte Iwan feierlich.
    Der Schwur wurde durch einen Händedruck bekräftigt, da ertönten auf dem Korridor weiche Schritte und Stimmen. "Pssst!" flüsterte der Gast, sprang hinaus auf den Balkon und schloß hinter sich das Gitter.
    Praskowja Fjodorowna schaute herein und fragte, wie Iwan sich fühle und ob er im Dunkeln oder bei Licht zu schlafen wünsche. Iwan bat, das Licht brennen zu lassen, und Praskowja Fjodorowna entfernte sich, nachdem sie dem Kranken eine gute Nacht gewünscht hatte. Als alles still war, kehrte der Gast zurück.
    Flüsternd teilte er mit, im Zimmer 119 sei ein Neuer eingeliefert worden, ein Dickwanst mit rotem Gesicht, der fortwährend etwas von Devisen im Lüftungsschacht brabbele und versichere, bei ihnen in der Sadowaja hätte sich der Satan eingenistet. "Auf Puschkin schimpft er wie ein Rohrspatz und schreit dauernd: ,Kurolessow, da capo!'" sagte der Gast und zuckte hektisch. Nachdem er sich beruhigt hatte, ließ er sich nieder und sagte: "Aber was geht der uns an?" Dann setzte er das Gespräch mit Iwan fort: "Weswegen sind Sie eigentlich hier in der Klinik?"
    "Wegen Pontius Pilatus", antwortete Iwan und starrte mürrisch zu Boden.
    "Wie?!" schrie der Gast, alle Vorsicht vergessend, und hielt sich die Hand vor den Mund. "Das ist ja ein unglaubliches Zusammentreffen! Ich flehe Sie an, erzählen Sie!"
    Iwan, der Vertrauen zu dem Unbekannten empfand, erzählte erst stockend und schüchtern, dann immer mutiger die Geschichte, die tags zuvor an den Patriarchenteichen passiert war. Ja, einen dankbaren Zuhörer hatte er in dem geheimnisvollen Schlüsseldieb! Der hielt ihn nicht für verrückt, bekundete größtes Interesse für Iwans Erzählung und geriet, je weiter dieser kam, immer mehr in Begeisterung. Fortwährend unterbrach er ihn mit Ausrufen:
    "Los doch, weiter, weiter, ich flehe Sie an! Aber bei allem, was Ihnen heilig ist, lassen Sie nichts aus!"
    Iwan ließ nichts aus, so war es ihm leichter, zu erzählen, und gelangte allmählich bis zu dem Moment, wo Pontius Pilatus in blutrot gefüttertem weißem Umhang den Balkon betrat.
    Da legte der Gast flehend die Hände zusammen und flüsterte: "Oh, wie ich's geahnt habe! Oh, wie ich alles geahnt habe!" Die Schilderung des schrecklichen Todes von Berlioz kommentierte der Zuhörer mit einer rätselhaften Bemerkung, wobei in seinen Augen Zorn glomm:
    "Ich bedaure nur, daß nicht der Kritiker Latunski oder der Literat Mstislaw Lawrowitsch an Stelle von Berlioz waren!" Und wütend, doch lautlos schrie er: "Weiter!"
    Der Kater, der bei der Schaffnerin bezahlen wollte, erheiterte ihn über die Maßen. Er bog sich in lautlosem Gelächter, als er den vom Erfolg seines Berichts angeregten Iwan hockend herumhüpfen sah, um den Kater mit dem erhobenen Zehnkopekenstück darzustellen.
    "Und so", schloß Iwan traurig und umwölkt, nachdem er noch den Vorfall im Gribojedow geschildert hatte, "bin ich hier gelandet."
    Der Gast legte dem beklagenswerten Poeten mitfühlend die Hand auf die Schulter.
    ,Armer Dichter!" versetzte er. "Aber Sie sind selber an allem schuld, mein Guter. Sie durften nicht so respektlos und sogar unverschämt zu ihm sein. Dafür haben Sie bezahlt. Und Sie können noch von Glück

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