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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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auf dem spiegelblank gebohnerten Fußboden saß.
    Nikanor Iwanowitsch, den die neue Umgebung und die große Gesellschaft verwirrten, zögerte eine Zeitlang, dann folgte er dem allgemeinen Beispiel und hockte sich im Türkensitz aufs Parkett zwischen einen vierschrötigen rothaarigen Mann mit Bart und einen anderen, dessen bleiches Gesicht stark behaart war. Niemand aus dem Publikum beachtete den neuen Zuschauer.
    Da ertönte weich ein Glöckchen, das Licht im Saal erlosch, der Vorhang ging auf und zeigte die beleuchtete Bühne. Dort standen ein Sessel und ein Tischchen, auf dem das goldene Glöckchen lag. Den Hintergrund bildete ein schwarzer Samtvorhang. Aus den Kulissen trat ein Schauspieler im Smoking, glatt rasiert und mit Scheitelfrisur. Er war jung und hatte sympathische Gesichtszüge. Das Publikum im Saal wurde lebhaft, alle wandten sich der Bühne zu. Der Schauspieler trat zum Souffleurkasten und rieb sich die Hände..
    "Na, alle da?" fragte er mit Weichem Bariton und lächelte dem Saal zu.
    ,Jaaa", antworteten ihm aus dem Saal Tenöre und Bässe. "Hm", machte der Schauspieler nachdenklich, "daß ihr das noch nicht überhabt! Jeder halbwegs vernünftige Mensch geht jetzt in den Straßen spazieren und genießt die warme Frühlingssonne, und ihr hockt hier im stickigen Saal auf dem Fußboden!
    Ist denn das Programm so interessant? Nun ja, über Geschmack läßt sich nicht streiten", schloß er philosophisch. Dann wechselte er Timbre und Intonation und verkündete fröhlich und klangvoll:
    "Also, als nächste Nummer unseres Programms sehen Sie Nikanor Iwanowitsch Bossoi, Vorsitzenden eines Hauskomitees und Leiter einer Diätküche. Darf ich bitten, Nikanor Iwanowitsch!" Freundlicher Applaus antwortete dem Schauspieler. Nikanor Iwanowitsch, völlig perplex, glotzte. Der Conferencier beschirmte sich mit der Hand vor dem Rampenlicht, entdeckte ihn im Publikum und winkte ihn freundlich mit dem Finger zu sich. Nikanor Iwanowitsch wußte später nicht, wie er auf die Bühne gekommen war.
    Von unten und von vorn schlug ihm buntes Licht in die Augen, wodurch der Saal mit dem Publikum sofort im Dunkel verschwand.
    "So, Nikanor Iwanowitsch, nun geben Sie uns bitte ein Beispiel", sagte der junge Schauspieler herzlich, "und liefern Sie Ihre Devisen ab."
    Stille trat ein. Nikanor Iwanowitsch holte tief Luft und sagte leise:
    "Ich schwöre bei Gott, ich ..."
    Doch kaum hatte er diese Worte gesprochen, da entlud sich der Saal in unmutigem Geschrei. Nikanor Iwanowitsch verstummte bestürzt.
    "Wenn ich Sie richtig verstehe", sagte der Conferencier, "wollten Sie bei Gott schwören, daß Sie keine Devisen besitzen?" Teilnahmsvoll blickte er Nikanor Iwanowitsch an. "So ist es, ich besitze keine", antwortete Nikanor Iwanowitsch. "So", versetzte der Schauspieler, "verzeihen Sie die unbescheidene Frage, aber wo kommen dann die vierhundert Dollar her, die in der Toilette der Wohnung gefunden wurden, deren einzige Bewohner Sie und Ihre Gattin sind?"
    "Die wird wohl einer hingezaÜbert haben!" sagte jemand im dunklen Saal mit deutlicher Ironie.
    "So ist es, die hat einer hingezaÜbert", antwortete Nikanor Iwanowitsch schüchtern, und man wußte nicht genau, ob er zum Schauspieler sprach oder in den dunklen Saal hinein, dann erläuterte er: "Der Böse war's, der karierte Dolmetscher hat sie mir untergejubelt."
    Wieder kam Unmutsgebrüll aus dem Saal. Als Stille eintrat, sagte der Schauspieler:
    "Was muß ich da für Fabeln von Lafontaine hören! Vierhundert Dollar hat man ihm untergejubelt! Ihr alle hier seid Devisniks, und ich frage euch als Fachleute: Ist so etwas denkbar?" "Wir sind keine Devisniks", riefen einzelne Stimmen im Saal gekränkt, "aber so etwas ist undenkbar!"
    "Dem schließe ich mich an", sagte der Schauspieler fest, "und ich frage euch: Was kann man unterjubeln?" "Ein Kind!" rief einer aus dem Saal.
    "Absolut richtig", bestätigte der Conferencier, "ein Kind, einen anonymen Brief, eine Proklamation, eine Höllenmaschine und sonst noch alles mögliche, aber vierhundert Dollar jubelt kein Mensch unter, solche Idioten gibt es nicht in der Natur.'" An Nikanor Iwanowitsch gewandt, fügte der Schauspieler traurig und vorwurfsvoll hinzu: "Sie machen mir Kummer, Nikanor Iwanowitsch, dabei hatte ich solche Hoffnungen auf Sie gesetzt. Damit ist unsere Nummer geplatzt."
    Im Saal gellten Pfiffe an die Adresse Nikanor Iwanowitschs. "Er ist ein Devisnik!" schrie es im Saal. "Wegen solcher müssen wir unschuldig leiden!"
    "Schimpfen

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