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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Korsaks Blick auf sich ruhen.
    »Mr. FBI gehört jetzt also zum Team«, sagte er.
    Sie ignorierte seine Bemerkung und wählte Deans Handynummer.
    »Seit wann eigentlich?«
    »Er ist lediglich eine zusätzliche Kraft.«
    »So haben Sie aber anfangs nicht über ihn gedacht.«
    »Wir hatten seither Gelegenheit zur Zusammenarbeit.«
    »Sagen Sie nichts – ich kann’s mir schon denken. Sie haben eine andere Seite an ihm entdeckt.«
    Sie brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen, während die Verbindung hergestellt wurde. Doch Dean meldete sich nicht. Stattdessen bekam sie eine Tonbandansage zu hören: »Der Teilnehmer ist im Moment nicht erreichbar.«
    Sie legte auf und sah Korsak an. »Gibt es irgendein Problem?«
    »Sie sind diejenige, die ein Problem zu haben scheint. Da kriegen Sie eine neue Spur, und das Erste, was Sie tun, ist, dass Sie Ihren neuen Freund vom FBI anrufen. Was geht denn da vor?«
    »Gar nichts.«
    »Das sehe ich aber anders.«
    Ihr Gesicht glühte. Sie sagte ihm nicht die Wahrheit, und das wusste sie so gut wie er. Als sie Deans Handynummer gewählt hatte, war ihr nicht entgangen, wie ihr Puls sich beschleunigt hatte, und sie wusste sehr wohl, was das bedeutete. Sie war wie eine Fixerin, die nach dem nächsten Schuss giert, und wie unter Zwang wählte sie nun die Nummer von Deans Hotel. Weil sie Korsaks giftige Blicke nicht länger ertragen konnte, wandte sie sich ab und sah aus dem Fenster, während es am anderen Ende läutete.
    »Hotel Colonnade.«
    »Könnten Sie mich bitte mit einem Ihrer Gäste verbinden? Sein Name ist Gabriel Dean.«
    »Einen Moment bitte.«
    Während sie wartete, suchte sie krampfhaft nach den Worten, die sie ihm sagen würde, nach dem angemessenen Ton. Ruhig und überlegt. Geschäftsmäßig. Eine Polizistin. Du bist eine Polizistin.
    »Tut mir Leid«, meldete sich die Stimme am anderen Ende. »Mr. Dean ist nicht mehr Gast bei uns.«
    Rizzoli runzelte die Stirn, und ihre Finger schlossen sich fester um den Hörer. »Hat er eine Nummer hinterlassen, unter der er zu erreichen ist?«
    »Hier ist keine aufgeführt.«
    Rizzoli starrte aus dem Fenster in die untergehende Sonne und fühlte sich plötzlich wie benommen. »Wann ist er abgereist?«, fragte sie.
    »Vor einer Stunde.«

20
    Rizzoli schloss die Mappe mit den Unterlagen, die ihnen die Staatspolizei von Maine gefaxt hatte, und blickte aus dem Fenster, wo endlose Wälder vorüberzogen und nur hier und da ein weißes Farmgebäude zwischen den Bäumen hervorblitzte. Vom Lesen im Auto wurde ihr regelmäßig schlecht, und die genauen Umstände von Maria Jean Waites Verschwinden verstärkten ihr Unbehagen. Der Imbiss, den sie unterwegs gegessen hatten, machte die Sache nur noch schlimmer. Frost hatte unbedingt an einer der Buden entlang der Straße Halt machen wollen, um die Hummersandwiches zu probieren, und obwohl das Essen ihr nicht schlecht geschmeckt hatte, lag ihr die Mayonnaise jetzt ziemlich schwer im Magen. Sie blickte stur geradeaus und wartete, bis die Übelkeit sich gelegt hatte. Frosts ruhiger und besonnener Fahrstil war immerhin ein Segen; er fuhr ein gleichmäßiges Tempo und machte keine plötzlichen Schlenker oder Bremsmanöver. Sie hatte seine bisweilen geradezu monotone Verlässlichkeit immer zu schätzen gewusst, aber noch nie so sehr wie in diesem Moment, da sie selbst so aufgewühlt war.
    Allmählich fühlte sie sich etwas besser, und nun begann sie auch die Schönheit der Landschaft zu registrieren, durch die sie fuhren. Sie war noch nie so weit nach Maine hineingefahren; noch nie weiter nördlich als bis Old Orchard Beach, wo sie einmal mit der ganzen Familie in den Sommerferien gewesen waren. Janie war damals zehn Jahre alt gewesen. Sie erinnerte sich an die Uferpromenade und die Karussells, an blaue Zuckerwatte und Maiskolben mit Butter. Und sie erinnerte sich daran, wie sie ins Meer gegangen war, obwohl das Wasser so kalt gewesen war, dass es ihre Beine wie spitze Eiszapfen bis auf die Knochen durchbohrt hatte. Aber sie war immer weiter gewatet, gerade weil ihre Mutter sie davor gewarnt hatte. »Das Wasser ist viel zu kalt für dich«, hatte Angela ihr nachgerufen. »Bleib hier auf dem Sand, der ist schön warm.« Und dann hatten Janes Brüder sich eingemischt: »Ja, geh nur ja nicht rein, Janie, sonst frierst du dir noch deine hässlichen Hühnerbeine ab!« Sie war natürlich trotzdem gegangen – mit grimmiger Miene war sie über den Strand auf die schäumenden Wellen zugestapft und hatte

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