Der Meister
routinemäßige Abfertigung.«
»Es war weit mehr als das«, sagte Conway. »Binnen vierundzwanzig Stunden nach Agent Deans Anfrage bei der CIA wurde er von den Ermittlungen in Fayetteville abgezogen und nach Washington zurückbeordert. Dieser Befehl kam direkt aus dem Büro des stellvertretenden FBI-Direktors.«
Sie starrte ihn ungläubig an. Es schockte sie zu hören, wie gründlich die Identität des Dominators im Netz der Geheimhaltung verborgen war.
»Das war der Zeitpunkt, als Agent Dean sich an mich wandte«, sagte Conway.
»Weil Sie im Verteidigungsausschuss sitzen?«
»Weil wir uns seit vielen Jahren kennen. Marines haben ein Talent, einander zu finden. Und Marines vertrauen einander. Er hat mich gebeten, für ihn Erkundigungen einzuholen. Aber ich fürchte, ich habe nicht sehr viel erreicht.«
»Nicht einmal Sie als Senator?«
Conway lächelte ironisch. »Als demokratischer Senator aus einem liberalen Staat, muss man hinzufügen. Ich habe meinem Land zwar als Soldat gedient, aber gewisse Elemente im Verteidigungsministerium werden mich nie voll und ganz akzeptieren. Oder mir vertrauen.«
Ihr Blick fiel wieder auf die Fotos auf dem Couchtisch. Auf die Galerie der Toten, die nicht etwa wegen ihrer politischen Aktivitäten, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer Religion massakriert worden waren, sondern einzig und allein deshalb, weil sie mit schönen Frauen verheiratet gewesen waren. »Das hätten Sie mir auch schon vor Wochen sagen können.«
»Bei polizeilichen Ermittlungen gibt es immer undichte Stellen«, sagte Dean.
»Nicht bei mir.«
»Bei allen polizeilichen Ermittlungen. Wenn wir diese Informationen mit Ihrem Team teilten, dann würden irgendwann die Medien davon erfahren. Und das würde sofort die falschen Leute auf Ihre Arbeit aufmerksam machen. Leute, die mit allen Mitteln verhindern werden, dass Sie jemals einen Verdächtigen festnehmen.«
»Sie glauben tatsächlich, dass sie ihn decken würden? Nach allem, was er getan hat?«
»Nein, ich glaube, sie würden ihn ebenso gerne unschädlich machen wie wir auch. Aber sie wollen es im Stillen erledigen, ohne dass die Öffentlichkeit etwas davon mitbekommt. Es ist offensichtlich, dass sie ihn aus den Augen verloren haben. Er hat sich ihrer Kontrolle entzogen und angefangen, Zivilisten zu töten. Er ist zu einer wandelnden Zeitbombe geworden, und sie können es sich nicht leisten, das Problem zu ignorieren.«
»Und wenn sie ihn vor uns fangen?«
»Dann werden wir es nie erfahren. Die Morde werden ganz einfach aufhören, und wir werden nur rätseln können, wie es wirklich abgelaufen ist.«
»Unter einem befriedigenden Abschluss stelle ich mir aber etwas anderes vor«, sagte sie.
»Gewiss – denn Ihnen geht es um Gerechtigkeit. Sie wollen eine Verhaftung, einen Prozess, ein Urteil. Keine halben Sachen.«
»So wie Sie es sagen, klingt es, als ob ich etwas ganz und gar Unmögliches verlange.«
»In diesem Fall ist es vielleicht auch so.«
»Haben Sie mich deswegen herbestellt? Um mir zu sagen, dass ich ihn nie kriegen werde?«
Er beugte sich vor, und sein Blick war plötzlich von großer Eindringlichkeit. »Wir wollen genau dasselbe wie Sie, Jane. Keine halben Sachen. Ich bin diesem Mann seit dem Kosovo auf der Spur. Glauben Sie, ich würde mich mit weniger zufrieden geben?«
Conway sagte mit ruhiger Stimme: »Verstehen Sie jetzt, warum wir Sie hergebeten haben? Warum Geheimhaltung in diesem Fall so wichtig ist?«
»Mir scheint, wir hatten schon viel zu viel davon.«
»Aber für den Augenblick ist es die einzige Möglichkeit, am Ende doch noch zu einem befriedigenden Abschluss zu kommen. Und das wünschen wir uns doch alle, nehme ich an.«
Sie musterte Senator Conway eingehend. »Sie haben meine Reise finanziert, habe ich Recht? Die Flugtickets, der Wagen, das feine Hotel – das geht nicht auf Kosten des FBI.«
Conway nickte. Und lächelte vielsagend. »Die wirklich wichtigen Dinge«, sagte er, »sollte man besser nicht über die Bücher laufen lassen.«
23
Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet, und der Regen trommelte wie mit tausend Hämmern auf das Dach von Deans Volvo. Die hektisch arbeitenden Scheibenwischer gaben einen verschwommenen Blick auf den stehenden Verkehr und die überflutete Straße frei.
»Wie gut, dass Sie heute Abend nicht zurückfliegen«, sagte er. »Am Flughafen herrscht wahrscheinlich ein heilloses Chaos.«
»Bei diesem Wetter habe ich auch lieber festen Boden unter den Füßen, das können
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