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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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aus. Kaum stand er mit beiden Füßen auf dem Boden, da wurde er auch schon herumgerissen und auf das Wagendach herabgedrückt.
    »Was habe ich denn getan! « , rief er, während Frost ihn nach Waffen abtastete.
    »Nennen Sie Ihren Namen!«, forderte Rizzoli ihn auf.
    »Ich weiß gar nicht, was Sie von mir wollen …«
    »Ihren Namen !«
    »Wilensky.« Er schien den Tränen nahe. »Vernon Wilensky.«
    »Stimmt«, bestätigte Frost mit einem Blick auf den Ausweis des Taxifahrers. »Vernon Wilensky, weiß, männlich, geboren 1955.«
    »So steht es auch auf der Zulassung«, sagte Korsak, der den Kopf zur Wagentür hineingesteckt hatte, um die Zulassung zu überprüfen, die am Sonnenschutz klemmte.
    Rizzoli blickte auf und kniff die Augen zusammen, geblendet von den Scheinwerfern der herannahenden Autos. Obwohl es erst drei Uhr war, herrschte auf dem Parkway bereits reger Verkehr, und bald schon würden sie Staus in beiden Richtungen haben.
    Sie wandte sich wieder dem Taxifahrer zu, packte ihn am Hemdkragen, drehte ihn zu sich um und leuchtete ihm mit ihrer Taschenlampe in die Augen. Was sie sah, war ein nicht mehr ganz junger Mann mit schütterem blondem Haar, dessen Haut im grellen Lichtschein fahl aussah. Das war nicht das Gesicht, das ihr vorgeschwebt hatte, wenn sie an den unbekannten Täter gedacht hatte. Sie hatte schon so oft in die Augen des Bösen geblickt, dass sie das Zählen längst aufgegeben hatte, und die Züge sämtlicher Monster, denen sie in ihrer Laufbahn je begegnet war, waren in ihr Gedächtnis eingebrannt. Dieser verängstigte Mann gehörte nicht in ihre private Galerie des Grauens.
    »Was tun Sie hier, Mr. Wilensky?«, fragte sie.
    »Ich wollte bloß – bloß einen Fahrgast abholen.«
    »Was für einen Fahrgast?«
    »Einen Mann, der ein Taxi bestellt hatte. Er sagte, ihm sei auf dem Enneking Parkway das Benzin ausgegangen …«
    »Wo ist er?«
    »Ich weiß es nicht! Ich habe da angehalten, wo er angeblich auf mich warten wollte, aber er war nicht da. Bitte, das ist alles ein Irrtum! Rufen Sie meine Zentrale an! Die kann Ihnen alles bestätigen!«
    Rizzoli wandte sich an Frost: »Machen Sie den Kofferraum auf!«
    Schon als sie zum Heck des Wagens ging, begann sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen auszubreiten. Sie klappte den Kofferraumdeckel hoch und leuchtete mit ihrer Taschenlampe hinein. Volle fünf Sekunden lang starrte sie ins Leere, während das flaue Gefühl sich rasch zu einer ausgewachsenen Übelkeit steigerte. Sie streifte sich Handschuhe über. Ihr Gesicht glühte, und ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie den grauen Teppichboden zurückschlug, mit dem der Kofferraum ausgeschlagen war. Sie sah ein Ersatzrad, einen Wagenheber und Werkzeug. In ihrer Wut und Enttäuschung begann sie an der Verkleidung zu zerren , um sie noch weiter zurückzuschlagen, jeden Quadratzentimeter freizulegen, jeden dunklen Winkel, der sich darunter verbergen mochte. Wie eine Wahnsinnige klammerte sie sich an die verzweifelte Hoffnung, noch irgendetwas zu entdecken, was ihr Vorgehen rechtfertigen würde. Als sie nichts mehr abreißen konnte, als der ganze Kofferraum bis auf das blanke Metall freigelegt war, starrte sie nur noch in den leeren Hohlraum und weigerte sich hartnäckig, das Offensichtliche zu akzeptieren. Den unwiderlegbaren Beweis, dass sie versagt hatte.
    Ein Trick. Das Ganze war nur ein Trick, um uns abzulenken. Aber wovon!
    Die Antwort kam unerwartet schnell. Aus ihren Funkgeräten tönte eine hektische Durchsage: »Zehn-Vierundfünfzig, Zehn-Vierundfünfzig, Friedhof Fairview. Alle Wagen, Zehn-Vierundfünfzig, Friedhof Fairview.«
    Sie fing Frosts Blick auf, während beiden die gleiche schreckliche Erkenntnis dämmerte. Zehn-Vierundfünfzig. Der Code für Mord.
    »Bleiben Sie bei dem Taxi«, befahl sie Frost und sprintete zu ihrem Wagen. Da sie als Letzte dazugestoßen war, würde sie sich am schnellsten aus dem Gewirr von Einsatzfahrzeugen befreien und zurücksetzen können. Sie schalt sich bitter wegen ihrer eigenen Dummheit, als sie sich hinter das Steuer schwang und den Schlüssel umdrehte.
    »He! He! « , rief Korsak. Er lief neben ihrem Wagen her und hämmerte gegen die Tür.
    Sie bremste gerade so lange ab, dass er hineinspringen und die Tür zuschlagen konnte. Dann trat sie das Gaspedal so heftig durch, dass er gegen die Rückenlehne geschleudert wurde.
    »Verdammte Scheiße, wollten Sie mich einfach hier zurücklassen?«, schrie er.
    »Schnallen Sie sich an.«
    »Ich bin doch nicht

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