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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Warren am besten. Das ist es, was ihm fehlt. Ein Partner. Ein Mentor.«
    »In Savannah hatte er jemanden.«
    »Ja. Einen Arzt namens Andrew Capra. Nachdem Capra erschossen worden war, blieb Warren allein zurück. Deshalb ist er nach Boston gekommen. Aber er hat nie aufgehört, nach einem neuen Partner zu suchen. Nach einem Menschen, der seine Begierden teilt. Seine Fantasien.«
    »Ich fürchte, er hat ihn gefunden.«
    Sie sahen einander an. Beide hatten sie die erschreckenden Konsequenzen dieser neuen Entwicklung erfasst.
    »Sie sind jetzt doppelt so effektiv«, sagte er. »Wölfe jagen besser im Rudel als allein.«
    »Ein Jagdverbund.«
    Er nickte. »Das macht alles einfacher. Die Annäherung an die Opfer. Ihre Überwältigung. Die Absicherung während der Tat…«
    Sie setzte sich kerzengerade auf. »Die Teetasse«, sagte sie.
    »Was ist damit?«
    »Am Tatort des Ghent-Mordes wurde keine gefunden. Jetzt wissen wir, warum.«
    »Weil Warren Hoyt dabei war und ihm geholfen hat.«
    Sie nickte. »Diesmal brauchte der Dominator kein Frühwarnsystem. Er hatte einen Partner, der ihn warnen konnte, wenn der Ehemann sich bewegte. Einen Partner, der dabeistand und das Ganze mit ansah. Und Warren würde den Anblick genossen haben. Das erregt ihn; es ist ein Teil seiner Fantasie. Zuzusehen, wie eine Frau vergewaltigt wird.«
    »Und der Dominator braucht Zuschauer.«
    Sie nickte. »Deshalb hat er sich Paare ausgesucht. Um ein Publikum zu haben. Jemanden, der ihm dabei zusehen musste, wie er seine absolute Macht über den Körper einer Frau genoss.«
    Das Martyrium, das sie schilderte, war eine so intime Verletzung von Leib und Seele, dass sie es als eine Qual empfand, Dean in die Augen sehen zu müssen. Doch sie wandte den Blick nicht ab. Die Vergewaltigung einer Frau war ein Verbrechen, das bei allzu vielen Männern lüsterne Neugier auslöste. Als einzige Frau bei den morgendlichen Besprechungen ihres Ermittlungsteams hatte sie beobachtet, wie ihre Kollegen die Einzelheiten solcher Taten diskutiert hatten, und sie hatte den vibrierenden Unterton des sexuellen Interesses in ihren Stimmen gehört, so sehr sie alle sich auch um den Schein reiner, nüchterner Professionalität bemüht hatten. Ein wenig zu ausgiebig studierten sie die Berichte aus der Pathologie über sexuelle Verletzungen, verdächtig lange betrachteten sie die Tatortfotos von Frauen mit weit gespreizten Beinen. Für Rizzoli war es, als würde ihr damit selbst Gewalt angetan, und im Lauf der Jahre hatte sie ein sehr feines Gespür für den kleinsten Funken unziemlichen Interesses in den Augen eines Cops entwickelt, wann immer es in einem Gespräch um Vergewaltigung ging. Als sie jetzt in Deans Augen blickte, suchte sie ebenfalls nach diesem verräterischen Flackern – jedoch vergeblich. Auch zuvor, als er auf die geschändeten Leichen von Gail Yeager und Karenna Ghent hinabgeblickt hatte, war in seinen Augen nichts als grimmige Entschlossenheit zu erkennen gewesen. In Gabriel Dean lösten diese Gräueltaten keine perversen Lustgefühle aus, sondern nur tiefstes Entsetzen.
    »Sie sagten, Hoyt sehnt sich nach einem Mentor.«
    »Ja«, antwortete sie. »Nach jemandem, der ihn führt. Der ihn lehrt.«
    »Der ihn was lehrt? Das Handwerk des Tötens beherrscht er schließlich schon.«
    Sie antwortete nicht sofort, sondern trank noch einen Schluck von ihrem Tequila. Als sie wieder zu ihm aufblickte, sah sie, dass er noch näher gerückt war, als wolle er sich auch nicht das leiseste Wort aus ihrem Mund entgehen lassen.
    »Variationen über ein Thema«, sagte sie. »Frauen und Schmerz. Auf wie viele verschiedene Arten kann man einen Körper schänden? Wie viele Möglichkeiten der Folter gibt es? Warren hatte ein Muster, an das er sich über Jahre gehalten hat. Vielleicht ist er nun gewillt, seinen Horizont zu erweitern.«
    »Oder dieser unbekannte Täter will seinen Horizont erweitern.«
    Sie stutzte. »Der Dominator?«
    »Vielleicht haben wir das Pferd beim Schwanz aufgezäumt. Es könnte doch unser Unbekannter sein, der einen Mentor sucht. Und er hat sich Warren Hoyt als Lehrer erwählt.«
    Sie starrte ihn an; der Gedanke ließ sie frösteln. In dem Wort Lehrer schwang die Vorstellung von Meisterschaft mit. Von Autorität. War dies die Rolle, die Warren Hoyt im Lauf der Monate hinter Gittern angenommen hatte? Hatte die Haft seinen Fantasien neue Nahrung gegeben, sie mit dem letzten Schliff messerscharfer Entschlossenheit versehen? Schon vor seiner Verhaftung war er ein

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