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Der Meisterdieb und seine Feinde

Der Meisterdieb und seine Feinde

Titel: Der Meisterdieb und seine Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Kerl war gebaut wie ein veraltetes Geldschrank-Modell und bewegte
sich schwerfällig.
    Gaby hörte, wie er sich mit
Kurt unterhielt, der ebenfalls zurückging, aber auf dem dunklen Parallelweg
blieb.
    Gaby wartete, bis sie den
Eingang erreichten. Das konnte sie feststellen anhand des Lampenscheins. Der
blieb für sie sichtbar als gelblich neblige Lichtinsel zwischen Sträuchern und
Gräbern und vereinzelten Baumgruppen. Da sie sich seitlich vom Hauptweg befand,
hatte sie den Eingang nicht im Blick.
    Eine Weile verging. Gaby
richtete sich auf. Wenn die Typen mit ihren Maschinen tatsächlich auf den
Friedhof fuhren, war sie hier nicht mehr sicher.
    Am besten, dachte sie, ich
laufe so weit wie möglich nach hinten. Ist ja ein Riesengelände, der Friedhof.
Aber irgendwo ist Schluss. Wenn ich hinten über die Mauer steige, bin ich nicht
mehr im Spiel. Dann können die hier suchen, bis sie schwarz werden.
    Gaby lief ein paar Schritte.
Und stieß gegen einen Blecheimer — oder so was. Er war leer, fiel um, rollte
scheppernd bis an ein steinernes Hindernis.
    Sie erschrak. Sagte sich aber
sofort, dass das Geräusch am Tor nicht zu hören sei — nicht mal in 50 Schritt
Entfernung.
    Sie wollte weiter und nahm
plötzlich einen widerlichen Geruch war: eine Körperausdünstung, gemischt aus
Bier und aus Schweiß. In der Dunkelheit vor ihr war ein noch dunkleres
Hindernis. Sie stieß gegen Leder, eine lederne Bikerjacke, wurde gepackt mit
einem Griff, der beim Freistilringen Punkte bringt, und konnte nicht mehr atmen
in der Schraubstock-Umklammerung.
    „Ich hab’ sie“, schrie die
Quäkstimme über ihrem Kopf. „Ich hab’ sie, Leute. In meine Falle ist sie
gegangen.“

    Gaby wurde übel. Der Geruch!
Die Umklammerung! Außerdem stand er auf ihrem linken Fuß wie eine Säule.
    „Das hättest du nicht gedacht,
du Kröte, wie?!“ Er quäkte ihr ins Ohr.
    Gaby traten Tränen in die
Augen. Dann lockerte er die Umklammerung, aber nur, um ihr die Arne auf den
Rücken zu drehen. Sie schrie auf.
    „Lass das, du Siffkopf! Du
brichst mir den Arm. Was wollt ihr von mir? Was habe ich euch denn getan?“
    Er ließ ihren rechten Arm los,
aber der linke blieb weiterhin auf den Rücken gedreht. So führte er sie auf den
Hauptweg. Dort kamen Kurt und Iwan entgegen im Schweinsgalopp. Die Lampe wurde
auf Gaby gerichtet und sie schämte sich ihrer Tränen. Nicht vor denen,
verdammt! Aber sie heulte ja nicht aus Angst, sondern wegen verletzter
Selbstachtung: Weil sie sich so unvorsichtig verhalten hatte. Es war dumm
gewesen, auf den Dritten, auf Wolfgang nicht zu achten.
    „Hübscher Hase!“, meinte Iwan.
„Von der schneide ich mir ‘ne Locke ab und steck sie an meinen Stahlhelm.“
    „Ich begnüge mich mit einem
Finger“, sagte Kurt durch die Zähne, zischend wie ein Schlangenmonster im
Horrorfilm. „Ja, die ersten zwei Glieder vom kleinen Finger. Dann bin ich quitt
mit ihrem Bullenpapa.“
    Gaby presste die Beine
aneinander. Sie musste dringend zur Toilette und wusste: Es war die Angst, die
auf die Blase drückte.
    „Wenn du mich verletzt“, ihre
Stimme wackelte, „machst du dich unglücklich fürs Leben. Denn dann bist du für
Jahre hinter Gittern.“
    „Ach wirklich?“ Er feixte. „Na,
dann lassen wir uns was anderes einfallen. Ja, da habe ich doch eine Idee. Du
kriegst eine Höchstdosis Hellpush. Mal sehen, wie dir das bekommt. Beim ersten
Mal schlagen die Junghühner Rad und liefern ‘ne Breakdance-Nummer, dass der
Kopf blutet. Das erwarten wir von dir, Blondie! Und dann kriegst du noch eine
Dosis.“
    Die sind wahnsinnig, dachte
Gaby. Völlig wahnsinnig! Die können mich nicht zwingen, Rauschgift zu nehmen.
Wolfgang und Iwan wieherten vor Lachen.
    Iwan meinte, die Schau sollte
bei guter Beleuchtung stattfinden, also in der Nähe vom Eingang.
    Gaby wurde an den Armen gepackt
und dorthin gezerrt. Verzweifelt leistete sie Widerstand. Aber Kurt, der hinter
ihr ging, stieß ihr hart gegen den Rücken.
    Frühestens in 15 Minuten,
dachte sie mutlos, kann Tim hier sein. Dann ist alles gelaufen.

18. Hilfsbereite Ringerin
     
    Ruhe!, dachte Tim. Ruhe
bewahren! Hektik macht alles kaputt. Ich werde so ruhig sein wie ein geölter
Blitz.
    Klößchen hatte das Handy
eingesteckt. Kehrtgemacht, saßen beide im Sattel. Scheinwerfer strahlten die
Pauls-Kirche an, diesen gotischen Prachtbau. Das Straßen-Oval, von dem die
Kirche umgeben wird, reiht Gastronomie-Betriebe auf wie Perlen auf der Schnur:
Bistros, Pizzerias, Trattorien,

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