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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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hat er sie auf dem Schwarzmarkt verkauft. Verdammt! Ich fasse es einfach nicht! Genau deswegen hatten wir doch Wachleute! Ich kenne jeden von ihnen. Ich kann einfach nicht glauben, dass einer von ihnen zu so etwas fähig ist.”
    “Für Geld? Kommen Sie schon. Wenn die Kohle stimmt, schrecken manche vor nichts zurück!”
    Gabriella blickte zum Himmel hinauf, als stünde die Antwort dort droben geschrieben oder als schaue jemand herunter und werde ihre Wut besänftigen. Ihr Haar blitzte wie Gold, als es die Sonnenstrahlen reflektierte.
    Sekunden verstrichen. “Wozu waren Sie eigentlich in dem Tunnel? Warum nicht in der Kammer bei Rudolfo? Dann hätten Sie eingreifen können! Dann hätten Sie vielleicht verhindert, dass dieser Halunke meine Steine klaut!”
    Es war keine Frage, sondern ein Flehen um eine Antwort, um eine Erklärung und Rechtfertigung für das, was geschehen war.
    Josh wandte ihr das Gesicht zu. In der Sonne funkelten ihre Augen genauso golden wie ihr Haar. “Ich hab’s doch versucht, Gabriella!” In einer resignierten Geste breitete er die Arme aus. Die kreuz und quer über die Handflächen verlaufenden Schnitte und kleinen Einstiche waren zu dunkelbraunen Krusten verschorft.
    “Aber Sie waren nicht schnell genug zur Stelle! Sonst hätten Sie ihn vielleicht aufhalten können!”
    Du warst nicht schnell genug zur Stelle.
    Ihm war, als hallten ihre Worte in einem Winkel seiner Gedanken wider. Es stimmte: Er hatte dies alles schon einmal erlebt. Hier. In dieser Stadt. Mit dieser Frau. Oder wurde er langsam verrückt? Nein, er war bloß überdreht. Hatte zu lange in Haft gesessen, war ausgehungert und gehörte dringend unter die Dusche.
    Du warst nicht schnell genug zur Stelle.
    Seine Sinne spielten ihm einen Streich. Vermutlich war er inzwischen zu sehr für Déjà-vu-Erlebnisse sensibilisiert. “Wenn Sie meinen, es wäre alles meine Schuld – warum haben Sie mich dann überhaupt rausgeholt?” Er wollte zwar nicht so pikiert klingen, beließ es jedoch dabei.
    “Weil ich mit dem Professor geredet habe. Letzte Nacht, als er für ein Weilchen aus der Narkose aufwachte und sprechen konnte. Er sagte, ich könnte mich Ihnen anvertrauen. Sie würden mir helfen. Sie beide hätten sich unterhalten, meinte er …”
    “Nur über belanglose Dinge.” In den vergangenen vierundzwanzig Stunden hatte Josh inzwischen so vieles abgestritten, dass ihm das Leugnen quasi zur zweiten Natur geworden war. Allerdings durfte er Gabriella nicht verraten, was er dem Professor kurz vor dem Entdecken des Stollens gestanden hatte. Dazu war die Zeit noch nicht reif. Die Archäologin hätte ihm nicht geglaubt. Das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass sie ihn zu allem Überfluss auch noch für einen Spinner hielt.
    Gabriella seufzte. “Das stimmt nicht. Ich weiß es. Rudolfo zufolge haben Sie sich ihm anvertraut, und er hat Ihnen geglaubt. Nach seiner Ansicht haben Sie ihm das Leben gerettet. Das war übrigens auch die Meinung des Notarztes. Sie sind Rudolfo nicht von der Seite gewichen und haben verhindert, dass er verblutet. Wie die Polizei habe ich mich auch erst gefragt, ob Sie etwas mit dem Grabraub zu tun haben, und Rudolfo meinen Verdacht geschildert. Er meinte aber, dann wären Sie nie im Leben bei ihm geblieben, sondern hätten sich aus dem Staube gemacht und ihn seinem Schicksal überlassen.”
    Inzwischen waren sie am Ende einer längeren Straßenzeile angelangt, und Gabriella deutete mit dem Kopf auf eine Kirche auf der anderen Straßenseite. “Hätten Sie was gegen einen kleinen Abstecher einzuwenden? Ich möchte schnell eine Kerze anzünden. Dauert nicht lange. Der Professor ist zwar aus der Kirche ausgetreten, aber er ist dennoch ein tiefreligiöser Mensch. Vielleicht hört ihn sein lieber Gott ja an.”
    “Ist das nicht auch Ihr lieber Gott?”
    “Gut möglich. Es fällt mir halt schwer, mich für einen bestimmten Gott oder eine bestimmte Religion zu entscheiden. Ich habe mein Leben lang fremde Kulturen und Totenkulte studiert, Begräbnisstätten ausgebuddelt und versucht zu begreifen, wie andere Völker ihre Toten für die Reise ins Jenseits ausstatteten. Nach moderner Auffassung würde ich wohl als Heidin gelten. Ich neige inzwischen mehr zu den altertümlichen Gottheiten, die ich im Laufe meiner wissenschaftlichen Laufbahn kennengelernt habe.”
    “Aber Sie sind doch gläubig?” An sich sah es Josh nicht ähnlich, solch persönliche Fragen zu stellen, doch anscheinend ließ Gabriella sich davon nicht

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