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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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wissen.
    Natalie nickte.
    Josh wurde plötzlich bewusst, dass er ja die Kamera um den Hals trug. Am liebsten hätte er die Kleine durchs Objektiv betrachtet, aber er wollte sie nicht ängstigen. Er suchte Malachais Blick und zeigte kurz auf seine Leica. Malachai begriff und flüsterte der Mutter zu, was Josh ihm bedeutet hatte. Sie senkte den Kopf zum Zeichen des Einverständnisses.
    “Darf ich dir denn noch zwei, drei Fragen stellen?”, fuhr Malachai an das Kind gewandt fort. “Mir würde es sehr helfen, und vielleicht hilft es dir ja auch. Ich kenne nämlich viele Kinder, die sich daran erinnern, dass sie mal andere Menschen waren. Ich weiß, wie das geht, damit es nicht so wehtut.”
    Unsicher äugte Natalie zu ihrer Mutter hoch. Als die bejahte, nuschelte die Kleine ein verlegenes “Okay”.
    “Hättest du was dagegen, wenn mein Freund ein Foto von dir macht? Es wäre mir sehr wichtig.”
    Natalie strahlte Josh an. Die Vorstellung, fotografiert zu werden, gefiel ihr.
    “Also dann”, fuhr Malachai fort, “hörst du Claudias Stimme oft?”
    “Ab und zu”, hauchte die Kleine. “Meistens dann, wenn ich schlafen gehe.”
    Josh hob die Kamera ans Auge. Es war da! Das schimmernde weiße Licht strahlte bogenförmig von Natalies Schultern aus und löste sich dann nach außen hin auf.
    “Wunderschön, dass du das kannst. Sollst du denn auch etwas für Claudia erledigen?”
    Als die Kleine den Blick hob, lag in ihren blauen Augen ein dankbarer Ausdruck – nicht etwa kindlich, sondern wie bei einer erwachsenen Frau, die einen schmerzlichen Verlust erlitten hatte.
    Und während sie Malachai noch ansah, während sie sein Mitgefühl in sich aufnahm, machte Josh schnell ein Foto von ihr, noch ehe sie Malachais Frage beantwortete. In diesem Augenblick hatte er wirklich das Gefühl, er selbst zu sein, so wie schon seit Tagen nicht mehr. Die Kamera stellte eine Verbindung dar zu der Person, die er vor dem Bombenanschlag gewesen war. Wenn er seine Ausrüstung in den Händen hielt, wenn er seinem Beruf nachging, fiel alles andere von ihm ab. Die Musik der Kamera, das Klicken und Surren, verlieh ihm Halt; das zusammenhanglose Hin und Her der düsteren Anwandlungen, die ihn seit Tagen niederdrückten, löste sich auf. Durch den Sucher erkannte er, wie auch das Kind immer entspannter wurde. Völlig vertieft in ihre zwanglose Unterhaltung mit Malachai, hatte die Kleine anscheinend die eben noch erlebte Qual schon wieder vergessen. Josh hatte so etwas schon häufiger erlebt. Malachai ging mit den Kindern, mit denen er arbeitete, auf eine Weise um, die buchstäblich an Zauberei grenzte. Wenn er sich mit ihnen über ihren Schmerz, ihre Enttäuschung und über ihre aufwühlenden Halluzinationen unterhielt, gelang es ihm fast immer, seine kleinen Zuhörer zu trösten.
    Das war eine Gabe, fand Josh.
    Doch Malachai hatte ihm geantwortet, dass diese Gabe aus Trauer entsprungen und den Preis eigentlich nicht wert war. Als Josh von ihm wissen wollte, wie er das meinte, bekam er nur eine ausweichende Antwort. “Ich musste Trauer erfahren, als ich noch viel zu klein war für solche Lehren. Deshalb kann ich das, was die Kinder durchmachen, gut nachvollziehen.”
    Was das für eine Trauer war, wollte er nicht weiter erläutern.
    Zusammen mit der kleinen Natalie und ihrer Mutter gingen sie zum Auto von Signora Lombardo. Sophia schob eine CD in den CD-Spieler, setzte das Mädchen mit einer Puppe auf den Beifahrersitz und fragte dann die beiden Amerikaner, was das gerade Erlebte zu bedeuten habe.
    Malachai nahm sie ein Stückchen zur Seite, während Josh wieder die Kamera auf die Kleine fokussierte. Der gequälte Ausdruck war aus ihren Augen gewichen; inzwischen war sie eingehend damit beschäftigt, ihre Puppe auszuziehen und sie in etwas zu kleiden, was wie ein altrömisches Kostüm aussah. Nach wie vor war das Mädchen von der perlmuttfarbenen Aura umgeben.
    “Natalie”, sagte die Mutter, als sie von ihrer Unterredung mit Malachai zurückkam, “Komm zu mir und sag ‘Auf Wiedersehen’ wie ein großes Mädchen.”
    Gehorsam kletterte das Kind aus dem Wagen, gab Malachai die Hand und bedankte sich bei ihm. Bei dem Handschlag zauberte Malachai einen kleinen seidenen Frosch hervor und schenkte ihn ihr zu ihrem großen Entzücken. “Wie hast du das gemacht?”, staunte sie mit großen Augen.
    “Zauberei”, sagte er lächelnd.
    Josh hatte den Trick nicht kommen sehen. Er guckte nie zur rechten Zeit hin.
    Die Kleine drehte sich zu ihm um

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