Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
Vom Netzwerk:
Feldes gezogene Absperrband, hinter dem einige Autos parkten. “Avanti!”, befahl er. “Go!”
    “Wollten wir sowieso gerade”, knurrte Josh, dem es ziemlich egal war, ob der Polizist ihn verstand oder nicht. Sie gingen auf ihr wartendes Taxi zu. Der Boden war nass und aufgeweicht, das ganze Feld Josh plötzlich nicht mehr geheuer. Nur weg hier! Weg von dem Grab, weg von Rom, von den verfluchten irrsinnigen Gedanken, die ihm im Kopf herumgeisterten.
    Sie hatten sich der Absperrung bis auf etwa einen Meter genähert, als ein kleines Mädchen von etwa sechs, sieben Jahren mit Kraushaar und olivbrauner Haut sich von der Hand seiner Mutter losriss. Es kam direkt auf Josh zugeschossen, schlang ihm die Arme um die Hüften und brach in Tränen aus.
    “Natalie!” Sofort stürzte die Mutter der Kleinen hinterher, aber die klammerte sich an Josh und hielt ihn fest, als wolle sie verhindern, dass er sich von der Stelle rührte.
    “Sprechen Sie Englisch?”, fragte er die Mutter.
    “Ja, doch, sicher!” Sie redete zwar mit Akzent, aber ansonsten ziemlich natürlich. “Ich heiße Sophia Lombardo.” Sie trug Jeans und Lederjacke und hatte dasselbe schwarze Haar wie ihre Tochter. Ihre sehr blauen Augen blickten besorgt.
    “Natalie”, sagte sie, legte dabei ihrer Tochter die Hand auf die Schulter und flüsterte ihr etwas auf Italienisch zu.
    Das Mädchen drehte ruckartig die Schulter weg. Josh spürte, wie der kleine, an seine Beine gepresste Körper erstarrte, wie die Ärmchen ihn noch fester umfassten.
    “Fehlt ihr etwas?”, fragte Malachai.
    “Wir haben heute Morgen im Fernsehen den Bericht von dem Grab und dem schrecklichen Todesfall gesehen. Da wurde sie ganz aufgeregt und wollte unbedingt hierher. Ich sagte ihr noch, das ginge nicht – sie musste ja zur Schule und ich zur Arbeit –, aber da wurde sie richtig hysterisch. Solche Anfälle hat sie sonst nie; das war eine Ausnahme. Wir haben uns Sorgen gemacht, mein Mann und ich. Ich gebe als Mutter sonst so schnell nicht nach, doch sie war dermaßen aufgewühlt, so durcheinander, und alles nur wegen des Berichts in den Nachrichten.” Offenbar war der Mutter die Reaktion ihrer Tochter nicht geheuer.
    “Ich glaube, ich kann ihr helfen”, bemerkte Malachai. “Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mich mal mit ihr unterhielte? Spricht sie zufällig Englisch?”
    “Ja, sie ist zweisprachig aufgewachsen. Ihr Vater ist Engländer.”
    Malachai kauerte sich nieder, bis er mit der Kleinen auf Augenhöhe war. “Keine Angst, Natalie”, murmelte er in dem leisen Singsang, in den er immer bei seinen Therapiegesprächen mit den Kindern verfiel. “Du musst dich nicht fürchten. Du nicht.”
    Mit jedem seiner Worte ließ das Schluchzen etwas mehr nach, und als die Kleine sich beruhigt hatte, fragte er sie: “Was ängstigt dich denn so? Komm, erzähl es mir.”
    “Sie …” Das Mädchen brach wieder in Tränen aus.
    “Ist nicht schlimm. Schön langsam, lass dir Zeit. Ich helfe dir. Versprochen.”
    “Sie war … meine … Schwester …”
    “Wer, Natalie? Wer war deine Schwester?”
    “Ich heiße nicht Natalie”, schniefte die Kleine, die sich immer noch an Joshs Bein klammerte.
    “Wie denn dann?”
    “Claudia.”
    “Und wie alt bist du, Claudia?”, fragte Malachai.
    “Siebenundzwanzig.”

36. KAPITEL
    E he Malachai eingreifen konnte, mischte sich die Mutter ein. “Dieses Spielchen hat sie schon immer getrieben. Dass sie eine Frau ist, die Claudia heißt.”
    “Seit wann macht sie das?”
    “Schon seit sie sprechen kann.”
    Über den Kopf der Kleinen hinweg blickte Malachai hinüber zu Josh, ehe er sich dem Mädchen erneut zuwandte. “Du heißt also Claudia?”
    “Ja”, schluchzte sie.
    “Und was ist mit deiner Schwester passiert?”
    “Die war in dem Grab da. Eigentlich sollte sie überhaupt nicht sterben. Aber dann ist sie doch gestorben. Und ihr Baby hat sie nie wiedergesehen.”
    “Ach, wie traurig. Das tut mir leid”, sagte Malachai völlig ernst. “Und das Baby? War das wohlauf?”
    Die Kleine nickte heftig, dass die Locken nur so flogen. “Ich habe mich ja drum gekümmert.”
    “Das war sehr lieb von dir. Kann ich dir denn irgendwie helfen?”
    Das Kind guckte ihn etwas perplex an. Der Bann, unter dem es gestanden hatte, war gebrochen. Es ließ Joshs Bein los, zuckte zurück und schlug schüchtern den Blick zu Boden, als schäme es sich auf einmal.
    “Weißt du noch, worüber wir gerade gesprochen haben, Natalie?”, wollte Malachai

Weitere Kostenlose Bücher