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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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Migräne. Mit geschlossenen Augen richtete er seine Sinne auf die Litanei, die Dr. Talmage mit ihm ausgearbeitet hatte, und rezitierte im Geiste das eingeübte Mantra:
Verbindung zur Gegenwart herstellen! Halte dich an dein eigentliches Ich!
    Josh. Ryder. Josh. Ryder. Josh Ryder!
    Zwei Straßenzeilen weiter drehte sich Malachai leicht im Sitz, wandte kaum merklich den Kopf und spähte durch die Heckscheibe. “Ich glaube, wir werden verfolgt”, sagte er.
    “Von der grauen Limousine?”
    “Ja. Das gefällt mir nicht.”
    “Das sind bloß Carabinieri.”
    “Woher willst du das so genau wissen? Den Wagen könnte uns doch auch jemand auf den Hals geschickt haben, der im Besitz der Steine ist. Einer, der meint, wir wären ihm auf die Schliche gekommen. Oder einer, der noch eine Rechnung mit der Stiftung offen hat und uns jetzt in den Schlamassel hineinziehen will. Nicht jeder ist uns freundlich gesinnt, weißt du? Die Kirche beispielsweise mag uns gar nicht. Insbesondere die katholische nicht. Und wir sind hier in Rom.”
    “Unten in der Grabkammer, da hat der Professor genau dasselbe gesagt. Ehe er … ehe er niedergeschossen wurde.” Josh blickte eine Weile stumm durchs Seitenfenster. “Er erwähnte noch, die Ausgrabung hätte ganz schön unter den Protesten von religiösen Aktivisten zu leiden. Wir haben sie ja mit eigenen Augen gesehen. An jenem Morgen.”
    Je weiter die Stadt zurückblieb, desto ländlicher wurde die Landschaft links und rechts der Straße. “Weißt du”, murmelte Josh, “wenn religiöse Spinner hinter dem Anschlag auf den Professor stecken, könnte Gabriella ihr nächstes Ziel sein.”

35. KAPITEL
    A ls ein starker Beweis, dass die Menschen das meiste schon wussten, ehe sie geboren waren, mag gelten, dass Kinder, wenn sie schwere Künste erlernen, unzählige Gegenstände so schnell ergreifen, dass sie diese nicht erst jetzt aufzufassen, sondern sich bloß erneut an sie zu erinnern scheinen
.
– Marcus Tullius Cicero –
    Als sie an der Ausgrabung ankamen, hatte es angefangen zu regnen, wenn auch nicht so heftig, dass es die drei oder vier Dutzend Schaulustiger und Demonstranten etwa vertrieben hätte. Das Gras war niedergetrampelt, der Boden in einen Morast verwandelt. Ein Einsatzwagen der Carabinieri mit zwei Uniformierten darin stand am Straßenrand wie ein Warnschild.
    Josh und Malachai umgingen das Gedränge und versuchten, einen Blick auf das Feld und den Einstieg zur Grabkammer zu erhaschen, aber das aus Holz gezimmerte Schutzdach darüber war fort. Dort, wo der provisorische Bretterverschlag gestanden hatte, war die Einstiegsöffnung mit Holzplatten verbarrikadiert.
    Das Grab war versiegelt worden.
    Sofort wurde es Josh eng um die Brust. Er wusste zwar, was Verlust bedeutet, aber einen, der mit solcher Verheißung verbunden war, hatte er nie erlebt.
    “Man klammert sich oft zu lange an die Hoffnung”, so hatte es sein Vater einmal ausgedrückt, als sie sich beide in der Dunkelkammer befanden und der Krebs den hochgewachsenen, stattlichen Mann noch nicht in die Knie gezwungen hatte. Damals verdrängte Josh noch die sich drohend abzeichnende Krankheit, die ihrer beider Leben so drastisch verändert hatte.
    “Mit der Hoffnung schwindet auch die Chance”, hatte Ben Ryder weiter erklärt. “Solange wir darauf vertrauen können, dass uns jemand mit einer Lampe den Weg leuchtet oder uns, wenn wir fallen, mit einem Netz auffängt, überstehen wir die dunkelsten Nächte und die tiefsten Stürze.”
    Josh spürte, wie die Luft ringsum ins Schwingen geriet, wie ihm ein kalter Schauer über Arme und Beine rann. Bewegungslos in einer Dimension verharrend, geriet er jetzt abermals in den Sog jenes Strudels, in dem die Atmosphäre schwerer und dichter war, wurde in den Stollen gesogen, hinein in die Finsternis, nach Atem ringend und gepackt von einer Panik, die sich nicht abschütteln ließ.
    “Wusstest du eigentlich, dass langsames Ersticken eine der qualvollsten Todesarten sein soll?”, fragte er Malachai.
    Der legte daraufhin dem Jüngeren den Arm um die Schulter und führte ihn weg von dem Feld und der Menschenmenge, hin zu dem Wäldchen, das jenseits der Ausgrabungsstätte stand.
    Der Regen hatte nachgelassen. Malachai wies auf einen Baumstumpf. “Setz dich hin”, befahl er. “Du bist ja weiß wie die Wand. Was war da eben los?”
    Josh klang die eigene Stimme so verzerrt in den Ohren, als wäre er Hunderte von Metern tief unter Wasser. “Ich kriegte keine Luft. Mir wurde

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