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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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anregte – wie im Traum etwa. Aber ich dachte mir, vielleicht werden diese infraroten Wellen als Lustgefühl empfunden. Oder als kosmische Strahlen. Ich meine, wenn der Begriff der Lächerlichkeit dem Marsianer zugänglich ist, dann müßte für ihn der Anblick eines rauchenden Menschen ebenso lächerlich sein wie der eines Menschen, der Aas frißt, das mit Leichensoße übergossen und in schmutzigem Wasser gekocht wurde. Oder auch diese Futterale aus Esels- oder Kuhhaut für die Füße, oder jene zusammengerollten, zugeschnittenen, gesteppten und genähten Säcke, die vorne aufgeschnitten sind, mit Röhren für Arme und Beine, unsere Kleider nämlich ... und so weiter und so weiter. Mathematik, ja, und Technik, aber diese Albernheiten? Diese täglichen Vergnügungen wie Wodka, na ja, und das Frauenproblem, das heißt, das Geschlechterproblem überhaupt?«
    »Haben Sie die Absicht, uns noch lange auf die Folter zu spannen?« sagte Lindsay. »Herr Professor, bitte antworten Sie auf diese Unzahl von Fragen.«
    »Meine Lieben, denkt ja nicht, ich hätte vergessen, daß unser Freund Ingenieur Fink im zweiten Stock sitzt und die Befehle des Aeranthropos, der etwas vorhat, ausführen soll ... ich weiß nicht, ob gegen uns oder gegen die Menschheit? Was sollen wir tun?«
    »Das ganze Gebäude in die Luft sprengen«, rief Frazer plötzlich. »Die Minen wurden vorgestern unter dem Fundament angebracht – der Zünder wird auf Anordnung des Professors nicht mit Netzstrom gespeist, sondern aus den Akkumulatoren.«
    »Bitte sehr, ohne mich, oder soll man sich vielleicht in die Luft blasen lassen, weil der Herr Professor den Heldentod sterben will?« rief Gedevani. Mir schien, daß er vor Zorn bebte.
    »Beruhigen Sie sich. Setzen Sie sich.« Der Professor lächelte. »Das bleibt uns als letzter Ausweg. Wir sind dem Schalter nahe, und wenn ich ihn auch nicht eine Minute vergaß, danke ich Ihnen doch, Frazer. Ich hatte doch im kritischen Augenblick den Finger darauf, als mich der Marsianer ... fixierte – bevor er uns mit einer Berührung auf den Mars beförderte.«
    »Wie?!« schrien wir, und ich fügte hinzu: »Herr Professor! Und Sie haben nicht auf den Knopf gedrückt? Ich hätte es getan, so wahr ich ein Schotte bin!«
    »Und ich habe abgewartet«, sagte der Professor, »und dachte mir: Wozu sollte er uns töten? Was hat er davon? Und ich wußte schon, daß das ein teuflisch kluges Viech ist. Deswegen paßte es einfach nicht dazu, uns zu töten, denn es ergibt keinen Nutzen für sie. Wir konnten ihm nicht mehr schaden, und reine Mordlust ...? Leider glaube ich, daß die nur dem Menschen eigen ist«, fügte er leiser hinzu. »Ich wollte diesen Becher bis zur Neige leeren – und ich bereue es nicht. Ich weiß nicht, vielleicht ist unser Gast mit dem unglücklichen Fink dabei, Apparate zur Vernichtung der Welt zu konstruieren – vielleicht wollen sie uns erdrosseln, um die Erde zu kolonisieren, vielleicht verfügen sie schon über zu wenig Platz?«
    Ich stand auf:
    »So, und wir sitzen hier untätig herum? Solange er noch einen Finger rühren kann ...«
    »Setzen Sie sich, setzen Sie sich! Warum haben Sie am Morgen keinen Finger gerührt?« sagte der Professor. »Es tut mir leid, er ist eben stärker als wir. Haben Sie bemerkt, daß für ihn die Zeit etwas anderes ist als für uns? Wie ich festgestellt habe, brauchte er keine ganze Sekunde für die Aufzeichnung zweier Metallzylinder ... aber das ist noch gar nichts. Durch eine Berührung mit seinem Fühler, die vielleicht den Bruchteil einer Sekunde oder nur einige Mikrosekunden dauerte, versetzte er uns in den erstaunlichen Zustand des Traumes oder der Vision, deren Inhalt, ich bin sicher ... unsere Gedanken, meine Herren, bewegen sich schneckengleich – begreifen Sie nicht, daß selbst bei sonst gleichen Bedingungen, wenn wir nur eine Wahrheit aufnehmen, er in dieser Zeit Abertausende aufzunehmen imstande ist?«
    »Sie haben recht, Herr Professor«, sagte ich. »Er ist stärker. Also reden Sie, antworten Sie auf die Fragen, die Sie selbst gestellt haben.«
    »Meine Freunde«, sagte Widdletton, »es fällt mir furchtbar schwer. Wie leicht ist es, etwas zu zerstören, und wie schwer ist es, etwas wiedergutzumachen. Es gibt verschiedene Wahrheiten: schöpferische, aber das sind, ach! herzzerreißende. Deshalb schwanke ich ...«
    »Was sagen Sie? Ich verstehe Sie nicht. Oder verbergen Sie etwas Schreckliches vor uns? Vielleicht leben sie von Blut oder schlachten sich

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