Der Menschenjäger
ihm der Drang, sich des Steines zu entledigen. Die immer heftiger werdenden Blitze und die in schnellerer Folge wechselnden Luftschichten, Staubmassen und Felsbrocken um die Phanus herum waren deutliche Omen. Das Boot wurde schneller, ohne daß die Amazonen etwas dagegen tun konnten. Vor Nadomirs geistigem Auge entstand das Bild eines Riesen, der seinen Rachen weit aufriß und alles, was in seiner Nähe war, gierig in den Schlund einsog.
»Es wird so kommen«, murmelte er vor sich hin, während er mit scheuen Blicken um sich sah. Dämonische Fratzen schienen sich aus dem Leuchten und Mahlen zu schälen und ihn hämisch anzugrinsen. Ihn fröstelte. »Die Ruhe ist trügerisch. Sie beobachten uns und warten…«
Den Kopf in den Nacken gelegt, sah er nicht die Gestalt, die sich breitbeinig vor ihm aufgebaut hatte, und prallte voll gegen den Kannibalen.
»Was redest du da, Winzling?« dröhnte Siebentags Stimme über das Deck.
Nadomir erholte sich von seinem Schrecken. Er fuchtelte Siebentag drohend mit dem kurzen Zeigefinger vor dem Bauch herum.
»Paß auf, du! Die Amazonen haben mich gewarnt. Ich weiß, was du für einer bist!«
»Ho!« rief der Wilde Mann röhrend. Nadomir stemmte sich gegen den stinkenden Atem des Riesen, um nicht davongeweht zu werden. »Du weißt, wer ich bin? Dann bist du wahrhaftig ein großer Zauberer!«
Nadomir ließ sich nicht beeindrucken. Es drängte ihn, irgend etwas zu tun, nur wußte er nicht, was. Wenn nur Mythor endlich an Deck käme!
Siebentag packte ihn am Kragen des Pelzes und hob ihn in die Höhe. Nadomirs Beine zappelten in der Luft. Bevor er es verhindern konnte, griff der Kannibale mit zwei Fingern in die Mantelschlitze und holte die Faust des Trolls mit dem hervor, was sie umklammerte.
»Laß das!« schrie Nadomir. »Täusche dich nicht in mir! Ich mag gegen die Macht des Bösen hier nicht viel ausrichten können, aber zwinge mich nicht, dir zu zeigen, was ich kann!«
»Du jagst mir Angst ein«, sagte Siebentag. Finger wie aus Eisen legten sich um die Faust des sich verzweifelt wehrenden Trolls und öffneten sie. Der Kristall fiel polternd zu Boden. So geistesgegenwärtig, wie Nadomir es diesem Kannibalen gar nicht zugetraut hätte, bückte er sich, bevor auch nur eine Amazone den Stein zu sehen bekommen konnte. Er nahm ihn in beide Hände und führte ihn ganz nahe an seine Augen, die größer und größer wurden. »Jetzt weißt du ja, was du wissen wolltest!« schrie Nadomir ihn an. »Jetzt gib ihn mir zurück!«
Siebentag schien anders darüber zu denken. Wieder fühlte sich Nadomir in die Höhe gerissen. Erst bei der Luke setzte der Kannibale ihn ab und legte ihm einen Finger quer über den Mund. Etwas in seinem Blick ließ den Troll erst gar nicht wagen, auch nur ein Wort zu sagen.
»Woher hast du ihn?« fragte Siebentag.
Nadomir schwieg, die Hände in die Schlitze des Kugelmantels geschoben. Er sah an dem Menschenfresser vorbei, als gäbe es diesen überhaupt nicht.
»Du willst es mir also nicht sagen?« Siebentag grinste breit. Seine spitz zugeschliffenen Zähne kamen zum Vorschein. »Vielleicht ist das auch gar nicht mehr nötig. Komm, kleiner Freund.«
»Ich bin nicht dein Freund!« schrie Nadomir, entgegen allen gefaßten Vorsätzen, den Kannibalen mit Verachtung zu strafen.
»Wir werden uns schon noch vertragen«, versicherte dieser dröhnend. »Ich glaube aber, der Stein kam zur rechten Zeit.«
Was meinte er nun wieder damit? Plötzlich hatte Nadomir das Gefühl, daß Siebentag ihm vieles verschwieg, daß sich weit mehr hinter ihm verbarg als das, was er zu sein vorgab.
»Was willst du damit anfangen?« fragte er.
»Ihn zu Mythor bringen«, erhielt er zur Antwort, und etwas in Siebentags Stimme ließ ihn erschaudern.
»Vielleicht ist es noch nicht zu spät.«
»Bist du ein Kerl oder ein Orakel?« beklagte sich Nadomir. »He! Wer hat dir gesagt, daß ich mitkommen will!«
»Ich dachte es mir. Du wirst sehen – und vielleicht einiges verstehen.«
Mehr Auskünfte gab Siebentag nicht. Nadomir fühlte sich um den Bauch gepackt und unter einen Arm des Tätowierten geklemmt. Mit der freien Hand hob Siebentag die Platte über dem Treppenabgang hoch. Für einen Atemzug nur stand er unschlüssig, so als schreckte er im letzten Augenblick doch davor zurück, das zu tun, was er im Sinn hatte.
Dieser eine Atemzug ließ Nadomir etwas erblicken, das ihm den Herzschlag stocken ließ im Bug der Phanus st anden die beiden Aasen beieinander, oder bester gesagt,
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