Der Menschenraeuber
und direkt in die Pfanne traf, was sie aber überhaupt nicht störte. Sie zog einmal kräftig und deutlich hörbar hoch und schüttete haufenweise Gewürze in die Pfanne.
Jonathan schüttelte sich vor Ekel und wusste nicht, wie er es schaffen sollte, von dieser Nudelpfanne irgendetwas zu essen.
Gerade als Amanda die gekochten Nudeln in die Pfanne gab, betrat Riccardo die Küche und gab Jonathan die Hand.
»Buongiorno.« Seine Hand war rau und derb, Jonathan spürte die Risse und Schwielen von jahrelanger harter Arbeit auf dem Feld und im Wald.
»Come sta?«, fragte Riccardo.
»Bene. Grazie.«
Amanda nahm eine Sahnetüte aus dem Kühlschrank, riss sie mit den Zähnen auf, bekleckerte sich dabei, was sie aber gar nicht zu bemerken schien, und goss mindestens einen halben Liter in die Pfanne. Dann rührte sie alles gut durch, gab noch ein paar Oliven dazu und trompetete »a posto« durch die Küche, was so viel hieß wie: »Wir können essen!«
Sofia nahm tiefe Teller aus dem Schrank. Auf einem klebte alte Porreehaut, auf einem anderen ein Klecks eingetrocknete Tomatensoße, und bei den beiden anderen Tellern sah Jonathan im Gegenlicht, wie schmierig und fettig sie waren.
Auch die Gläser, die Sofia aus dem Schrank holte, waren milchig trüb und von Fettfingern übersät.
Amanda knallte die Pfanne auf den Tisch, faltete ihre fleischigen Finger und murmelte ein Gebet. Sofia und Riccardo schlossen lediglich die Augen.
Dann begann sie aufzutun. Für Jonathan einen Berg Nudeln, für sich selbst auch, Riccardo bekam etwas weniger und Sofia nur ein Viertel von dem, was Jonathan auf dem Teller hatte. Er versuchte gar nicht erst zu protestieren, er versuchte auch nicht, irgendwelche Kommentare abzugeben, er lächelte nur und hoffte, dieses Essen durchzustehen, und überlegte, wie er es in Zukunft vermeiden konnte, von Amanda bekocht zu werden.
Amandas kreative Nudelpfanne schmeckte wider Erwarten ausgesprochen gut, und wenn es Jonathan gelang, nicht daran zu denken, dass Amanda ins Essen geniest, nichts von den Zutaten gewaschen und alles mit dreckigen Küchengeräten zubereitet hatte, konnte er sogar einige Bissen genießen.
Amanda schmatzte laut und nahm sich einen Nachschlag, als die anderen noch nicht einmal die Hälfte ihrer Portion geschafft hatten.
»Bitte fragen Sie Ihren Vater, ob er mich nach dem Essen mit ins Dorf nehmen kann. Ich muss zu einem Geldautomaten und ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Vor allem muss ich das Autoproblem lösen, damit ich hier wegkann, wann ich will, und Sie nicht immer belästigen muss.«
Sofia übersetzte, und während sie mit ihrem Vater sprach, sah er, dass ihre Lippen genauso geschwungen waren wie Giselles. Er hatte sie in den vergangenen Jahren immer im Gedächtnis nachgezeichnet, und jetzt sah er sie vor sich.
»Er nimmt Sie mit«, sagte Sofia, »machen Sie sich keine Sorgen, das ist alles überhaupt kein Problem. In Bucine gibt es einen Gebrauchtwagenhändler, da finden Sie bestimmt ein Auto. Und alles, was Sie sonst noch brauchen, gibt es in Montevarchi.«
Nach dem Essen, das höchstens zehn Minuten gedauert hatte, kochte Sofia für sich, ihren Vater und Jonathan einen Kaffee, nur Amanda nahm die Flasche Sambuca vom Regal, goss sich ein Wasserglas halb voll, packte reichlich Kaffeebohnen dazu und zündete den süßen Anislikör an. Während er brannte, drehte sie das Glas, dann pustete sie die Flammen aus und sah Jonathan an.
»Sag ihm, dass ich ihn entzückend finde«, raunte sie Sofia zu. Riccardo hatte den Satz gehört, aber er zeigte keine Reaktion. Er trank seinen Espresso, sah auf den Grund seiner Tasse und schwieg.
»Mama, bitte!«
»Na los! Sag’s ihm schon!« Amanda lachte laut und trank den Sambuca, der für zehn Personen gereicht hätte, auf ex.
»Du machst uns alle lächerlich!«
»Blödsinn. Ich weiß, was ich mache. Na los, sag’s ihm!«
»Sie gefallen meiner Mutter«, sagte Sofia leise und zögerlich.
»Danke. Das ist nett. Das Essen war sehr gut. Hoffentlich kann ich mich irgendwann revanchieren.«
Sofia übersetzte, und Amanda lachte noch lauter. Dann nahm sie die Flasche und füllte sich das mittlerweile leere Glas erneut zur Hälfte, wobei sie den süßen Likör auf den Tisch kleckerte. Sie beugte sich hinunter und leckte ihn auf. Jonathan ahnte, dass diesen Tisch so bald niemand abwischen würde. Er wollte nur noch eines: einkaufen fahren und sich, so gut es ging, in seiner eigenen kleinen Küche einrichten.
Riccardo ging wortlos
Weitere Kostenlose Bücher