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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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April verhaftet, und der nächste Artikel reagierte darauf. Es gab eine Reihe von Zitaten, die meisten von Professoren in Dumant. Die Kommentare waren alles andere als schmeichelhaft. »Richard ist sehr exzentrisch«, sagte ein Professor, der nicht genannt werden wollte. »Man wusste nie, woran man bei ihm ist«, sagte ein anderer. »Wenn man mit Richard sprach, war es beinahe so, als stelle er seine Persönlichkeit auf das ein, was man von ihm erwartete. Ein echtes Chamäleon.« Es gab weitere Anmerkungen zu Aldiss’ Verbindung zu den Opfern und zu den Tatorten selbst, besonders zu dem belastenden Zufall, dass der Mörder Fallows’ Romane auf die Gesichter der Mädchen gelegt hatte. Alex fiel auf, dass die Professoren in der Vergangenheitsform sprachen, sie hatten Aldiss längst verurteilt.
    Der letzte Artikel war ein Jahr später erschienen. Es war ein detaillierter Bericht über die Ermittlungen und Aldiss’ Verhaftung. Alex las ihn überaus aufmerksam, um nichts zu übersehen, woran sie sich später erinnern sollte.
    Die Behörden interessierten sich für Prof. Aldiss, nachdem ein anonymer Tipp an die Dumant-VerbrechensHotline gegeben worden war, und der Professor wurde zur Befragung einbestellt. Nach einigen Stunden gab Aldiss zu, dass er etwas über die Morde wusste, aber ohne Anwalt nichts mehr sagen würde.
    Während auf den Anwalt gewartet wurde, wurde Aldiss aufsässig und bezog sich oft auf eine Figur aus der klassischen Literatur, Fjodor Dostojewskis Raskolnikow. (Man beachte, dass genau dieses Buch eines derjenigen war, die in der Nacht ihres Mordes in Shawna Wheatleys Wohnung verstreut wurden.) Er wurde wütend, weil ihn irgendjemand für das, was er getan hatte, bestrafen wollte, und an diesem Punkt der Befragung sahen die Ermittler »mit eigenen Augen, wozu der Professor fähig war«. Einmal wagte er es auszurufen: »Sie sollten sich Shawna Wheatley genauer ansehen«, als wolle er andeuten, dass die junge Frau genau das bekommen hatte, was sie verdiente.
    Alex’ Blick wanderte noch ein paar Sekunden lang über den Artikel, dann wandte sie sich Fisk zu. Er stand hinter ihr, lehnte sich an ein Regal und lächelte matt; die verschmierte Wimperntusche lag wie ein Schatten auf dem Gesicht des Dekans.
    »Und?«, fragte der alte Mann. »Haben Sie etwas Ungewöhnliches bemerkt?«
    »Die anderen Professoren fanden ihn eindeutig verdächtig.«
    »Natürlich fanden sie das. Aber exzentrisch zu sein macht aus ihm noch keinen Mörder. Wenn man sich damit für ein Verbrechen qualifiziert, hätte jeder in der akademischen Welt eine Leiche im Keller.«
    »Aber Aldiss hat nie Berufung gegen seine Verurteilung eingelegt. Nicht ein einziges Mal. Wenn er unschuldig ist, hätte er dann nicht versucht, wieder rauszukommen?«
    Fisk schüttelte den Kopf, wieder mit diesem mitleidigen Gesichtsausdruck. »Wenn es doch nur so einfach wäre, Ms Shipley. Was Richard getan hat, war, Zeit zu schinden. Auf den richtigen Augenblick zu warten, bis er über alle Informationen verfügt.«
    »Und jetzt hat er sie.«
    Fisk lächelte. »Das hat er.«
    »Was hat er herausgefunden?«
    »Leider weiß ich das nicht. Richard und ich … ich wäre ihm gern näher, aber er ist ein schwieriger Mann. Alles, was ich weiß, ist, dass er die Wahrheit über seine Unschuld sagt. Ich weiß es so sicher wie meinen eigenen Namen. Wer allerdings diese Verbrechen tatsächlich begangen hat? Ich habe keine Ahnung.« Die wässrigen Augen des Mannes konzentrierten sich wieder auf sie. »Zurück zum zweiten Punkt. Ich habe Ihnen gesagt, dass sich in diesen Artikeln gewisse interessante Details finden. Die Verschwörung in Dumant ist das eine. Und das andere?«
    Alex sah noch einmal auf die vergilbten Zeitungsausschnitte. Überflog sie, versuchte etwas zu finden, das ihr vorher entgangen war. Aber sie konnte nichts Auffälliges entdecken. Überhaupt nichts.
    »Ich sehe es einfach nicht.«
    »Schauen Sie hin, Ms Shipley. Sehen Sie so genau hin, wie Sie können. Wenn Sie die Studentin sind, auf die Richard sich in diesem Semester verlässt, wenn Sie damit weitermachen wollen, dann müssen Sie Dinge sehen können, die auf den ersten Blick nicht da sind.«
    Alex wollte bei diesem Test nicht durchfallen. Nicht hier, nicht vor dem legendären Dekan. Sie machte sich Sorgen, dass sie das Interesse an ihr verlieren könnten, sollte sie versagen. Fisk und Aldiss könnten sich jemand anderen aussuchen, und alles, was sie gelernt hatte, alles, was sie bis jetzt getan

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