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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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Hayden.
    Aldiss lehnte sich zurück. »Wie bitte?«
    »Es ist eine einfache Frage.«
    »Das tue ich. Das habe ich getan. Aber es ist eine Angewohnheit wie viele andere Angewohnheiten, die ich einmal hatte. Seit meiner Ankunft in diesem Gefängnis habe ich mich darum bemüht, sie loszuwerden.«
    »Welche Art von Lügen haben Sie erzählt?«
    »Ach komm schon, Daniel«, sagte Melissa Lee. »Lass uns weitermachen.«
    Auf dem Bildschirm lächelte Aldiss. »Nein, nein, lassen Sie ihn reden. Ich finde den Jungen interessant . Meine Lügen …« Aldiss schloss die Augen zu schmalen Schlitzen, als dächte er nach. »Ich habe meinen Studenten in Dumant Geschichten erzählt, die nicht ganz wahr waren. In dieser Hinsicht war ich wie der große Paul Fallows.«
    »Welche Art von Geschichten?«
    »Ich habe ihnen erzählt, ich hätte in Europa gelebt«, sagte Aldiss. »Das ist nicht wahr. Der merkwürdigste Ort, an dem ich gelebt habe, war Iowa.« Der Kurs lachte.
    Hayden lachte nicht. Er sah auf den Bildschirm und murmelte etwas. Niemand im Raum verstand es, oder falls doch, dann kümmerten sie sich nicht darum. Es waren nur zwei Wörter: die Prozedur.
    Aber Richard Aldiss verstand es. Und er lächelte.

Alex
    Gegenwart
    13
    Auf ihrem Weg zurück zum Haus rief Alex Lewis Prine auf seinem Handy an. Die bekannte Stimme, flach und monoton aufgenommen: »Hier ist Dr. Lewis Prine, Leiter und Chefpsychologe des Oakwood Hospital. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signalton. Sollte es sich um einen Notfall handeln, kontaktieren Sie bitte die Verwaltung. Vielen Dank.« Ein kurzer Piep, dann sagte Alex: »Lewis, ich mache mir langsam Sorgen um dich. Wir sind alle hier, wir übernachten im Haus von Dekan Fisk. Michaels Gedenkfeier findet morgen früh statt. Wir warten auf dich. Wir würden … Ich würde dich wirklich gern sehen. Bitte ruf an.« Sie beendete die Verbindung und ging über den Hof.
    Als sie ins Haus zurückkehrte, waren alle im Salon und erzählten sich Geschichten über Michael Tanner. Als sie hereinkam, stoppten die Erzählungen abrupt, und jeder der fünf früheren Kommilitonen sah sie an, als hätte sie sie beim Enthüllen ihrer intimsten Geheimnisse erwischt. In der Mitte der Gruppe, mit einer Decke über der Schulter und stark zitternd, saß Sally Tanner.
    Sie weiß es , dachte Alex. Sie weiß, was ich vorhabe.
    »Hallo, Leute«, schaffte sie zu sagen.
    »Irgendwas Neues?«, fragte Sally, ihre blauen Augen nun leer und ohne Hoffnung.
    Alex schüttelte den Kopf. »Sie suchen noch. Detective Black ist ein guter Mann, Sally. Er wird herausfinden, wer das getan hat.«
    Die Witwe verzog das Gesicht. »Black. Das Schwein.« Christian Kane zog sie an sich, und aus irgendeinem Grund machte die Geste Alex eifersüchtig, weil sie die anderen so lange nicht mehr gesehen hatte, weil sie nach Daniels Tod nach Harvard zurückgekehrt war, ohne ihr Versprechen, in Kontakt zu bleiben, zu halten. Sie sah Keller an, aber der schaute weg.
    »Lasst uns über die guten Zeiten reden«, sagte Christian. »Michael hätte das gewollt.«
    »Ja«, lallte Frank Marsden. »Absolut.« Er saß neben Lucy Wiggins, die seinen Arm festhielt.
    »Erinnert ihr euch, wie Michael Aldiss gefragt hat, ob er sich bei einem Fallows-Zitat sicher sei?«, fragte Christian.
    »Ich erinnere mich«, sagte Melissa Lee. »Das war typisch Michael.«
    »Das war es, nicht wahr?« Sally hatte das gesagt, aber in ihrer Stimme lag nichts. Überhaupt nichts. Alex fragte sich, ob sie sich wirklich an den Augenblick erinnerte.
    Sie machten die nächste halbe Stunde so weiter, tauschten Geschichten über ihren ermordeten Freund aus. Die meisten waren kleinere Begebenheiten aus dem Abendkurs, in denen Michael Aldiss’ Autorität in Frage gestellt hatte. Er war sogar damals schon brillant gewesen, wie sie es alle auf ihre eigene Weise waren. Als er die Stelle an seiner Alma Mater nur ein Jahr nach seinem Abschluss angenommen hatte, hatte Alex ihn angerufen, um ihm zu gratulieren. Sie erinnerte sich an seinen Tonfall, daran, dass sie gedacht hatte: Er ist nicht froh, wieder dort zu sein, ist nicht begeistert davon, an diesen Ort zurückzukehren – und ich kann es ihm nicht verdenken.
    Während sie redeten, sah Alex sie an. Beobachtete sie.
    »Ich erinnere mich an etwas anderes, das Michael mal gesagt hat«, sagte Christian, und Alex konzentrierte sich auf den Autor, auf sein scharfes aristokratisches Kinn und seine Augen, die nie stillstanden. Wieder erinnerte sie sich

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