Der Messingmann
antwortete Stalek. »Golem, steh auf!«
Der Golem stand auf, streckte die Hand aus und inspizierte die Bestandteile der Finger, während er diese Hand zu einer Faust ballte und wieder öffnete. Das schien Stalek zu beunruhigen, und er sichtete prüfend einiges an Programmcode auf seinem Konsolenbildschirm.
»Golem, senke die Hand und bewege dich nicht.«
Der Golem gehorchte.
Der Vogelmann schob seinen voll beladenen Gerätewagen heran und blickte zu der Maschine hinauf.
»Ein großer Mistkerl, nich wa? Jeder, hinter dem er hergeschickt wird, macht sich bestimmt inne Hose«, fand er. »Wie sollen wir ‘n nennen?« »Naja, ich dachte, Mr. Stelzenläufer, aber soll er es doch ruhig selbst entscheiden. Golem, wie sollen wir dich nennen?«, fragte Stalek.
Der Golem versuchte zu reden, aber die Fragmentierung des eigenen Verstandes verhinderte, dass er Zugriff auf die Stimmführung erhielt.
»Verdammt!«, schimpfte Stalek. »Wir haben seine Stimme verloren. Egal - unsere Käufer erwarten von ihm lediglich Gehorsam. Golem, wie lautet dein Name?«
In seiner Verwirrung konnte der Golem nur zwei unterschiedliche Fakten zueinander in Beziehung setzen: dass man ihn kürzlich »Stelzenläufer« genannt hatte und ihn ein Vogelmann anstarrte.
Storch, Reiher, Flamingo, Kranich…
»Er ruft gerade eine Liste relevanter Begriffe ab. Offensichtlich verknüpft er dein Aussehen mit der Vorstellung, dass er selbst langgliedrig ist. Reiher wäre treffend, aber andererseits… Ich denke, wir nennen ihn Kranich, Crane - ein Hauch von Doppeldeutigkeit durch die klangliche Anspielung auf eine Maschine, einen Kran, denkst du nicht auch?«
Der Vogelmann hatte jedoch das Interesse an dem Thema verloren und machte sich ans Werk. Mit Hilfe seiner internen Diagnoseprogramme verfolgte der Golem - Crane -, wie der Vogelmann ihm nacheinander alle Gelenkmotoren ausbaute und anschließend durch neue ersetzte. Die Daten aus Staleks Konsole verrieten Crane, dass es sich bei den Ersatzteilen um adaptierte industrielle Drehmomentmotoren handelte. Um die hohen Energieanforderungen solch unmäßig starker Apparaturen zu erfüllen, baute der Vogelmann drei weitere, parallel geschaltete Mikromeiler ein. Auf irgendeiner Ebene registrierte Crane, dass er nicht mehr unbedingt auf die Tür angewiesen war, falls er diesen Raum verlassen musste.
Die schon früher entfernte Synthohaut wurde nun durch messingfarbene Sektionen aus schalenhartem Keramal ersetzt, die sich direkt mit den Metallknochen verknüpften. Crane spürte, wie diese Stücke nacheinander an Ort und Stelle landeten, wie sie sämtliche Knochen verstärkten, wie sie die schon gründlich abgeschirmten internen Bauteile durch zuzeiten drei Zentimeter dickes messingfarbenes Material schützten und auf eine seltsame Art und Weise mit seinem Kühlsystem verbunden wurden. Erst als Stalek die Information für ihn freigab, bemerkte Crane, dass das Keramal mit Messing beschichtet war, das ein supraleitendes Netz enthielt - in dem jedes Teil mit dem nächsten verknüpft war, sodass eine punktuelle Erwärmung über die ganze Körperfläche verteilt würde. Das Messing saugte dabei die Hitze aus den Supraleitern auf, wie Keramal das nicht konnte.
Die Panzerung enthielt synthetische Nerven, wenn auch nicht annähernd so viele wie die frühere Synthohaut, was Cranes Welt blasser gestaltete. Allerdings verfügte die Panzerung der Hände über die gleiche Empfindsamkeit wie die entfernte Synthohaut - zweifellos, damit er auch spürte, wenn er Knochen brach und das Schlagen eines Herzens stoppte.
»Haben wir hier das Steuermodul, das sie benutzen möchten?«
Crane öffnete die Augen - die mit ihrer Schicht aus polarisiertem Kettenglas jetzt dunkel wirkten - und sah, wie der Vogelmann auf ein kleines, schwarzes, kieselsteinähnliches Objekt deutete, das sein Boss in der Hand hielt.
»Ja. Man kann damit praktisch jede seiner Aufbesserungen anwählen, und die Verbindung ist codiert«, erklärte Stalek. »Das überlasse ich aber ganz Angelina und ihrem lieben Bruder. Ich habe keine Ahnung, warum sie eine solche Steuerung haben möchten - vielleicht, damit immer nur jeweils eine Person den Finger am Schalter haben kann. Inzwischen… «
Er nahm eine kleine Fernbedienungskonsole zur Hand und drückte den Kieselstein in eine dazu passende Vertiefung. Crane spürte, wie sofort eine Verbindung hergestellt wurde.
»Okay, Crane, ich möchte, dass du in diesem Raum herumläufst, während ich die Verbindung
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