Der Metallschwarm
alten, bärtigen Frederick, den rothaarigen Jack und die anderen.
»Die Reihe ist unvollständig, nicht wahr?«
Sareins Blick glitt zur leeren Stelle an der Wand. Das Bild von König Peter hatte dort nur einige Jahre gehangen; auf die Anweisung des Vorsitzenden hin war es entfernt worden. »Glaubt er, die Existenz von König Peter und meiner Schwester auslöschen zu können, indem er ein Bild entfernen lässt?«
»Basil Wenzeslas glaubt, dass die Wahrnehmung die Wirklichkeit bestimmt. Wenn er eine Geschichte erfindet, Berichte entsprechend verändert und die richtigen Worte wählt, so glauben die Bürger seiner Version der Ereignisse. Vielleicht überzeugt er sich sogar selbst davon, dass sein Lügenkonstrukt die Wahrheit ist.«
Cain ging langsam durch die Galerie. Die ursprünglichen Architekten hatten reichlich Platz an den Wänden gelassen, davon überzeugt, dass es weitere Große Könige geben würde. »Daniels Porträt hat er hier nie aufgehängt. Der königliche Maler wurde von ihm zu großer Eile angetrieben, aber das fertige Bild verstaute er in einem Tresorraum. Ich glaube, es wird nie an diesem Ort zu sehen sein.«
Sarein runzelte die Stirn. »Daniel wäre ein schrecklicher König gewesen.«
»Der Vorsitzende hat nicht immer eine kluge Wahl getroffen. Sie werden feststellen ...« Cain deutete auf die Stelle neben dem Porträt des Alten Königs Frederick. »... dass auch ein Bild von Prinz Adam fehlt. Er ist spurlos verschwunden, sowohl von der Erde als auch aus allen historischen Aufzeichnungen.« »Prinz Adam.« Sarein hatte nie von ihm gehört. »Der Kandidat, bevor Peter ausgewählt wurde.« »Und Basil hat ihn ... beseitigt?«
»Das wollte er auch mit Peter machen. Deshalb wartete er so lange damit, Prinz Daniel als Nachfolger zu präsentieren. Der Vorsitzende hält sich gern alle Möglichkeiten offen.«
»Basil bildet jemand anders aus, aber er verrät mir nichts«, sagte Sarein.
Und wir standen uns einmal so nahe! Der Vorsitzende wollte keinen Sex mehr mit ihr, legte keinen Wert mehr auf ihre Gesellschaft oder ihren Rat.
»Auch ich weiß nichts über seinen Kandidaten. Vermutlich soll er zum König gekrönt werden, ohne ihn zuvor als Prinzen zu präsentieren. Man sollte meinen, dass der stellvertretende Vorsitzende an diesen EntScheidungsprozessen beteiligt oder zumindest von ihnen in Kenntnis gesetzt wird. Aber Wenzeslas gibt nichts preis.«
Sarein nickte ernst. Der Basil Wenzeslas, den sie so sehr bewunderte und lieben gelernt hatte, existierte nicht mehr. Sie betrachtete die Porträts und erinnerte sich an die Legenden über die verschiedenen Könige, wie man sie Schulkindern erzählte. Basil hatte sie einmal zu einer privaten Tour durch die Galerie mitgenommen und ihr von den Charakterfehlern der einzelnen Könige erzählt. Es fiel ihm immer leicht, die Schwächen anderer Personen zu erkennen.
Sie passierten eine Tür - die für die Touristen immer verschlossen geblieben war - und betraten ein Sitzungszimmer mit den Porträts der siebzehn bisherigen Hanse-Vorsitzenden während der vergangenen zweihundert Jahre. Auch an diesen Personen hatte Basil Kritik geübt.
»Haben Sie gewusst, dass ich eine eigene Gemäldesammlung habe?«, fragte Cain. »Mir gefallen insbesondere die Werke des spanischen Malers Veläzquez.«
Sarein fragte sich, warum der stellvertretende Vorsitzende seine eigenen Bilder erwähnte, obwohl so schwere und gefährliche Entscheidungen vor ihnen lagen. Mussten sie Basil Wenzeslas stürzen? Waren sie dazu imstande? Die Hanse befand sich in einer verzweifelten Notlage.
»Ich hatte einmal eine Gefährtin, eine schöne, aber in emotionaler Hinsicht recht anspruchsvolle Frau namens Kelly«, fuhr Cain fort. »Meine Arbeit ist wichtig und beeinflusst das Leben vieler Personen, aber in jenen seltenen Stunden, wenn ich mich nicht mit irgendeiner Krise befassen muss, möchte ich mich einfach nur entspannen und meine Gemälde genießen. Ich sehe sie mir gern allein an, betrachte jeden einzelnen Pinselstrich und stelle mir vor, was Veläzquez dachte, als er seine Meisterwerke schuf.
Kelly gab vor, das zu verstehen. Die Frauen, die gelegentlich meine Partnerinnen gewesen sind, haben das zu Anfang immer behauptet ...« Cain seufzte tief. »Ich wollte nur einige Momente ruhiger, ungestörter Kontemplation, aber Kelly geriet immer mehr außer sich und wurde sogar hysterisch. Sie warf mir emotionale Distanz vor, wenn ich ihr nicht genug Aufmerksamkeit schenkte.« Er zuckte mit den
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