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Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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gewisser Weise auch demnächst noch der Metzger herumschlagen.
    »Und? Nehmt ihr euch gleich hier Hotelzimmer, oder kommt Zündschlüssel heute noch zu Einsatz!«, versucht sie dem vom Liebesrausch entflammten Getuschel und Gekicher vor sich ein Ende zu setzen.
    »Ich denk, die Liege hier ist groß genug für zwei, was meinst du, Toni!«, ist mit weicher Stimme die Antwort, und einmal mehr wundert sie sich, die Djurkovic, wie weich bei erhöhter Hormonausschüttung so ein Hirn werden kann.
    »Ist aber nicht groß genug für drei. Geb ich euch halbe Stunde, schätz ich, so lang dauert noch Tröpfchennahrung. Apropos Nahrung: Wart ich in Kantine!«
    Das kulinarische Angebot zeigt sich solidarisch mit dem Zweck dieser Anstalt, denn wer bis dato noch nicht einlieferungswürdig ist, wird es spätestens nach Konsumation des hier Feilgebotenen. Danjela Djurkovic reicht zur Sättigung also allein der Anblick der blassen Ei-Aufstrich- und noch blasseren Schinken-Mayonnaise-Brötchen. Entsprechend übellaunig kehrt sie zur vereinbarten Zeit ins Krankenzimmer zurück.
    »Und jetzt fahren wir Sophie, Bub ist groß genug, müssen wir nix aufpassen!«
    »Nein, müssen wir nicht, das erledigt wer anderer!«, erklärt Sophie ebenso gereizt und deutet auf die beiden Herren, die hinter der Tür stehen.
    Älter als sieben Jahre schätzt der Metzger die vor ihm stehende kleine Ada nicht ein, was bedeutet, zum Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter und ihrer Schwester Isabella war sie ein Jahr alt, zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters vier.
    »Ada, da bist du ja. Was machst du überhaupt hier unten, du weißt doch, du solltest hier nicht herumlaufen. Hinauf mit dir, dalli!« Die aufgetauchte Agnes Kalcher wirkt erleichtert und verärgert zugleich. Erschöpft und mit einem äußerst misstrauischen Blick von der Sorte: »Ein Fremder zwischen 40 und 50 quatscht ein kleines Mädchen an!«, mustert sie den Metzger, und er kann es ihr nicht verübeln. Denn seit er gelegentlich mit Lilli Matuschek-Pospischill seine Runden drehen darf, weiß er: Wäre ihm in diesem Leben das Glück einer Vaterschaft zuteilgeworden, er hätte sie alle, den Führerschein, den Waffenschein, die Nahkampfausbildung, den Abschluss als Überwachungstechniker und wahrscheinlich auch den Fixplatz in einem Sanatorium für paranoide Störungen.
    »Ich will ja eh rauf, aber zum Urliopa nach Hause und nicht ins Büro!«
    »Ada!«, wird der Ton nun strenger, »heut is eben alles ein wenig anders. Die Lisl sitzt auch oben!«
    »Aber bei der Lisl ist es so langweilig, die redet nix und kritzelt nur in ihr Buch.«, reagiert Ada unerwartet forsch.
    »Dann zeichne auch etwas!«
    »Und wann kommt jetzt der Opi wieder? Warum hat den die Polizei überhaupt mitgenommen?«
    Der Ton der Kleinen ist aufmüpfig, mit verschränkten Armen steht sie aufrecht vor ihrer Großmutter, die Augenbrauen sind zusammengepresst und formen drei kleine, vielsagende Fältchen am unteren Ende der Stirn, rundum also ein entzückender Anblick. In Agnes Kalchers Gesicht überlagert ein Schmunzeln die Sorge, zärtlich streicht sie ihrer Enkelin übers Haar: »Opa kommt bald zurück, mein Schatz, ich bin sicher! Und jetzt komm, zieh deine Skisachen wieder aus und geh rauf zur Lisl, die ist heut ein wenig traurig wegen dem Bernhard, weißt du, die braucht dich!«
    So ein süßes Mäderl, eine mit einem Schlag äußerst sanftmütige Großmutter und wenige Gehminuten entfernt ein dermaßen trauriger Grabstein, da drückt es den Metzger jetzt natürlich gleich ein wenig in der Magengegend. Das ist also der Restbestand der Kalcher-Familie: zwei Vollwaisen namens Ada und Lisl, der Elternersatz Oma und Opa und ein zu betreuender Urgroßvater. Nachdem er Ada Kalcher nun zum ersten Mal gesehen hat, steht für Willibald Adrian Metzger jedenfalls fest: Ähnlich tiefe, vertraute, fast schwarze Augen, kombiniert mit ähnlich rötlichem, leuchtendem Haar hat er schon einmal gesehen, und zwar direkt neben sich, auf einer Bank unter dem schützenden Pavillon im Park. Ist der Obdachlose Karl Schrothe also doch ein gestrandetes, weitschichtig verwandtes Mitglied des Kalcher-Klans? Hat Agnes Kalcher beispielsweise eine zur Madame Schrothe verehelichte und bereits verstorbene Schwester, und Karl wäre der Sohn und sie dessen Tante? Nur, warum verleugnet sie ihn dann?
    Ohne Verabschiedung läuft Ada davon, und Agnes Kalcher bleibt zurück. Wortlos mustert sie den Metzger, als wollte sie ihn einer Prüfung unterziehen. Genauso klingt

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