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Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Lauf des Zweit- und Drittplatzierten, dann geht es los, das Training.
    Wenig später läutet Toni Schusters Handy: »Ja, Robert, wie ausgemacht: Alle sind jetzt da!«
    Toni Schuster legt auf, wendet sich an seine Gäste und erklärt: »Es ist so weit! Robert Fischlmeier lässt euch alle herzlich grüßen und freut sich, in diesem Augenblick mit uns verbunden zu sein, bei diesem so großartigen Ereignis!«
    »Was ist an Abschlusstraining für Abfahrtslauf bitte großartiges Ereignis?«, lästert sie noch ein wenig, die Danjela, dann nimmt sie an Lautstärke und Tonhöhe zu, die Stimme des Kommentators.
    »Wo bleibt die Startnummer drei. Warum bleibt da die Zwischenzeit nicht stehen?«, und ja, jetzt spürt auch er so etwas wie Spannung aufkommen, der Metzger.
    Den Damen stehen entsetzt die Münder offen, als gäbe es bereits nach nur drei Läufern den ersten Ausfall samt Hubschraubereinsatz. Geflogen muss nicht werden, ein Ausfall von bleibendem Ausmaß aber ist es trotzdem.
    Die Kamera bringt die Startnummer drei ins Bild. Unversehrt steht der Läufer am Rand der Piste, schüttelt den Kopf und sieht ungläubig in den Himmel, als hätte er eine Erscheinung, als wäre er Zeuge eines Wunders. Auch der Kommentator klingt ähnlich, fassungslos zuerst, dann panisch, von einer Katastrophe ist die Rede, von einem heimtückischen Anschlag. Entsetzte Gesichter sind zu sehen, gehetzt und hilflos über die Piste laufende Gestalten, jeder Einsatz gegen den gewaltigen, nicht zu stoppenden Widersacher scheint vergeblich. Dann kommt sie ins Bild, die ins Gefecht gezogene, schwer bewaffnete Armee der Hochländer: Schneelanzen und Schneekanonen sind zu sehen, und sie feuern, umgeben vom strahlend blauen Himmel, aus allen Rohren.
    Hand in Hand mit seiner Danjela versinkt er im Wohnzimmersofa des Toni Schuster, der Metzger, prostet Robert Fischlmeier aus der Ferne zu und weiß: Auch wenn es sie nicht gibt, jene irdische oder gar überirdische Gerechtigkeit, die alles aufrechterhalten soll, es gibt zumindest Menschen mit Rückgrat.
    Niedergeschlagen klingt sie, die Stimme des Kommentators, dann wird trotz herrlicher Wetterbedingungen in Anbetracht der ersten auftauchenden hellbraunen Flecken die Menschheit über das davonschwimmende Heiligtum in Kenntnis gesetzt.
    »Würd ich sagen, ist ins Wasser gefallen, Rennwochenende!«, meint Danjela Djurkovic, und lachen muss er, der Metzger, über die erste wirklich treffende Analyse dieses Nachmittags, denn das, was der Schindlgrube da trotz des blauen Himmels zu Leibe rückt, ist Regen.

65
    »Was für eine Wohltat. Das wird jetzt die erste Nacht, in der ich wieder unfallfrei durchschlafen kann.«
    »Wie meinst du?«
    »Ist er jetzt herunten oder nicht, der Gips? Also rück schon her, du Göttin, und zeig mir dein blasses Händchen. Und, bist du froh?«
    »Wieso froh?«
    »Dass er jetzt herunten ist natürlich?«
    »– – –«
    »Danjela? Schläfst du da gerade ein, in meinem Arm?«
    »Nein, denk ich nur nach.«
    »Das heißt also, du schläfst gleich ein. Dann sag schnell: Bist du jetzt froh?«
    »Denk ich genau darüber nach, Willibald.«
    »Wie kann man da darüber nachdenken müssen, wenn man endlich so einen Klumpen losgeworden ist. Das muss doch herrlich sein.«
    »Vielleicht bin ich eines Tages für dich auch Klumpen, und bist du froh, wenn wirst du mich los?«
    »Uiuiui, was war denn da Schlimmes drinnen im Abendessen. Wie kannst du nur so etwas denken.«
    »Na ja, wirst du bald fünfzig und hab ich noch nix gesehen bei dir Spur von Midlife-Crisis. Vielleicht bist du Spätzünder.«
    »Genau, Madame Djurkovic, du hast mich ertappt. Ich hol den Führerschein nach und bestell mir einen Hummer. Das ist mein Traum. Meine Güte! Und deswegen bist du nicht sicher, ob du den Gips noch gern ein bisserl länger oben gehabt hättest.«
    »Nein, nicht deswegen, sondern wegen Anna Kaufmann.«
    »Was bitte hat die kleine Anna Kaufmann mit dem Gips zu tun.«
    »Na, hat sie gesagt, will sie heiraten Bernhard. Haben wir also geredet über Hochzeit. Hab ich sie gefragt, ob würde mir passen Hochzeitskleid. Hat sie zuerst gesagt ›Kommt auf Größe an‹ und dann hat sie gemeint: Hochzeitskleid würde, wenn ist weiß, aber auf jeden Fall passen zu Gips!«
    »– – –«
    »Willibald? Sag, schläfst du, oder stellst du dich ein bissi leblos?«
    »Nein, ich denk nur nach.«
    »Wegen Spätzünder?«
    »Nein, um Gottes willen, du wirst mich nicht los!«
    »Na, dann denkst du ruhig weiter, weil muss

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