Der Metzger bricht das Eis
Bier!«, startet Danjela ungebremst ihre nächste Charmeoffensive und erspäht in den glänzenden Augen des Robert Fischlmeier durchaus die Versuchung, diese lukullische Mission seiner momentanen Tätigkeit vorzuziehen.
»Wie könnt ihr übers Essen reden!«, faucht Sophie Widhalm, »außerdem vergeht mir schon allein bei Fischlmeier so was von gewaltig der Appetit …«
Der vergeht Robert Fischlmeier jetzt auch.
Da geht sie dahin, die wilde Jagd. Vorne im Schritttempo ein schwarzer Bus, hinterdrein im Laufschritt ein korpulenter Restaurator.
Und Derartiges sieht man hierzuorts offenbar nicht allzu oft, denn ein Passant beginnt rhythmisch in die Hände zu klatschen: »Hopp, hopp, den erwischst du noch!«
»Nur is halt so ein Thuswalder-Bus kein Taxi, gell, außer du wohnst oben im Resort!«, setzt ein anderer hinzu. Und so interessant die Information jetzt auch ist, der Metzger denkt trotzdem nicht daran, stehen zu bleiben. Panik hat sich breitgemacht, basierend einzig auf den Kunststücken seiner Phantasie. Keuchend schleppt er sich die Steigung empor, mobilisiert die letzten Kräfte, und tatsächlich: Der Abstand verringert sich, was nicht der Sprintfähigkeit des Willibald, sondern der Bremskraft des Wagens zu verdanken ist. Direkt vor der Talstation bleibt der Bus kurz stehen, Ada springt heraus, winkt hinterher, schultert erneut ihr Snowboard und registriert ihren Verfolger.
»Was machst du da?«
»Das muss wohl eher ich fragen, oder?«, ringt der Metzger um Luft. »Also, was machst du da? Solltest du nicht im Sportgeschäft sein, anstatt in irgendwelche Autos zu steigen?«
»Oma hat es mir erlaubt.«
»Was?«
»Na, dass ich rauf darf zum Urliopa.«
»Tatsächlich?«
»Ich schwindle nicht«, wird ihr Blick nun streng und ihre Stimme fest.
»Und der Wagen?«
»Das ist das Auto von unserem Sportgeschäft, das hat mir Oma nachgeschickt, damit mich der Herbert rauffährt zum Hof.« Trotzig fügt sie hinzu: »Ich will aber selber fahren.«
»Mit dem Auto, da bist du aber noch ein bisserl jung, meinst du nicht auch?«
Ada lacht.
»Nein, runterfahren will ich, auf der Piste. Und du?«
»Ich glaub, ich brauch jetzt eine Pause«, stellt der Metzger sichtlich erleichtert fest, atmet durch und erklärt: »Und dann spazier ich rauf zu eurem Hotel.«
»Spazieren! Das is aber ganz schön weit.« Ada deutet den Berg hinauf, und tatsächlich sind die Aussichten weniger erfreulich. Erschreckend klein sieht er von unten aus, der Gebäudekomplex des Kalcherwirts.
»So wie du schnaufst, is es, glaub ich, besser, du fährst mit der Gondel rauf und rutscht dann auch die Piste runter. Das ist lustig mit Schuhen und geht ganz einfach. Da muss man gar nicht Ski fahren können«, erklärt sie und winkt dabei erneut dem ihr entgegenkommenden Bus.
»Den Wagen sieht man hier offensichtlich öfter. Hat der ein Zwillingsgeschwisterl?«
»Ja, ganz viele, die gehören alle dem Onkel Heinrich. Der hat einen Garten mit lauter Autos!«
»Einen Garten?«
»Ja, einen Fuhrpark.«
Und jetzt lacht er, der Metzger, herzlich und befreit, als wolle er seine Sorge endgültig loswerden.
»Ach, wie süß!«, geht es ihm durch den Kopf, und noch ehe er Ada nach einem Onkel Karl Schrothe, einer möglichen Schwester ihrer Oma fragen kann, ist die Kleine schon auf und davon, läuft vergnügt die Treppe hinauf zur Einstiegsstelle der Schindlgruben-Bahn und ruft dem Metzger zu: »Hier geht’s zur Gondel!«
Und weil dem Metzger als Haustier ein kleinwüchsiger Mischlingshund reicht und es ihm nicht auch noch nach einem ausgewachsenen Muskelkater gelüstet, beschließt er, sich den Rat der Kleinen zu Herzen zu nehmen. Ergo: Hinauflatschen – nein, danke, zumal die Alternative direkt vor ihm futuristisch in den Himmel ragt. So begibt er sich also zum Kartenschalter, der Willibald, betrachtet die großflächig daneben angebrachte Panoramakarte, kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, denn hinter der Tatsache, dass die präparierten Pisten dieses Landes blau, rot und schwarz markiert sind und allesamt abwärts führen, wird ja wohl doch keine versteckte politische Botschaft stecken, und weiß nach kurzem Studium Bescheid: Von der Ausstiegsstelle der verhältnismäßig kurzen Gondelbahn geht es ein Stück die blaue 1er entlang, dann die 1A hinein, bis diese in die von weiter oben kommende, den Kalcherwirt passierende schwarze 4B mündet. Von weiter oben deshalb, weil hinter der Ausstiegsstelle der Gondel ein breites Plateau mit
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