Der Metzger geht fremd
betäubte Schwarzspitzenrirfhaie einem Ortswechsel zugeführt werden, und lauschen den Kommentaren:
»Deppat soll einer gworden sein!«
»Ja, den Schädel hat er sich angrennt und ständig rausghupft is er, ausn Becken.«
»Da kannst ja auch nur deppat werden, wenn dich einer in ein Aquarium steckt, obwohlst ins Meer ghörst.«
»Und wo kommens jetzt hin, die Viecha?«
»Na, wahrscheinlich in ein Gourmetrestaurant oder eingelegt als Konserve nach Japan.«
»Blödsinn, in einen Zoo kommens. Ganz sicher!«
»Sicher wär ich mir da nicht. Einen narrischen Fisch kannst nämlich nicht mehr einsperrn, außer du stellst ihn auf Dauer ruhig.«
»Sag ich ja, Dosenfutter oder Speisekarte!«
»Möchte ich gerne gehen!«, meint Danjela Djurkovic ziemlich betroffen. Es gibt nichts Grausameres als den Menschen, dagegen ist wahrscheinlich selbst der Teufel ein Engel.
Auf dem Weg zurück ins Hotel trennen sich unvermutet die Wege der drei Damen, denn Prof. Dr. Berthold kommt ihnen entgegen. Helene Burgstaller schert unvermittelt links aus und steuert eilig auf den Stiegenaufgang zu, Gertrude Leimböck schert sich einen Dreck um den Hausherrn und verschwindet Richtung Kaffeehaus, und nur die beinah geschorene Danjela Djurkovic sucht die Begegnung: »Hallo Professor!«
»Ja, hallo, Frau Djurkovic!«
Ein seltsames Flackern, um nicht zu sagen Strahlen registriert die Djurkovic da in seinem Blick.
»Professor, müssen Sie mir bitte sagen: Was passiert mit Fische?«
»Das ist aber lieb, dass Sie da nachfragen. Tut mir richtig weh, dieser Abtransport. Aber – mhhhmh – was mit den Haien jetzt passiert, weiß ich nicht. Das entscheidet der Wohltäter, von dem wir sie bekommen haben.«
»Wohltäter?«, entschlüpft es der Danjela mit deutlich sarkastischem Unterton, »tät er wohl gut daran, Fische zu lassen, wo sie gehören hin.«
»Da geb ich Ihnen ja durchaus recht, Frau Djurkovic, nur – mhhhmh – was soll ich machen, wenn uns ein wirklich großzügiger Geldgeber als Draufgabe noch Fische spenden will samt der Finanzierung eines Aquariums und er das dann selbst als phantastische Idee bezeichnet. Nein sagen unmöglich, wir brauchen hier jede finanzielle Zuwendung!«
»Ja, gibt immer Haar in Suppe!«
»Apropos Haar – mhhhmh.« Das Leuchten im Blick des Professors kehrt zurück. »Es ist also ein Kurzhaarschnitt geworden.«
Einem Nackenfetischisten mit einem freigelegten Nacken vor der Nase herumzutanzen kann selbst dem größten Tanzmuffel eine Aufforderung entlocken: »Heute Abend geb ich einen Empfang im kleinen Kreis, würd mich freuen, wenn Sie – mhhhmh – dazustoßen, Frau Djurkovic, Beginn einundzwanzig Uhr im Therapiezentrum.«
Da verschlägt es der Danjela jetzt natürlich die Sprache. Allerdings nur bis zur anschließenden Bemerkung, die Professor Winfried Berthold mit einem kleinen Schritt vorwärts verstärkt. Wenn man vom sprechenden Gegenüber beim Buchstaben A die Amalgamplomben der hinteren Backenzähne besichtigen kann, steht er zu nahe.
Und während die Djurkovic in Anbetracht des auf sie zuströmenden Atems abermals an Fisch denken muss, wird ihr erklärt: »Also Ihr Kurzhaarschnitt. Ich muss schon sagen – mhhhmh – mhhhmh –, der steht Ihnen wirklich ausgezeichnet!«
Beim »z« von »ausgezeichnet« befreit sich ziemlich geradlinig etwas von dem überschüssigen Speichel, der sich beim Herrn Professor ganz in Gedanken an seine durchaus vieldeutige letzte Bemerkung in der Mundhöhle zusammengesammelt hat. Dezent wischt sich die Djurkovic über ihre rechte Wange. Ohne Herumgeschleime wäre so ein bisserl Herumgespucke vielleicht irgendwie auszuhalten. Die Kombination allerdings ist ekelerregend.
Entsprechend stehen jetzt der Danjela zusätzlich auch noch die kurzen Haare vom Nacken ab: »Ist lieb, aber glaub ich, bin ich weder Richtige für Empfang noch für kleine Kreis, noch für Dazustoßen!«
Das hat er offensichtlich verstanden, der Herr Professor, denn einer kurzen Sprechpause folgt eine kurze Verabschiedung.
In drei Tagen wird auch endlich die Danjela dem Sonnenhof Lebwohl sagen können, so wie in diesem Augenblick die Fische.
59
J ETZT SCHAUT ER WIRKLICH SCHLECHT AUS , der Willibald, in dessen Erinnerung einmal mehr die Stimme seiner Mutter auftaucht.
»Dass einem im Leben nichts geschenkt wird, stimmt nicht. Schlechter geht es nämlich immer, dazu muss man zumeist eigenständig gar nichts beitragen, das gibt es absolut gratis!«
Sascha
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