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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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diesen alten Filmen!«
    »Was für alte Filme?«
    »Mit Cary Grant oder James Stewart. Da gibt es immer eine Szene, in der sich die Herren an so einem Barschrank einen Martini mixen, während Doris Day oder Grace Kelly vom Sofa aus zusieht. Und den wollen Sie hergeben?«
    Jetzt ist der Willibald direkt gerührt. Es gibt so viel Müll auf dieser Welt, der sich in den Augen eines anderen als wahre Kostbarkeit herausstellt, besonders ernährungstechnisch.
    »Wissen Sie was, Herr Metzger. Es ist gleich Mittag. Wenn Sie mir den Schrank wirklich schenken, nehm ich ihn gleich mit, und Sie samt Hund noch dazu. Dann koch ich uns was in meiner Wohnung!«
    Was soll er da antworten, der Willibald, als höflicher Mensch, obwohl ihm wirklich weit mehr am Weiterarbeiten liegen würde. Stattdessen liegt wenig später der Barschrank auf der Ladefläche des bereits bekannten Kastenwagens und Edgar zu Füßen des auf der Beifahrerseite sitzenden Restaurators, bei dem sich in Anbetracht des angekündigten Essens natürlich längst ein beträchtlicher Appetit eingestellt hat.
    Der wird ihm gleich wieder vergehen.
    Blut kann einem die Esslaune nämlich verderben, und zwar erheblich. Beim Heben passiert es dann auch.
    Ob aus Rache des vom Metzger so sträflich unterschätzten Barschranks oder aus eigener Unachtsamkeit, ist im Nachhinein unbedeutend, auch, dass es sich gar nicht um das Blut des Restaurators handelt.
    »Vorne oder hinten?«, will Sascha Friedmann noch wissen, nur um sich die Frage gleich selbst zu beantworten: »Gehen Sie vorne, da ist es leichter. Zweiter Stock!«
    Schau ich schon so gebrechlich aus, denkt sich der Metzger noch. Im Prinzip ist er aber froh über den ihm zugewiesenen Platz. Vor allem, wie er da im Stiegenhaus in der letzten Kurve den Barschrank noch ein Stückchen höher anzuheben hat, um an der frisch verputzten Wand keinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
    Die schwenkbare weiß beschichtete Deckplatte des Barschranks macht ihrem Namen alle Ehre und knallt Sascha Friedmann dermaßen blöd ins Gesicht, dass es in dieser letzten Kurve wohl doch ohne bleibenden Eindruck nicht gehen wird. Eine tropfende Platzwunde über dem linken Auge beginnt die weiße Beschichtung mit roten Farbtupfern zu verzieren. Und während sich das entstehende Werk langsam vom kläglichen Versuch des abstrakten Expressionismus in ein ausgewachsenes Schüttbild à la Wiener Aktionismus verwandelt, hält Sascha Friedmann eisern seinen Barschrank fest.
    »Gehen Sie einfach weiter, wir sind gleich da!«
    »Aber, aber…«
    »Das geht schon, halb so schlimm.«
    Zum Glück sieht sich Sascha Friedmann gerade selbst nicht.
    Erst vor der Eingangtür stellt er endlich sein neues Möbelstück ab und wischt sich das Blut aus dem Auge. Erst jetzt wird dem Metzger schlecht.
    Und zwar so richtig, tief aus der Magengrube heraus.
    Schuld daran ist nicht das Blut.
    Willibald Adrian Metzger muss sich festhalten und wird erstaunt gefragt: »Ist alles in Ordnung?«
    Sascha Friedmann, der eigentlich Verletzte, drückt sich ein Taschentuch auf die Wunde über dem Auge, während der Metzger nicht weiß, wie ihm gerade geschieht.
    »Geht schon, wahrscheinlich das Blut!«, meint der Restaurator, und seine Beine wanken. Alles wankt, das gesamte auf seiner Wahrnehmung aufgebaute Gerüst der letzten Tage, und das hat mit dem bisserl Blut rein gar nichts zu tun.
    Wahrnehmung heißt ja nicht nur etwas wahrnehmen, sondern auch etwas als wahr annehmen; was nicht gleichzeitig bedeutet, dass das als wahr Angenommene auch tatsächlich wahr sein muss.
    Sascha Friedmann, verdutzt über seinen plötzlich still gewordenen Begleiter, drückt sich immer noch fest sein mit einem schwarz-weiß-grün-braunen Streifenmuster versehenes Taschentuch an die Augenbraue, und folglich baumelt dem Metzger ebenfalls immer noch so unübersehbar dieser braune Stoffzipfel entgegen. Deutlicher ins Auge springen könnten sie ihm gar nicht, die eingestickten Initialen »F. A.«.
    Natürlich könnten sie auch immer noch Ferdinand Anzböck bedeuten, wäre da nicht der herbe Klang dieser schneidenden Hans-Hirzinger-Stimme, die gerade furchterregend im Metzger-Hirn nachhallt: »Und in meinem Haus heißt der Taugenichts, der offenbar gerne ein anderer wäre, auch genau so, wie wir ihn haben taufen lassen, nämlich Alexander!«
    Ein Friedmann Alexander, der sich einen verblichenen, grindigen Schneuzfetzen auf sein Auge drückt, wird sich den wohl kaum bei dem ebenfalls verblichenen Ferdinand

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