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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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den Mond betrifft!«
    »Sondern?«
    Zum Plaudern hat er sich wirklich nicht vors Haus gestellt, schon gar nicht für tiefsinnige Gespräche. Und so lieb sie jetzt auch dreinschaut, in ihrem Blümchenmuster, der Metzger bleibt ihr die Antwort schuldig und wendet sich sinnvolleren Themen zu: »Und, wird es morgen wieder regnen?«
    »Morgen? Morgen wird es so richtig heiß! Da haben Sie ja heute ordentlich Glück gehabt. Der Herr Friedmann hat Sie heimgebracht, nicht?«
    »Was soll man auch anderes machen, den ganzen lieben langen Tag, als seine Hausgäste durch den Küchenvorhang beobachten, nicht?« – genau diese Erwiderung läge dem Metzger jetzt auf der Zunge, aber weil die Frage von Regina Hackenberger ja gar keine Frage ist, sondern ein Ausschnitt ihrer getätigten Beobachtung, bleibt er abermals die Antwort schuldig.
    Unbeirrt davon fährt sie fort: »Fragen Sie doch Herrn Friedmann, so ein netter Kerl ist das, der bringt Sie sicher morgen zur Kuranstalt. Er ist ja eh jeden Tag mit seinem Lieferwagen unterwegs.«
    »Wieso jeden Tag? Wie lang ist denn Herr Friedmann schon hier?«
    »Seit einer Woche. Urlaub macht er bei uns!«
    Und wieder schaudert dem Metzger. Herr Friedmann war längst hier, bevor sein Vater gestorben ist oder, wie er es selbst erklärt hat, bevor es für seinen Vater einfach Zeit war.
    »So, lieber Herr Metzger, ich verabschiede mich. Haben Sie eine gute erste Nacht, und bitte, wenn Sie hineingehen, sperren Sie die Haustür zu. Es ist zwar eine sichere Gegend, aber sicher kann man sich nie sein, nicht?«
    Regina Hackenberger geht schlafen, dem Metzger geht dieser Friedmann nicht aus dem Kopf, und über seinem Kopf, da geht leise ein Fenster zu.
    Sicher kann man sich ja nie sein, nicht?
    16
    D ANJELA D JURKOVIC SCHLÜPFT mit spannenden Neuigkeiten voll Vorfreude auf das zeitige Läuten ihres Weckers unter die Decke. Sie schläft auf Nummer 3.14 tief und fest, in ihrem Sonnenblumenmuster-Restposten-Pyjama eines geschmacklosen Versandkatalogs, begleitet von einem leichten Schnarchen.
    Helene Burgstaller auf Nummer 3.06, ganz am Ende des Gangs, schläft ebenso tief und fest, in ihrer ganzen wohlproportionierten Entblößtheit eines kaum vorhandenen Negligés, ebenfalls begleitet von einem leisen Schnarchen, nur dass dieses Schnarchen nicht ihr eigenes ist.
    Das hat sich irgendwie schon am Vormittag angekündigt, dass da eventuell in naher Zukunft mit einem derartigen Besuch zu rechnen sein könnte. Wie dann allerdings die Einzeltherapiestunde nach dem Abendessen vom Hausherrn höchstpersönlich durchgeführt wurde und dieser nach einer eindrucksvollen Nackenmassage eine völlig neuartige Methode der Behandlung praktizierte, ist der Burgstaller beim anschließenden Notieren ihrer Handy- und Zimmernummer klar geworden, dass so eine nahe Zukunft gewissermaßen in die Gegenwart rutschen könnte.
    »Sind Sie also selbst ein kleiner Schürzenjäger, Herr Professor?«, hat Helene Burgstaller Professor Winfried Berthold wenig später beim Durchschreiten ihrer Einzelzimmertür neckisch zugeflüstert.
    Worauf dieser mit Bernhardinerblick munkelte: »Das passiert mir in all den Jahren nun zum ersten Mal – mhhhmh  –, aber Sie sind einfach unwiderstehlich!«
    Um mit Bernhardinerblick lügen zu können, muss man ja nicht unbedingt Bernhard heißen. Das darauf folgende, nahe am Professorenohr gehauchte: »Winfried, ich freu mich allein über das ›unwiderstehlich‹, vom Rest muss ich nichts wissen!« war natürlich auch gelogen. Dann wurde die Einzelzimmertür versperrt. Erst nach einer erneuten, für Helene Burgstaller dann schon etwas nervenaufreibenden Nackenmassage wurde das Einzelbett endlich dem erwünschten Test unterzogen.
    Jetzt allerdings herrscht auch auf Nummer 3.06 Ruhe, und obwohl die Djurkovic und die Burgstaller zu diesem Zeitpunkt ein friedlicher Schlummer verbindet, ist es ab nun verständlicherweise vorbei mit ihrem solidarischen Bündnis. Zumindest für ein Weilchen.
    Das Kurhotel Sonnenhof also schläft. Beinah. Nur Gertrude Leimböck auf Nummer 3.17 liegt, zu Tode gekränkt, mit offenen Augen in ihrem Bett. Allein. Erniedrigt, vor aller Augen bloßgestellt, lächerlich gemacht und gedemütigt, von diesem läppischen Wicht Ferdinand Anzböck. Was der sich herausgenommen hat, ist unverzeihlich.
    17
    Anton & Ernst – Die Zweite
    Anton: Schläfst du, oder schwimmst du?
    Ernst: Wir schwimmen grundsätzlich, wenn wir schlafen!
    Anton: Also du schläfst nicht. Wunderbar, ich hätte

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