Der Metzger geht fremd
Telefonverzeichnis, der Friedmann, hast du vielleicht recht mit stille Wässerchen, meine kluge Metzger-Meister!« Richtig Spaß macht es ihr, dieses Spiel – bis zum ersten Rückruf.
Schrill klingelt das Telefon, für alle unüberhörbar. Hektisch fummelt die Djurkovic unterm Tisch herum, nicht ohne ihre Gesichtsfarbe der des roten Tischtuchs anzupassen, dann findet sie endlich die richtige Taste, unterbricht das Läuten, hebt den Kopf, und mit dem ersten Blick in den Saal sieht sie ihr in die Augen. Immer noch ziemlich gelassen, mit einer boshaften Note im Gesicht, hat Gertrude Leimböck abermals ihr Telefon am Ohr.
Erneut klingelt es, und die Djurkovic hebt endlich ab. »Wem für solche Spielchen die Intelligenz fehlt, um das eigene Telefon auf Lautlos zu schalten, der sollte wirklich beim Mensch-ärgere-dich-nicht bleiben. Apropos Ärger: Ich würde vorschlagen, weil zufällig gerade die Polizei im Haus ist, wir besuchen jetzt umgehend den Herrn Professor!« Dann wird die Leitung unterbrochen.
Am Tisch knapp neben dem Büfett herrscht Aufbruchsstimmung, die Djurkovic ist bleich und dem Metzger schlecht. Mit auf den Teller gerichtetem Blick meint er: »Jetzt haben wir den Salat!«
Etwas Bedenkzeit wäre hilfreich, die gibt es aber nicht. Da nützt auch das abermalige Klingeln des Telefons nichts, diesmal von einem nicht eingespeicherten Anrufer.
Gertrude Leimböck hat mit einer offenbar frisch rekrutierten Eskorte, bestehend aus zwei gebleichten Blondinen, einer kastanienfarbenen Roten und einer erdigen Braunen, den Tisch erreicht, an dem die Danjela und der Willibald noch immer nach Luft ringen. In forschem Ton gibt sie das Kommando: »Gehen wir?«
Und weil da jetzt am Tisch nicht unbedingt die rechte Aufbruchsstimmung aufkommen will, setzt sie fort: »Wir können die Herren des Gesetzes auch herholen, wenn Ihnen das lieber ist! Blöde Sache, nicht?« Vor dem inneren Auge des Willibald erscheint Regina Hackenberger.
Wortlos erhebt sich die Djurkovic und setzt sich in Bewegung. Als wäre der ebenfalls aufgestandene Metzger gar nicht anwesend, drängen sich die Schlachtschiffe der Leimböck-Flotte an ihm vorbei, umzingeln ihr Opfer, von dem sie wahrscheinlich gar nicht wissen, warum es überhaupt ihr Opfer ist, und schwanzeln wichtigtuerisch in Richtung Berthold-Büro.
Auf dem Gang bleibt die Djurkovic abrupt stehen. Ein kleiner Auffahrunfall zwischen der kastanienfarbenen Roten und der erdigen Braunen leitet ein heftiges Gekeife ein, welches die Djurkovic überraschend selbstbewusst zur Leimböck gewandt unterbricht: »Müssen wir reden!«
»Sicher nicht. Was soll ich mit Ihnen reden?«
»Na, reicht es wahrscheinlich auch, wenn nur ich rede mit Ihnen! Denk ich aber, ist besser ohne weibliche Zuhörer!«
»Denken? Aha! Und er?«
»Er weiß schon!«
Die Leimböck deutet ihrer Gefolgschaft, ein paar Schritte zur Seite zu treten.
Was kommt jetzt?, fragt sich der Metzger. Seiner Danjela traut er mittlerweile alles zu.
Aufmerksam hört er ihre Worte: »Gehörst du deine Fische vorgeworfen zum Fraß – nicht wahr!«
Jetzt weiß er, was kommt, der Metzger.
»Kann ich mich gut erinnern an große Krach gestern samt bedenkliche Wortlaut, so wie andere Zuhörer sicher auch. Und kann ich mich gut erinnern an Anzböck-Bemerkung über ein Friedmann-Techtelmechtel. Dummer Zufall, was passiert ist mit Anzböck heute. Oder doch nicht Zufall? Schaun Sie, hab ich dazu noch Ihre Nummer auf Friedmann-Telefon mit Anrufliste und Nachricht auf Mobilbox. Was glauben Sie, für wen ist Besuch bei Polizei wirklich blöde Sache?«
Gertrude Leimböck kocht, und beim Metzger kommt der Appetit zurück.
»Würd ich sagen, geh ich jetzt mit meine Mann in Ruhe auf eine Kaffee, und Sie kümmern sich, wenn sein muss mit Ihre Damen, auch um Kaffee – um Ihre eigene!«
Dann kehrt die Djurkovic der völlig verdutzten Leimböck den Rücken und begibt sich erhobenen Hauptes auf den Weg zurück in den Speisesaal. Der Metzger muss sich Mühe geben, um vor lauter Staunen nicht den Anschluss zu verlieren.
»Na, mit dir möchte ich mich nicht anlegen!«, keucht er seiner Danjela hinterher.
»Möchte ich dir auch nix raten!«
»Und was für eine Leimböck-Nachricht ist beim Friedmann auf der Mailbox?«
»Weiß nicht, war taktische Lüge!«
Trotz ihres Lächelns übersieht der Metzger nicht die Ernsthaftigkeit in ihrem Blick: »Weißt du, Willibald, hab ich jetzt schön langsam bisserl Respekt vor kommende Tage hier allein. Wäre
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