Der Metzger geht fremd
es mittlerweile auch ein Ladegerät gibt, denn eine der »saublöden Rezeptionstussis«, wie Frau Eisler am Vorabend die Empfangsdamen so charmant bezeichnet hatte, hat sich in Gegenwart der in aller Herrgottsfrüh vergnügt vor ihr stehenden Danjela alles andere als blöd erwiesen: »Da könnten Sie Glück haben. Ich hab vor einiger Zeit die vergessenen Ladegeräte zu sammeln begonnen, glauben Sie mir, da ist schon ganz schön was zusammengekommen!«
Eine Schuhschachtel landete auf dem Tisch, der Metzger als penibler Schuhschachtelsammler hätte seine Freude gehabt, und in Sekundenschnelle hatte Fräulein Sandra, wie das Schildchen auf ihrem weinroten Hosenanzug verriet, den passenden Stecker in ihrer schlanken Hand: »Vergessen Sie ihn einfach im Zimmer, wenn Sie abreisen!«
»Du hast also auch noch ein Handy geklaut. Was im Vergleich zu deinem Einbruch ja durchaus als Kleinigkeit zu werten ist!« Der Metzger ist verzweifelt.
»Hab ich gefunden! War in Friedmann-Zimmer unter Bett, brauchst du nicht noch einmal schimpfen!«
»Und, was bitte machst du jetzt mit diesem Telefon?«
»Abwarten!«, ist das letzte Wort der mittlerweile im Minutentakt gähnenden Danjela. Und nachdem der Metzger diese Anweisung wörtlich nimmt, weil ihn die besorgniserregende Einsicht erfüllt, dass bei seiner Danjela gute Ratschläge nur sinnlose Turnübungen sind, erfüllt bald ein von der rechten Bettseite kommendes genüssliches Gurgeln den Raum.
Es ist kurz vor Mittag. Und obwohl im Nebenzimmer 3.15 das Mittagsgebet, treffend bezeichnet als die Sext, ausfällt, wird dem Metzger die mittlerweile bekannte Anrufung des Herrn noch ein Weilchen verfolgen.
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E IN K AMPF AM B ECKENRAND . Eine kräftige Hand drückt seinen Kopfüber die Kante, die Wasseroberfläche kommt immer näher, dann taucht sie ein, die rechte Wange. Der Metzger schreit.
»Och, meine Willibad! Hast du gut geschlafen, aber schlecht geträumt?«
Es ist fünfzehn Uhr, die nassen Haare mit einem Handtuch turbanartig hochgeschlagen, kommt die Djurkovic frohgemut aus der Dusche, ganz im Gegenteil zum Metzger, der aufrecht und niedergeschlagen im Bett sitzt. Die rechte Gesichtshälfte fühlt sich feucht an. Die Speichelreste im rechten Mundwinkel und ein Blick auf das Kopfkissen verraten ihm, warum.
»Was glaubst du, wie geht es Zusanne mit Edgar?«
»Genau jetzt muss sie nach ihrem sabbernden Hund fragen«, denkt sich der Metzger, »genau jetzt.«
Gebeugt schleppt er sich an der erschreckend gut gelaunten Danjela vorbei zum Waschbecken. Wenn so ein Nachmittagsschlaferl den Rahmen der erholsamen zehn Minuten sprengt, hinterlässt diese Sprengladung zumeist ein dermaßen zerknittertes Äußeres, als hätte man am Mittagstisch anstelle der Nachspeise ein paar Hochprozentige gekippt. Erst nachdem sich der Metzger mit einer eiskalten Kopfspülung auf eine halbwegs vertretbare geistige Betriebstemperatur gebracht hat, beantwortet er die ausständige Frage: »Wie es Zusanne mit Edgar geht, wolltest du wissen? Vielleicht ist es besser zu fragen: Wie geht es Edgar mit Zusanne? Nachdem ich mich aber wetten trau, dass garantiert der Wollnar auf ihn aufpassen muss, kannst du beruhigt sein. Der Hund hat alles, was er braucht: was zum Fressen und wen zum Gassigehen!«
Und recht hat er, der Metzger, denn während er da an der Seite der eigentlichen Hundbesitzerin dem Wohlleben frönt, rennt der Hausmeister Petar Wollnar treuherzig einem hechelnden Wollknäuel hinterher. Nur ein paar Tage wollte sich die Danjela kleinlaut von ihrer Freundin Zusanne Vymetal erbitten: »Weißt du, weil meine Willibald steht Arbeit bis über Kopf!« Wozu sind Freundinnen auch da.
»Kein Problem, das mach ich schon«, war die erwartet liebenswürdige Antwort. Das »kein Problem« hat ja auch wirklich gestimmt, das »ich« allerdings nicht. Mit dem Hund durch die Gegend rennen darf nämlich der Wollnar. Was soll man machen, wenn einem das Herz am rechten Fleck schlägt?
Während dem Metzger nun auffällt, wie sehr ihm der Magen knurrt, beschließt seine Danjela: »Ist eigentlich ziemlich gute Idee, Fressen und Gassigehen!«
Im Restaurantbereich herrscht eine Drängelei, als stünde Fastenbrechen ohne Aufbautage auf dem Programm. Esist Nachmittagsjausenzeit. Wenn man das Mittagessen verpasst hat, kann einen allerdings selbst so ein Getümmel nicht abschrecken. Gekonnt windet sich die Djurkovic durch die Menge: »Suchst du Platz, hol ich Futter!«
Bei »Futter« erntet sie naturgemäß einige
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