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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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»Waren zusammengeknüllt zu kleine Fußbälle! Schaust du, ist so schöne Schrift für eine Mann, so kunstvoll geschwungene M und feine A, und schau mal diese lustige Schlauferl bei G!«, was beim Metzger keineswegs zu irgendeiner Form der Erheiterung beiträgt, ganz im Gegenteil. Sein nicht enden wollendes Kopfschütteln entlockt der Djurkovic dann ein: »Mit dem Gewackel schaust du aus wie komische Plastikhund auf Autorückbank!«
    Worauf der Metzger meint: »Besser ein Plastikhund auf der Rückbank als ein Djurkovic-Erinnerungsbildchen am Rückspiegel!«
    Bei Rückspiegel fällt dem Willibald still und heimlich ein:
    •   Es gibt also ein am Nachmittag des Vortags vom Friedmann-Sohn geräumtes Zimmer und einen am Spätnachmittag vom vermutlichen Sohn durchgeführten Metzger-Rettungstransport. Komplett durchnässt ist er da im Kastenwagen gesessen, mit Blick in den Rückspiegel und somit auf die gigantische Ladefläche samt diversen Werkzeugen und dem dunkelbraunen Lederkoffer. Es könnte also der Koffer aus August-David Friedmanns geräumtem Zimmer gewesen sein und der in der Pension Hackenberger untergebrachte Herr Friedmann junior wirklich Xaver Friedmann heißen.
    •   Und schließlich gibt es noch diesen Ring samt schmerzerfüllten Schreien, der Gravur » August-David, 1.4.1974« und dem Djurkovic-Kommentar: »Da war Ehefrau aber ziemlich glücklich wegen katholische Scheidung durch Tod!«
    Und weil ihr geliebter Willibald ohnedies schon grantig und schweigsam ist, bringt sie frohen Mutes gleich den nächsten Punkt aufs Tapet: »Schau, hab ich wo gefunden Taschentuch. Könnte fast sein von dir!« Seelenruhig zaubert sie dieses Musterstück an Geschmacklosigkeit hervor.
    »Und, wo ist das jetzt her?«, fragt der Metzger resignierend und setzt nach einer weiteren heldenhaften Erzählung seiner Danjela sarkastisch fort: »Also nur ein Duscherl unter freiem Himmel, weil es im Sonnenhof ja kaum fließendes Wasser gibt! Na, da bin ich ja beruhigt!« Dann entscheidet er sich zur Rückkehr vom Kriegspfad, was soll er auch jetzt noch ändern, und betrachtet das Taschentuch: »Riecht ein wenig chemisch?«
    Danjela Djurkovic hat ihn also bezwungen, den berechtigten Ärger ihres Willibald, mit der diesbezüglich wirksamsten Nahkampfwaffe: unbekümmert weiter lieb sein.
    »Na bitte. Friedmann hat also bekommen seine Betäubung vor letzte Tauchgang!«
    »F.A.!«, liest der Metzger vor. »Jetzt bräuchte man halt eine Liste aller im Haus anwesenden Personen!«
    »Liste? Brauch ich nicht!«, meint die Djurkovic, und ein kindlicher Stolz ist ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Und?«, fragt der Metzger ungerührt.
    »Weißt du noch, gestern, Streit zwischen Leimböck und…?«
    »Und was?«
    »Na, wie heißt Hausmeister?«
    Die Djurkovic-Augen leuchten, und obwohl der Metzger längst weiß, wovon die Rede ist, will er, wohlerzogen, wie er ist, seiner Danjela die Pointe nicht nehmen: »Keine Ahnung!«
    »Na, Hausmeister heißt Ferdinand Anzböck!«
    Erstaunen legt sich, so gut es geht, aufs Metzger-Gesicht: »Tatsächlich? F.A., Ferdinand Anzböck. Gut, der könnte problemlos alles auf- und zusperren, Fenster aufund zumachen, Wasser wegwischen. Nur, warum soll er einen Gast umbringen?«
    Die Djurkovic hat mittlerweile richtig rote Backerln bekommen: »Vielleicht wegen Leimböck. Hat Anzböck doch im Streit was gesagt über Friedmann und Leimböck. Dreieckgeschichte!«
    »Dreiecksgeschichte. Aber mit nur mehr einem Eck. Immerhin lebt bloß noch die Leimböck.«
    »Schau, Willibald, ist alles ganz einfach: Anzböck und Friedmann sind, warum, weiß nur Geschmacksverwirrung, scharf auf Leimböck. Anzböck tötet Friedmann. Leimböck tötet deshalb Anzböck!«
    »Ich weiß schon, du magst sie nicht, die Leimböck.«
    »Nein, aber ist trotzdem gute Theorie, oder? Wenn dir nicht gefällt, gibt es auch andere Möglichkeit: Anzböck tötet Friedmann, fällt Gerechtigkeit zum Opfer und fällt deshalb, ein bisserl von Gerechtigkeit gerempelt, unglücklich in Becken! Fall erledigt!«
    Und damit hört der Metzger zum ersten Mal etwas Erfreuliches: »Abgemacht, Danjela! Fall erledigt. Ferdinand Anzböck war eifersüchtig, hat den Friedmann beseitigt und ist, vom Herrgott gerempelt, ins Becken gestürzt.
    Das heißt, du gibst dich mit diesem Wissensstand zufrieden und deinen Frieden!«
    »Mach ich mir aber noch ein wenig eine Gaudi!«
    Ein verschmitztes Lächeln streift über ihr Gesicht, und dabei zückt sie es: das Mobiltelefon, zu dem

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