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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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wahrscheinlich am besten, wenn fahr ich wirklich mit nach Hause!«
    »Liebe Danjela! Ich denke, du hast mich falsch verstanden. Die Option zu bleiben hast du ja gar nicht.«
    Wenn er sich da nur nicht täuscht, der Willibald! Die Danjela fühlt sich jedenfalls geschmeichelt. So schön kann Bevormundung sein.
    Es geht aber auch anders. Denn kaum, dass die Djurkovic abermals Platz genommen hat, klopft ihr, während diesmal der Metzger in kulinarischen Angelegenheiten unterwegs ist, von hinten Fräulein Sandra von der Rezeption auf die Schulter: »Frau Djurkovic? Hab ich mir das richtig gemerkt?«
    Nach Erhalt einer freundlich zurückhaltenden Bejahung setzt sie fort: »Der Herr Professor hätte Sie gerne gesprochen!«
    Der Metzger wird informiert, und wie es aussieht, wird er heute um einige Gramm leichter werden.
    »Mhhhmh –  Frau Djurkovic.«
    »Ja?«
    »Sie sind also neugierig?«
    »Was meinen Sie?«
    »Sie wissen, was ich meine.«
    »Nein, ich weiß nicht.«
    »Sie wissen es also nicht –  mhhhmh? Frau Djurkovic, ich hab Sie gesehen.«
    »Wie?«
    »Kniend, neben dem Bett! Ich weiß, dass Sie im Zimmer von Herrn Friedmann waren und wie Sie dort hineingekommen sind, ich weiß nur nicht, warum. Der Polizei hab ich noch nichts erzählt –  mhhhmh. Wir reden hier, was Sie betrifft, von Einbruch, ist Ihnen das klar? Ich nehme zwar nicht an, dass Sie da irgendwie mit drinstecken, außer mit Ihrer neugierigen Nase, trotzdem –  mhhhmh  –, Sie haben da Grenzen überschritten. Also, was haben Sie im Zimmer gesucht, und was haben Sie gefunden?«
    Jetzt weiß die Djurkovic ausnahmsweise nicht, was sie sagen soll. Sie sitzt in ihrem Mahagonisessel mit Blick auf den Eisenbahnerglaskasten und denkt sich: Muss ich wieder auf Schiene kommen! Dazu wählt sie folgende Strategie: »Sagen Sie mir, warum Sie zu so frühe Stunde waren einfach so in Friedmann-Zimmer, sag ich Ihnen, was war Interessantes in Mistkübel!«
    »Stellen Sie jetzt die Bedingungen? In meinem eigenen Haus? Ich kann in jedes leere Zimmer gehen, einfach so, egal um welche Uhrzeit. Kann es sein, dass Sie die Situation etwas falsch einschätzen? Ich habe, wie gesagt – mhhhmh  –, der Polizei noch nichts erzählt. Die Betonung liegt hier auf noch!«
    Die Djurkovic schaut betreten zu Boden, als säße sie wie einst, nachdem sie dreizehnjährig mit ihrer um zwei Jahre älteren Freundin Svetlana auf dem Mädchenklo beim Rauchen einer Selbstgedrehten erwischt worden war, vor ihrem Direktor. »Aber …«
    »Nichts aber, Frau Djurkovic!«
    Ein mitleidiges Schmunzeln huscht Professor Berthold über das Gesicht: »Also meinetwegen, ich zuerst. Das ist nämlich ganz leicht erklärt –  mhhhmh . Frau Friedmann, mit der ich natürlich wegen des Todesfalls ihres Mannes einige Male telefonieren musste, hat sich gestern spätabends aufgeregt zu mir durchstellen lassen, weil sie ihren Sohn nicht erreichen konnte. Sie wollte wissen, ob er wie ausgemacht das Zimmer geräumt hat. Ich hab versprochen, nachzusehen und sie zurückzurufen. Leider ist mir aber gestern noch einiges dazwischengekommen –  mhhhmh. Tja, und da ich ein Morgenmensch bin und das natürlich umgehend erledigen wollte, hab ich gleich in aller Früh einen Blick in Zimmer 3.12 geworfen und –  mhhhmh –  meinen Augen nicht getraut. Das ist alles. Nicht sehr spektakulär. So, Frau Djurkovic, jetzt bitte Sie!«
    Es folgen eine ausführliche Djurkovic-Entschuldigung über den durch Neugierde und Stöbersucht hervorgerufenen eigenhändig bewilligten Besuch im Friedmann-Zimmer, die Schilderung der Ordentlichkeit der Räume und des daraus resultierenden nicht vorhandenen Diebesguts und, ganz spontan, die Beschreibung eines – ja, eines -im Papierkorb gefundenen versuchten Schreibens des Vaters an seinen Sohn. Irgendetwas muss ich ihm ja erzählen, denkt sich die Djurkovic, ist ja ohnedies egal, denn die Briefe hat sie selbst, und die Papierkörbe des Zimmers sind längst geleert – der Professor kann also nicht einmal nachsehen gehen.
    »Und Ihr Resümee?«
    »Glaub ich, war keine Verbrechen!«
    »Gut –  mhhhmh. Heißt das, Sie lassen uns jetzt mit Ihrer Neugierde in Frieden?«
    »Ja, und zwar absolut.«
    »Absolut heißt für mich und für Sie: Sollte ich Sie die nächste Zeit hier noch einmal herumschnüffeln oder Ihre Mord-und-Totschlag-Theorien verbreiten sehen, dann seh ich mich gezwungen –  mhhhmh  –, über Ihr Verhalten mit der Polizei zu reden. Ich sprech diesen

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