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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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aufgebrachter, in der Ehre verletzter Polizist mit Rachegelüsten gegenüber den Ultras. Der Zufall führt oft seltsame Regie.

    Zu später Stunde hat sie noch ein jammernder Stefan Kreuzberger angerufen.
    Er stünde unter Verdacht, Kwabena Owuso ermordet zu haben, per SMS sei ihm das durch Karl Hohenecker aus einer WC-Zelle im Stadion mitgeteilt worden, während die Polizei gerade konzentriert die Spielergarderobe durchwühlt hatte. Ob er irgendwann einmal vorbeikommen könne, wenn er ein Plätzchen zum Untertauchen bräuchte, zwecks Lage-Aussondierens. Unbedingt, hat sie gemeint. Unbedingt, weil sie ihn dann, so wie sie vorhatte, gar nicht suchen gehen muss.

    Stefan Kreuzberger, diese Ausgeburt an Roheit, da musste ihr Auftraggeber und Verbündeter schon eine Menge springen lassen, damit ihr eine derartige Selbsterniedrigung auch überwindbar erschien.
    Es war dann jedoch ein leichtes Spiel, den Plan betreffend. Nur ein kleines Signal in Richtung Kreuzberger, ein Owuso-Foto auf ihrem Nachtkästchen, ein Owuso-Leibchen in ihrem Bad, ein vorgetäuschtes Telefonat, und schon war sie sich der ehrgeizigen Zuwendung des zweiten Tormanns, eigentlich des Einsergoalis, absolut sicher. Geht ja nicht, dass Kwabena Owuso etwas Schöneres, Edleres besitzt als Stefan Kreuzberger und vor allem etwas scheinbar nicht zu Erreichendes.
    Somit hatte sie die beiden, wie sehr ihr diese Umschreibung gefiel, an den Eiern. Stefan Kreuzberger mit seiner Ich-, Vorteils- und Geltungssucht, Kwabena Owuso mit seiner Suche nach Heimat, mit seiner Liebe.
    Liebe macht blind, das gilt auch für die Geltungssucht. Kein Wunder, die beiden strotzen nur so vor Ähnlichkeiten, Gott muss sie im selben Atemzug erschaffen haben. Beiden geht es ums Gefallenwollen, um Anerkennung, um den Kuss von der anderen Seite, um die Erwiderung der vergebenen Zuwendungen.
    Der Unterschied liegt darin, dass das Objekt der Zuwendung vom verliebten Mann bei Weitem mehr profitiert als vom geltungssüchtigen.
    Zweiterer nimmt nur, darum dreht sich seine Welt.
    Verliebte Männer hingegen fressen den Weibchen aus der einen Hand, soviel zum Nehmen, während sie in die andere aufgehaltene Hand hineinstopfen, was nur geht: erlesene Geschenke, Zeit und einmalige Kreativität, einmalig im wahrsten Sinn des Wortes, weil so kreativ wie am Höhepunkt der Verliebtheit wird ein Mann in weiterer Folge nie wieder sein. Dieses Hineinstopfen, kurz genannt Aufmerksamkeit, ist nun von erbärmlich vergänglicher Natur. Folglich gilt es, schleunigst die Früchte zu ernten, sobald sie reif sind.
    Kwabena Owuso war wirklich verliebt, wie grausam schön!
    Wahrscheinlich war diese Verliebtheit auf dem besten Weg in Richtung Liebe, während er von der erwiderten Aufmerksamkeit erfüllt und mit diesem einzigartigen Geschmack im Mund nach der Pause auf sein Tor zusteuerte, wahrscheinlich war er deshalb so taub gegenüber den Zurufen während der ersten Halbzeit, wahrscheinlich hat er keine Sekunde geahnt, was mit ihm passiert. Das allerdings findet sie schade, einen Funken Klarheit vor dem nahenden Tod hätte sie ihm schon gewünscht.
    Diese erwiderte Aufmerksamkeit nun, diese Zuwendung der Art, ich sorge für dich, dieser mütterliche Stich ins männliche Herz, ist ihm im wahrsten Sinn des Wortes mehrfach ans Herz gegangen: Wie sich Kwabena Owuso gefreut hat, als sie ihm vor seinen Augen am Morgen dieses finalen Spieltages eine Trinkflasche mit einem von ihr gemixten Energietrunk, wie sie es nannte, in seine Sporttasche steckte.
    „Unbedingt erst in der Pause trinken, die zweite Halbzeit ist die wichtigere!“, hat sie ihm liebevoll ins Ohr geflüstert, zärtlich übers Gesicht streichend.
    Kwabena Owuso hat sie angestrahlt, dankbar und ergeben.

25
    Der erste Weg des Tages führt Willibald Adrian Metzger mit gehetztem Schritt in die Apotheke.
    Oder eigentlich in Apotheken.
    Vor dem Eingang der Ersten läuft der Metzger nervös hin und her und wartet, bis durch die große Glasscheibe nur noch so wenige Kunden im Inneren des Verkaufsraumes zu sehen sind, dass ihm das Stellen seiner Frage nicht allzu peinlich erscheint. Ist natürlich ein Irrtum, je weniger Leute desto leiser, und je leiser, desto besser die Verständlichkeit.
    Am liebsten wäre ihm klarerweise eine leere Apotheke, er allein mit einem Pharmazeuten. Nur, wann ist eine Apotheke bitte schon leer, außer sie hat geschlossen? Apotheker hätte ich werden müssen, grübelt der Metzger und betritt dieses so einzigartig duftende, bestens

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