Der Metzger sieht rot
Apotheke.
„Na, da sehen Sie, wie gut Ihr Humor ankommt!“, meint er schmunzelnd zu Erwin Kolaritsch.
„Wer nicht lachen kann, dem ist ohnedies nicht zu helfen, sag ich Ihnen, da nutzen auch Medikamente nichts!“, antwortet dieser, gesellt sich vergnügt zu Agnes Brunner, und dann erfährt der Metzger, was er eigentlich gar nicht wissen wollte.
„Wenn Sie bei homöopathischen Arzneien nach dem Grundsatz handeln ,Viel hilft viel‘ und ,Je häufiger eingenommen, desto schneller werde ich gesund‘, kann das ein wenig in die Hosen gehen. Sie nehmen da nämlich, was das Aconitum betrifft, im Grunde ein Gift, das minimal dieselben Folgen hervorruft wie die Krankheit, gegen die es gedacht ist. Wissen Sie, und durch dieses Ministamperl informieren Sie Ihren Körper quasi im Vorhinein. Das funktioniert wie ein Alarmsignal, sozusagen: Achtung, da ist Feuer am Dach, und jetzt lass dir was einfallen, Körper, weil dieses Ministamperl ist nur die freundliche Vorhut. Und wenn der Körper noch nicht gänzlich vertrottelt ist, lässt er sein Heer aufmarschieren, noch bevor die Krankheit so richtig zuschlagen kann. Ein einfaches Beispiel: Haben Sie heftigen Fließschnupfen mit wässrigen Augen, bietet die Zwiebel, Allium cepa, das ähnlichste Arzneimittelbild. Na, dann werden Sie Allium cepa D6 bis D12 Globuli nehmen, alles klar?“
„Und wenn ich zu viel nehm?“, wiederholt der Metzger die Frage.
„Ist das auch kein großes Problem. Und selbst wenn es viel zu viel ist, landen Sie nicht unter der Erde, sondern nur im Bett. Der Körper ist nämlich mit dem Viel-zu-Viel schon überfordert, braucht dafür seine ganze Maschinerie, und die vorliegende Krankheit kann sich im Hintergrund genüsslich ausbreiten. Das ist so ähnlich wie im Fasching. Da machen auf der einen Seite die geschminkten Narren Wirbel bis zur Besinnungslosigkeit, und im Hintergrund beschließen andere Narren ungeschminkt folgenschwere Gesetzesänderungen, Steuererhöhungen und Pensionskürzungen. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir im Fasching auch tatsächlich zum Narren gehalten und die härtesten politischen Entscheidungen getroffen werden?
Aber machen Sie sich jetzt einmal keine Sorgen, das gilt für die Staatsführung genauso wie für die Globuli: Zum Sterben ist’s zu wenig.
Ist übrigens eine unserer giftigsten Pflanzen, der Blaue Eisenhut. Einer griechischen Sage zufolge ist er direkt aus dem Speichel des Höllenhunds Cerberos gewachsen. Herkules musste das arme Viecherl in seiner zwölften Aufgabe lebendig vor Eurysteus antanzen lassen, wie einen Zirkushund. Das hat dem Cerberos klarerweise nicht sehr geschmeckt, und als Andenken, bevor er wieder in seine Unterwelt zurückgebracht wurde, hat der Hund als Symbol seiner Wut seinen Geifer fallen lassen, im Klartext, er hat ordentlich gesabbert, woraus wie gesagt der Eisenhut entstanden ist.
Für eine ausgewachsene Vergiftung bräuchten S’ schon ein Stamperl von der Reinsubstanz. So viel Kugerln, als effektive Wegzehrung in den Hades, können S’ nämlich gar nicht schlucken.
Eine Aconitin-Reinsubstanz allerdings, die haben wir hier nicht. Die gibt es nur in auf Homöopathie spezialisierten Apotheken, und die führen die hochkonzentrierten Substanzen ausschließlich, um daraus Medikamente herzustellen und nicht zum Verkauf.“
Mittlerweile hat sich die Apotheke wieder gut gefüllt, und Erwin Kolaritsch kehrt an die Seite der nun schwer beschäftigten Agnes Brunner zurück, an die Kundenfront, mit dem Abschiedsgruß „Alles Gute beim Schwiegermutter-Vergiften!“, den abermals keiner der Neuankömmlinge lustig findet.
Der Metzger vielleicht ein klein wenig, zu wenig allerdings, um in Anbetracht der Überdosis Eisenhut, die da mit Sicherheit in seinem Körper ihr Unwesen treibt, wenigstens geringfügig zum Schmunzeln zu kommen.
Bis hinaus schafft er’s allerdings nicht, ohne im Türrahmen noch vom Apotheker Kolaritsch ein Scherzerl mit auf den Weg zu bekommen:
„Müssen S’ ihr auf jeden Fall einen Doppelten einschenken, damit sich das schwiegermuttertechnisch auch richtig auszahlt! Kleiner Tipp: Homöopathie Spezialapotheke Schneider, ganz in der Nähe, brauchen S’ nur die Straße entlang stadtauswärts gehen, die hat alles. Einbrechen müssten S’ halt, weil im Verkauf werden S’ Ihr Mittelchen nicht bekommen!“
Schneider gibt es wie Sand am Meer.
Aber wie gesagt, Zufall, die Gerechtigkeit des Himmels, ganz im Gegenteil vom Schicksal, dem Plan des Himmels. Obwohl in diesem
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