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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Metzger würde dieses Elend nicht registrieren, zu sehr ist er mit seinen Gedanken bereits bei Danjela im Zimmer.
    Er klopft, obwohl er weiß, dass er keine Antwort erhalten wird.
    Doch das gebietet ihm die Höflichkeit.
    Als würde ihm das Herz davonlaufen wollen, so beschleunigt sein Inneres jedes Mal, bevor er ins Zimmer tritt. Und dann trifft er ihn wie eine Keule, der Schmerz dieses Anblicks.
    Heute allerdings lassen die Ereignisse der vergangenen Nacht, der Tod im Nebenzimmer, die Niedergeschlagenheit des Johann König, dem Schmerz weniger Raum.
    Beim Eintreten ins Zimmer registriert der Willibald mit einer gewissen Form der Demut die eigenständige, lebensbejahende Bewegung des Brustkorbs seiner Danjela Djurkovic, und es kommt ihm so vor, als hätte er nach seinem „Guten Morgen, Danjela!“ aus ihrer Richtung ein leichtes Seufzen vernommen.
    Es kommt ihm so vor.

27
    Georg Schneider hat sich gewunden wie so mancher Bankmanager anlässlich der eigenen vergrößerten Ablichtung während einer der unzähligen Dienstreisen in den Osten, die Karibik oder Indonesien, die dem Betrachter offenbart, dass die Bankangestellten dieser Länder anscheinend spärlich bekleidete junge Mädchen sind und Geschäftsgespräche vorwiegend in waagrechter Position durchgeführt werden.
    Das Winden hat dem Schneider aber weit weniger genützt wie den Bankangestellten die Bereitschaft, die Finanzierung dieser Dienstreise doch selbst zu übernehmen und noch zusätzlich ein paar Begleiter zu verraten.
    Abgesehen davon, dass ja der Schneider überhaupt nicht bereit war, irgendeinen Namen zu nennen, außer Pospischill. Zumeist in Kombination mit: Trottel, Vollidiot, bestechliches Schwein, da war es aus mit der schönen Sprache. Das Letzte hat der Kommissar dann nicht ganz verstanden, weil von bestechlich kann ja nicht die Rede sein. Mehr Beweise gingen ja schon gar nicht mehr, hat der Pospischill dem Schneider dann gelassen erklärt, egal, ob er als gebildeter Szenelokalbesitzer nun keine Ahnung haben will, wie der Apothekenschlüssel in andere Hände hätte geraten sollen, wenn er ihn doch immer bei sich trägt, ganz zu schweigen vom handfesten Alibi.
    Denn das Einzige, was am Alibi handfest wäre, sei die Gewaltbereitschaft jener, auf denen sich dieses Alibi aufbaue. Und deshalb stünden diese Herren, da musste der Pospischill dann ein Grinsen aufsetzen, das der Schneider nie wieder vergessen wird, alle selbst unter Verdacht der Mittäterschaft.
    Da wäre kein Alibi fast besser.
    Spätestens, wenn im Gerichtssaal die eigenen von Grund auf ehrlichen Eltern enttäuscht bestätigen werden, dass es ihrem Sohn mit dem Schlüssel theoretisch jederzeit möglich gewesen ist, in die Apotheke zu gelangen, wird der Schneider aufhören, sich zu winden. Von der eigenen Familie im Stich gelassen zu werden, erzeugt eine Lähmung, da ist es schon egal, wo man eingesperrt wird.
    Oberst Reinfried Jung fand logischerweise kein Lob für diese rasche Fallaufklärung. „Finden S’ den Kreuzberger, dann können S’ feiern!“, schmetterte er schroff ins Telefon.
    Ganz sicher war sich der Pospischill dann nicht, ob er bei seinem Spontankommentar „Arschloch“ den Hörer schon richtig aufgelegt hatte.
    „Gehen wir den Kreuzberger suchen!“, waren dann seine letzten Worte im Büro. Die wird er die nächsten Tage noch oft wiederholen.

    Nichts hasst der Pospischill mehr, als sinnlos in der Gegend herumzufahren und jemanden zu suchen. Vor allem dort, wo jeder Schwachkopf weiß, dass die gesuchte Person garantiert nicht zu finden sein wird. Bei Freunden, in Stammlokalen und in der eigenen Familie.
    Wobei ihm da die Begegnung mit Jasmin Kreuzberger und ihren zwei kleinen Kindern schon unter die Haut ging. Noch nie hatte er eine so dermaßen bekümmerte Gestalt gesehen wie Jasmin Kreuzberger. Eine perfekte Komposition aus Traurigkeit, angefangen bei den hängenden Lidern, hängenden Schultern und an den Rockzipfel hängenden Kindern, endend in den roten Bambi-Plüschhausschuhen. Eine schöne Frau, durchaus, aber gerade diese stille Traurigkeit hatte es dem Pospischill, Ehemann der ewig schnatternden Trixi Matuschek, angetan. Und wie Jasmin Kreuzberger, wahrscheinlich von derselben Empfindung überwältigt, mit sanftem Stimmchen erklärte, sie wisse nicht, wo der Stefan sei, abgesehen davon, dass er sowieso meistens nicht vor drei und vier Uhr morgens nachhause komme und nach dem Frühstück gleich wieder fahre, hat er es ihr auch geglaubt, der Pospischill,

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