Der mieseste aller Krieger - Roman
so war es uns überhaupt möglich, glücklich zu sein. Am Tag unserer Verlobung tanzten die Leute ausgelassen, und auch Alzamora erschien mit einem teuflischen Grinsen auf den Lippen im Haus meiner künftigen Schwiegermutter. Er sah mich an, als hätte ich nichts mit der Sache zu tun, undgab meinem Mädchen einen Zettel in die Hand. Es ging um die Bedingungen, die wir für die Hochzeit erfüllen mussten.
»Bestimmt will dieser Pfaffe Geld«, sagte ich zu ihr.
»Na logisch, er muss ja die Kirche unterhalten.«
»Er sollte es sich bei den Engländern holen.«
»Schon. Aber wer wirklich Geld hat, geht nicht zur Messe.«
»Ein reines Theater, das Ganze.«
Petronila beharrte mir gegenüber jedoch auf der Wichtigkeit der Kirche. Einmal erklärte sie mir, ihr sei klargeworden, dass alle Menschen in gewisser Weise erbärmlich seien, und deshalb fühle sie sich irgendwie schuldig.
»Was kannst du denn dafür?«, erwiderte ich. »Wenn du willst, machen wir ein Freudenhaus auf, damit die Kerle, die dir immer Komplimente machen, sich nicht so einsam fühlen.«
Als ich ihr das vorschlug, dachte ich nicht im Traum daran, dass ich zwanzig Jahre später das Arche Noah führen würde. Sie errötete und prustete dann los. Und mit einem Mal ließ sie sich von der Atmosphäre, die uns umgab, hinreißen und bat mich, unsere Unschuld zu opfern. Ich vergaß in dem Augenblick, was ihr der Satan angetan hatte, und wurde verlegen angesichts ihrer Direktheit. Da ich in diesen Dingen keinerlei Erfahrung hatte, dachte ich, ich könnte ihr weh tun. Wir hatten zwar gelegentlich unsere Knutschereien, aber zu mehr war es nie gekommen.
Laut Petronila war unsere Liebe gegen alles gefeit, trotzdem war ich in jenen Tagen von Angst erfüllt und gestand ihr meine Sorge jedes Mal, wenn ich unser wurmstichiges Haus verlassen musste, um zum Fischen zu gehen.
»Wenn das nicht aufhört, Samu, sollten wir lieber von hier wegziehen. Du weißt doch, dass ich mit dir gehe, wann immer du es sagst.«
»Ja, sobald wir verheiratet sind und ein wenig Geld zusammengespart haben, gehen wir. Ich will so weit wie möglich fort von diesem Schurken.«
Wenn ich mit meinem Fischkarren loszog, verabschiedete mich Petronila mit einem innigen Kuss, der mir eine Erleichterung angesichts der Härte bedeutete, mit der die Brandung gegen die Felsen schlug. Ich ging dann ein wenig ruhiger von ihr fort, und wenn ich ehrlich bin, hatte ich nie wirklich vor, an einem anderen Ort als dieser tagsüber von der Höllenglut der Wüste und nachts von Eiseskälte geplagten Fischerbucht zu leben.
Als ich eines Morgens mit meinem Karren auf dem Weg zu ihr war, hörte ich Pferdegetrappel. Sofort schoss mir durch den Kopf, der Satan treibe sich in der Gegend herum. Ich ließ den Karren mit den Schalentieren stehen, ohne mich darum zu scheren, ob sie gestohlen wurden, und rannte los. Ich fand Petronila auf dem Schaffell unseres Bettes ausgestreckt. Rock, Bluse, Schürze, alles hing in Fetzen, und die umgestoßenen Möbel zeugten von dem erbitterten Kampf, mit dem sich meine Kleine gegen den Schakal zur Wehr gesetzt hatte. Ich konnte mich nichtmehr von ihr verabschieden. Mein Körper verweigerte jede Reaktion, doch offenbar habe ich geschrien, bis mir die Stimme versagte. Und dann vernahm ich die rostige Stimme von López-Cuervo hinter mir, er drohte mir oder beleidigte mich oder alles zusammen. Ich drückte meiner Petro einen Kuss auf die Lippen, sie fühlten sich noch frisch und saftig an wie die roten Blütenblätter jener Rosen, die Sofanor Jahre später auf dem Markt kaufen und seiner Engländerin ins Chanchoquín mitbringen sollte.
Arche Noah, 1946
Ein ums andere Mal wurden die Flaschen geöffnet, es flossen Schnaps, Pipeño-Weißwein, Branntwein oder Rotwein, denn lieber betrunken sterben als an Staublunge, verflucht, das war die Devise. Und wenn die rote Glühbirne das Gesicht des Kumpels aufleuchten ließ, der an der Reihe war, die Freuden von einem der Mädchen zu empfangen, hatte ich das Gefühl, wir alle feierten den Tod im Voraus. Insgeheim natürlich, während in der Ferne die Musik spielte, am Ende der Schotterstraße, dort, wo der Wirbelwind die Erinnerungen aufwühlte.
Es konnte nichts Schlimmeres geben als das Gefühl, ein armer Schlucker zu sein, der seine vier Buchstaben auf einen Barhocker drückte, der Cufina mit ihrem prallen Hintern dümmlich dabei zusah, wie sie das nächste Glas füllte und gerade genug Aufmerksamkeit verteilte, um den Kumpel bei Laune zu
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