Der mieseste aller Krieger - Roman
Kette um den Hals trug. Seine wahre Berufung bestand darin, fremdes Vermögen anzuhäufen – in der Gewissheit, dass er eines Tages, wenn er am wenigsten damit rechnete, Paitanás würde verlassen müssen. Ich kann mich noch erinnern, wie er eines Morgens zu uns nach Hause kam, auf dem Sofa vor dem großen Fenster Platz nahm und um ein Gläschen Sherry bat. Er bereiteteuns keine Schwierigkeiten bei den Taufformalitäten auf unseren Familiennamen. Tatsächlich war er der Erste, der uns klarmachte, dass es besser sei, der Kleinen nichts von ihren wahren Eltern zu erzählen. Flor sagte zu allem ja und amen, um jeden Konflikt zu vermeiden und zu verhindern, dass der Pfaffe uns das Kind womöglich wieder wegnahm. Dabei wusste die Tita ohnehin, seit sie ihren Verstand gebrauchen konnte, dass wir nicht ihre leiblichen Eltern waren. Als er plötzlich einen von Flors Hunden bellen hörte, sprang der Priester auf und hatte es mit einem Mal furchtbar eilig. Flor rief das Tier laut zur Ordnung, doch da war Alzamora längst über alle Berge.
Eines Sonntags stahl sich ein besonders rebellisches Hündchen davon, das jede Unachtsamkeit seiner Herrin nutzte, um ein bisschen Freiheit zu schnuppern. Als es am Mittag wider Erwarten nicht zum Fressen wiederauftauchte, begab sich die Tita auf die Suche nach ihm. Sie schaute im Brunnenbecken auf dem Platz nach, auf der staubigen Landstraße, wo ein paar Kinder Ball spielten, aber nirgends war eine Spur von ihrem Lieblingshündchen. Als sie gerade in der brennenden Mittagssonne das Handtuch werfen wollte, entdeckte sie von weitem ein Hündchen, das aussah wie ihres. Sie sah es in der Kirche verschwinden, durch das Portal, das einen Spalt offen stand, um für ein wenig frische Luft zu sorgen. Verkündete Alzamora nicht ständig, dass alle Lebewesen Kinder Gottes seien? Die Tita rannte zur Kirche, denn sie wusste, dass der Priester dieses Gotteskind mit Fußtritten undStockschlägen aus seinem bröckelnden Tempel befördern würde. Und kaum war sie über die Schwelle getreten, sah sie das Hündchen – es war ihr Hündchen – schwanzwedelnd und bellend herumspringen, um auf sich aufmerksam zu machen. Doch keiner der frommen Kirchgänger wagte es anzurühren, denn Alzamora brüllte, der Hund sei des Teufels. Da lief das Tier nach vorne, um den Priester anzubellen, der sich sogleich hinter dem Kreuz mit dem angenagelten Christus verkroch.
»Schafft diesen verdammten Köter hier raus!«, krächzte Alzamora.
Der Pfaffe hatte noch nie eine Schwäche preisgegeben, und nun wurde seine panische Angst selbst vor Hunden offenkundig: Hysterisch erklomm er den Balken des Kreuzes, so dass die gesamte, aus massivem Pinienholz gefertigte Konstruktion bedrohlich ins Wanken geriet. Sprachlos starrten die Gläubigen auf ihren Priester, und als einige losstürmten, um den frechen Welpen einzufangen, hielt die Tita sie mit einem schrillen Pfiff zurück, der allen durch Mark und Bein ging. Indes begann der Balken unter dem zitternden Pfaffen zu knirschen. Seelenruhig ging die Tita zu ihrem Hündchen und legte ihm die Leine um den Hals.
»Du Teufelsgöre, diese Töle konnte ja nur dir gehören.«
»Sie sind ein erbärmlicher Hosenscheißer, niemand hat Ihnen etwas zuleide getan!«
»Wenn du nicht auf der Stelle verschwindest«, keuchteAlzamora, »verpasse ich dir einen Tritt in den Allerwertesten, der sich gewaschen hat!«
Der Priester wollte keinen Streit, er wollte nur dieses beängstigende Vieh aus der Kirche haben. Die Tita, die es mit ihren zarten acht oder neun Jahren schon faustdick hinter den Ohren hatte, wartete, bis mit dem nächsten Knirschen der Holzbalken auseinanderbrach und der Priester polternd zu Boden fiel. Die Gläubigen, die sich bis dahin ein Lachen verkniffen hatten, konnten nun nicht mehr an sich halten, als sie den Priester ungeschickt in seiner Soutane straucheln sahen.
Und dann rief die kleine Tita ihm von dem schweren Portal aus zu, vor dem sie der unbekannte Reiter einst abgelegt hatte:
»Gott ist reine Zeitverschwendung! Wenn es ihn wirklich gibt, hat er uns schon vor Jahren zum Teufel gejagt.«
Das Mädchen war empört. Wenn sie es auch noch nicht mit den richtigen Worten ausdrücken konnte, so spürte sie doch, dass der Gott Alzamora den guten Glauben seiner Gemeinde ausnutzte, dass er seinen Landsleuten im Prinzip nicht mal ein Stück Brot gönnte. All das dachte sie, während der Priester sich an den Kopf fasste, zum Himmel aufblickte und fluchte, das Weihwasser, das er
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