Der mieseste Liebhaber der Welt
wird behauptet, es gäbe da
ein paar hundertprozentige Tipps, wie man jede Frau betört (um sie ins Bett zu bekommen). Und darin wird weiterhin angedeutet,
dass ICH derjenige sei, der all diese Tricks auf Lager hat. Schön wär’s.
Man könnte nun zur Tagesordnung übergehen und diesen Quatsch vergessen, schließlich darf man nicht jedes Wort, das geschrieben
wird, auf die Goldwaage legen. In diesem Fall aber ist das nicht so einfach: ›Der Frauenflüsterer‹ von Marcus Perry schoss
aus dem Stand an die Spitze aller Bestsellerlisten und atmete ein ganzes Jahr lang Höhenluft. Das Buch verkaufte sich rund
250 000 Mal, ich wurde zu Lesungen und Vorträgen eingeladen und bei ›Beckmann‹ interviewt. Ich wurde reich, weil da draußen eine Menge
Männer wissen wollten, wie sie sicher bei den Frauen zum Zuge kommen würden. Und Frauen kauften das Buch aus vorauseilender
Empörung darüber, wie ein
Marcus Perry
es wagen konnte, sie alle über einen Kamm zu scheren und ihnen jeglichen gesunden Menschenverstand abzusprechen. Selbst im
seriösen Feuilleton beschäftigte man sich mit meinen hanebüchenen Frauenflüsterer-Ratschlägen: Man schnüffelte und stocherte
mit spitzen Fingern darin herum und legte ein paar Sätze unter das literarische Mikroskop, bevor man zum Ergebnis kam: ein
stinkender Misthaufen.
Überraschung!
Nach jeder dieser deprimierenden Rezensionen zogen die Verkäufe wieder an. Der Höhepunkt dieser unfreiwilligen Verkaufskampagne
war ein Interview mit Marcus Perry im Frühstücksfernsehen eines Privatsenders, in dem der Autor sich von einer hasserfüllten,
moppeligen Blondine fragen lassen musste: »Und Sie wollen also jede Frau rumkriegen? Versuchen Sie es doch mal bei mir!« Dabei
blickte die Dame so gefährlich, als hätte sie seit Tagen nichts gegessen. An diesem Morgen stotterte Marcus Perry vor der
Kamera umsein nacktes Leben. (Und in den Tagen danach bestellten alle relevanten Buchhändler ganze Stapel des ›Frauenflüsterers‹ nach.)
Ich spreche übrigens nicht zufällig von »Marcus Perry« und nicht etwa von
mir,
wenn es um den ›Frauenflüsterer‹ oder eines der anderen Bücher geht, denen ich meinen Wohlstand verdanke. Inzwischen schätze
ich den Umstand, mich hinter einem Pseudonym verbergen zu können, nämlich sehr. Zum einen, weil an meiner Haustür kein sprechbehinderter
Kneipenschläger klingelt, der sich beschweren will, dass meine wasserdichten
Flirt Lines
ihm nur Ärger und Spott eingebracht haben. Zum anderen, weil ich mich in Talkshows und Interviews immer wunderbar darauf berufen
kann, dass Marcus Perry ja nur eine Kunstfigur ist, eine Art spielerischer Entwurf einer schillernden Persönlichkeit mit einem
Riesenego. Subtext: Im Grunde sei ich ein schreibender Schauspieler, der mit der Hilfe einer Kunstfigur Meinungen anprobiert
wie der Leitartikel in der ›Zeit‹. Bei den Kulturmenschen im Fernsehen komme ich damit durch – die kennen das. Und meine Leser
vor der Glotze gehen offenbar gedanklich nicht den ganzen Weg mit. Meiner Auflage hat das indirekte Eingeständnis, dass ich
im Grunde nicht mal selbst an all die Weisheiten glaube, die ich da auf 300 Seiten mit feiner Klinge unters Volk bringe, jedenfalls noch keine Einbrüche beschert. Die Einladungen zu Seminaren, Lesungen
und Gastbeiträgen reißen nicht ab. Sie sind adressiert an »Marcus Perry«, aber sie landen – über das Büro meines Agenten –
alle bei Markus P. Stiltfang in der Mailbox.
Ich habe ein schönes Leben. Manchmal träume ich, ich würde am Samstagvormittag nackt durch eine Fußgängerzone spazieren und
so tun, als sei das ganz normal, obwohl ich mich entsetzlich dafür schäme. (Zählen Sie eins und eins zusammen …) Aber meistens schlafe ich ganz prima. So hätte das auch bleiben können. Alle drei Jahre ein neues Buch,ein paar alberne Interviews, einige gemeine Rezensionen und anschließend Ruhe, neue Länder und viel Sonne. Aber wie es so
ist, wenn man in diesem Land erfolgreich ist – Neider tauchen auf, Stinkstiefel, die einem an den Karren fahren wollen. Nur
so, aus Bosheit. Oder um Quote und Auflage zu machen. Normalerweise ficht mich das nicht an, Sie wissen ja:
Never complain. Never explain
. Oder auch:
Bad news are good news!
Solange es der Auflage nutzt, können meine Bücher mit so ziemlich jeder Kritik leben.
Ich
werde sicher nicht widersprechen.
Das heißt, bislang WAR das so. Ich erzähle Ihnen das alles
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