DER MILLIONÄR AUS MIAMI
erklärte sie ihm.
„Darf ich schwimmen?“, fragte er aufgeregt. „Nehmen wir meine Schwimmflügel mit?“
Sie nickte und umklammerte das Lenkrad fester. „Rafe hat eine Menge riesiger Boote! Bestimmt darfst du mal auf einem mitfahren.“
„Schiffe wie Großvaters?“, wollte Joel wissen.
Für einen kurzen Moment bekam Nicole vor Angst keine Luft mehr. „Ein bisschen“, brachte sie hervor. Sie betete, dass das der einzige Punkt war, in dem sich Rafe und ihr Vater ähnelten, und wechselte das Thema. „Dort ist es viel wärmer als hier. Du musst nicht mal eine Jacke tragen.“
Joel wurde ganz still. „Aber du kommst auch mit, oder?“, fragte er schließlich ängstlich.
„Aber natürlich, mein Schatz.“
„Und du bleibst immer bei mir?“
Wieder dieses Gefühl, vor Angst zu ersticken. „Ich werde immer dafür sorgen, dass es dir gut geht. Du bist das Wichtigste auf der Welt für mich.“
Joel seufzte erleichtert. „Schwimmst du auch mit mir?“
„Na klar“, erwiderte sie lächelnd.
„Und darf ich mein Lieblingsbuch mitnehmen?“
„Das habe ich schon längst eingepackt. Nachher gehen wir zusammen die Liste durch, und du sagst mir, wenn etwas fehlt, in Ordnung?“
„Okay.“
Nicole warf ihm einen Seitenblick zu und sah ihn lächeln.
„Ich darf ans Meer!“, sagte er voller Vorfreude.
Während Rafe seiner Assistentin telefonisch die letzten Anweisungen gab, blickte er auf und sah Nicole und Joel Hand in Hand auf sich zukommen. Erleichtert atmete er auf. Seine Gefühle überraschten ihn selbst. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was er befürchtet hatte: dass Nicole in letzter Sekunde kneifen würde.
Irgendetwas an dieser Frau faszinierte ihn. Ihm war durchaus klar, dass er Nicole nicht über den Weg trauen konnte – immerhin war sie Tabithas Zwillingsschwester, und das eine oder andere mussten sie einfach miteinander gemein haben. Und Tabitha hatte ihn belogen und betrogen. Es hätte schon an ein Wunder gegrenzt, wenn Tabithas Art nicht einmal ansatzweise auf Nicole abgefärbt hätte. Doch im Augenblick brauchte er sie. Außerdem würde er sie schon noch früh genug wieder loswerden.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf seinen Sohn. „Hallo, Joel!“
„Hallo!“ Sie lächelten einander zaghaft zu, dann fragte Rafe Nicole: „Können wir los?“
„Soll ich diese Frage ernsthaft beantworten?“ Sie wirkte gleichzeitig verletzlich und trotzig.
Rafe sah an ihr vorbei auf das Gepäck, das der Chauffeur aus dem Wagen hob. „Sieht so aus, als hätten Sie alles noch rechtzeitig geschafft.“
„Ich hatte ja keine Wahl.“
„Jetzt können Sie entspannen. Bei mir sind Sie gut aufgehoben“, erklärte er und ergriff spontan ihre Hand. Nicole entzog sie ihm sofort wieder, doch ihm war nicht entgangen, dass ihre Miene für einen Augenblick weicher geworden war.
„Wir werden sehen“, antwortete sie nüchtern.
Als er den zweifelnden Tonfall hörte, sträubten sich ihm die Nackenhaare. Nach allem, was er erreicht hatte, war er es einfach nicht mehr gewöhnt, dass jemand seine Fähigkeiten infrage stellte. Abgesehen von Tabitha hatte keine Frau an ihm gezweifelt. Nun ja, Nicole würde eben noch früh genug merken, dass er jeder Aufgabe gewachsen war.
4. KAPITEL
Nicole half Joel, sich auf dem Fensterplatz festzuschnallen. Der Kleine war angesichts seines ersten Fluges völlig aufgedreht, und als sie abhoben, klebte er förmlich mit der Nase an der Scheibe. Endlich konnte auch Nicole sich in die weichen Ledersitze des luxuriösen Privatjets sinken lassen. Als ihr Saft und Kaffee serviert wurden, begann sie zum ersten Mal seit Langem, sich ein wenig zu entspannen.
Augenblicklich waren die beiden Männer in ihrem Leben beschäftigt – Rafe mit seiner Arbeit, Joel mit der Aussicht. Die luxuriöse Umgebung war für Nicole kein unbekanntes Terrain. Dies war die Welt, in der sie aufgewachsen war, aber seit dem College hatte sie sich an andere Umstände gewöhnt. Unabhängig von ihrem Vater zu sein war ihr wichtiger gewesen als alles Geld der Welt. Daran hatte sich bis zu diesem Tag nichts geändert. Und deshalb wollte Nicole darauf achten, sich nicht allzu sehr an die Bequemlichkeit, die Rafe ihr zu bieten hatte, zu gewöhnen. Schließlich würde sie bald wieder darauf verzichten müssen.
Sie goss Joel etwas Orangensaft ein, doch er war zu abgelenkt, um ans Trinken auch nur zu denken.
„Nicole“, rief Rafe sie leise, und sie wandte sich zu ihm um.
„Kommen Sie bitte kurz zu mir?“, fuhr er
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