DER MILLIONÄR AUS MIAMI

ist. Für immer.“
    Als sie seine Entschlossenheit bemerkte, wurde ihr angst und bange. „So einfach ist das nicht. Joel kennt Sie doch kaum. Können Sie sich auch nur ansatzweise vorstellen, wie schlimm es für ihn wird, wenn Sie ihn einfach so aus seinem gewohnten Umfeld herausreißen?“
    „Dann kommen Sie doch mit“, schlug er seelenruhig vor.
    Nicole blinzelte. Erst am vergangenen Abend hatte sie einen Privatdetektiv beauftragt und Pläne geschmiedet, mit Joel das Land zu verlassen. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, murmelte sie schließlich.
    Er zuckte die Schultern. „Wenn Joel wirklich das Wichtigste in Ihrem Leben ist, dürfte Ihnen die Entscheidung nicht schwerfallen.“
    „Aber ich habe einen Job!“
    „Dann lassen Sie sich eben für eine Weile freistellen.“
    „Als ob das so einfach wäre!“
    „Es ist so einfach.“
    Nicole begriff, dass Rafe keinen Millimeter weit von seinem Vorhaben abweichen würde.
    „Was ist Ihnen wichtiger? Ihre Sicherheit oder Joels?“, fragte er.
    Empört holte sie Luft. „Natürlich Joels. Ich verstehe nur einfach nicht, warum plötzlich alles so schnell gehen muss! Warum kümmern Sie sich nicht um Ihr Geschäft, und nächsten Monat kommen Joel und ich Sie besuchen, damit er Sie besser kennenlernen kann?“
    Noch während sie redete, begann Rafe, den Kopf zu schütteln. „Nicht nächsten Monat. Jetzt. Mein Sohn wird unter meinem Dach leben, und ich werde das volle Sorgerecht beantragen. Entweder Sie spielen mit, oder Sie gehen mir aus dem Weg. Ich kann bis morgen früh einen Gerichtsbeschluss bekommen.“
    „Und wie soll ich bis dahin alle Vorbereitungen treffen? Ich habe nicht einmal genügend Zeit, um zu packen!“
    „Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Ich kaufe alles, was Joel braucht.“
    Nun schüttelte Nicole den Kopf. „Sie begreifen es einfach nicht. Sicherheit entsteht nicht nur durch Geld und Gegenstände. Was Joel braucht, sind vertraute Menschen und eine vertraute Umgebung.“
    „Ich werde ein vertrauter Mensch für ihn. Mein Zuhause wird eine vertraute Umgebung für ihn werden.“ Er sah sie auffordernd an. „Kommen Sie nun mit oder nicht?“
    „Sie lassen mir ja keine Wahl!“
    „Sie sind meinem Sohn sehr wichtig. Ich werde dafür sorgen, dass Sie angemessen finanziell entlastet werden.“
    Jetzt konnte Nicole ihren Zorn nicht mehr im Zaum halten. „Ich will Ihr Geld nicht! Wenn ich welches bräuchte, könnte ich meinen Vater fragen. Vermutlich sind Sie genauso wie er.“ Sie spuckte die Worte förmlich aus, schleuderte ihm die schlimmste Beleidigung entgegen, die ihr einfiel.
    Doch Rafe zuckte nur die Schultern. „Sie werden noch früh genug herausfinden, ob Ihre Einschätzung zutrifft oder nicht. Am Donnerstagmorgen wird mein Privatjet uns nach Miami bringen. Sagen Sie mir nur, was Sie brauchen.“
    „Warum wollen Sie ihn eigentlich?“, herrschte Nicole ihn an. „Sonderlich viele Gedanken machen Sie sich ja nicht um ihn. Und in den letzten Tagen hat er Sie nicht vermisst. Warum müssen Sie ihn unbedingt zu sich holen, wenn es ihm ohne Sie bestens geht?“
    „Jetzt geht es ihm vielleicht gut, aber niemand weiß, was die Zukunft bringt. Auch Sie nicht. Ich werde nicht zulassen, dass mein Sohn dasselbe Schicksal durchleiden muss wie ich. Und wenn es sein muss, werde ich jeden Cent meines Vermögens darauf verwenden, ihn genau davor zu beschützen.“
    „Ein Vater ist mehr als nur ein Vermögen“, erwiderte Nicole. Wenn sie von etwas eine Ahnung hatte, dann davon. „Wann werden Sie das endlich begreifen?“
    „Sobald Joel bei mir ist, werde ich alles lernen, was ich wissen muss. Übermorgen reisen wir ab.“
    Kochend vor Wut und panisch vor Angst, erkämpfte sich Nicole ihre Freistellung von ihrem Chef. Dann begann sie zu packen. Sie musste Joels Lieblingsbücher und -stofftiere mitnehmen, seine Kuscheldecke und die Fotocollage von Tabitha, außerdem sein Babyfotoalbum.
    Die Angst, ihren Sohn zu verlieren, trieb sie zu Höchstleistungen an. Sie durfte sich nicht von ihren Sorgen lähmen lassen! Falls Rafe sich als schlechter Vater entpuppte, hatte sie immer noch ihren Fluchtplan.
    Solange sie mit ihm kooperierte, gewann sie Zeit. Und noch hatte er das Sorgerecht nicht. Joels Pass und damit die Möglichkeit, das Land zu verlassen, lagen in ihren Händen.
    Als sie Joel vom Kindergarten abholte, versuchte sie, ihm die Reise nach Miami als Abenteuer erscheinen zu lassen. „Wir verbringen ein paar Tage am Meer, mein Schatz“,