DER MILLIONÄR AUS MIAMI
mein Gott“, murmelte er, während er die Bilder durchsah.
Sie hatte ihn noch nie so ergriffen erlebt. Er hob die Hand vor den Mund und betrachtete die Fotos fassungslos.
Nicole beugte sich zu ihm herüber und warf ebenfalls einen Blick darauf. „Sind das deine Eltern?“
Er nickte. „Und das Baby, das meine Mutter im Arm hält, bin ich.“ Er zeigte ihr das nächste Foto. „Das sind meine Brüder und ich mit unserem Vater.“
Bei dem Anblick musste Nicole lächeln. „Du warst ein unglaublich süßes Baby.“
Er lachte leise. „Komm, ich lese dir Tante Emilias Brief vor: ‚Lieber Rafael, ich schreibe dir, weil ich weiß, dass ich nicht für immer da sein werde. Diese Fotos von dir sollst nun du haben. Dein Vater hat sie mir geschickt, nachdem du geboren wurdest. Er hat deine Brüder und dich unendlich geliebt. Ihr alle habt viel durchgestanden und doch viel erreicht – du in Miami, Damien in Las Vegas, Michael in Atlanta und Leonardo in Pennsylvania. Ich wünschte, ich hätte nach dem Tod eures Vaters für euch da sein können. Und ich bin dankbar, dass es euch allen gut geht. Ich gratuliere dir zu deinem Sohn Joel – er und seine Mutter werden dich sicher sehr glücklich machen. In Liebe, Tante Emilia‘.“
Rafe runzelte die Stirn. „Woher weiß sie nur von Joel? Und was sie über Leo schreibt … Er ist damals mit meinem Vater zusammen ums Leben gekommen!“ Er schüttelte den Kopf. „Sie muss schon etwas durcheinander sein.“
„Stimmt denn alles Übrige?“, hakte Nicole nach.
„Ja.“ Nachdenklich betrachtete er die Bilder erneut. „Das hier sind die einzigen Fotos, die ich von meiner Familie habe. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was sie mir bedeuten.“
Rafe auf einmal so weich und gefühlvoll zu erleben, brachte Nicole vollkommen durcheinander. „Du solltest Abzüge machen lassen – für deine Brüder.“
Er nickte. „Ich werde sie auch einscannen, damit sie auf keinen Fall verloren gehen.“ Er hielt inne und sah Nicole traurig an. „Weißt du, wie oft ich wach gelegen und mir gewünscht habe, nur ein einziges Erinnerungsstück an meine Kindheit zu haben?“
Nicole stiegen Tränen in die Augen. „Es gibt da etwas, das ich dir gern zeigen würde“, sagte sie leise. „Ich bin gleich wieder da.“
Nervös lief sie in ihr Zimmer, schaltete ihren Laptop ein und öffnete den Bericht des Privatdetektivs. Dann druckte sie den beigefügten Zeitungsartikel aus, der von dem Unfall von Anthony und Leonardo Medici handelte. Er war mit einem Familienfoto versehen, das die Eltern und alle vier Söhne zeigte. Offensichtlich hatte Rafe keine Ahnung, dass dieses Foto existierte. Sorgsam schnitt Nicole den traurigen Artikel ab und ging mit dem Foto zu Rafe ins Wohnzimmer.
Überrascht betrachtete er das Foto, dann sah er ihr in die Augen. „Woher hast du das?“, fragte er leise.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Das ist eine lange Geschichte. Meinst du nicht, ich sollte sie dir lieber morgen erzählen, wenn wir ausgeschlafen sind?“
„Ich würde sie lieber jetzt hören.“ Er stand auf und stemmte die Fäuste an die Hüfte.
Seufzend erwiderte Nicole: „Na gut. Ich bin deinem Rat gefolgt und habe einen Privatdetektiv auf dich angesetzt.“
Er nickte verständnisvoll. „Und, ist etwas Interessantes dabei herausgekommen?“
„In erster Linie hat er mir alles bestätigt, was du mir schon erzählt hattest. Und dann natürlich die Sache mit der Körperverletzung.“
Plötzlich schien Rafe zu begreifen. „Deswegen hast du mir ständig diese Fragen gestellt?“
„Deswegen, und weil Tabitha mir erzählt hatte, dass du grob bist.“
„Hat sie jemals behauptet, dass ich sie geschlagen habe?“
„Nein, aber sie hat immer wieder betont, dass du sie schikaniert hast.“
Bitter entgegnete er: „Und du hast ihr wirklich geglaubt? Nicole, ich habe nie im Leben eine Frau geschlagen!“
„Aber ich musste doch sichergehen, dass du Joel nichts antun würdest! Und Tabitha hatte behauptet, dass du wie unser Vater bist“, gestand sie ihm widerwillig.
Er zuckte die Schultern. „Und was soll das heißen? Ich weiß, dass dein Vater ein Snob und ein knallharter Geschäftsmann ist. Letzteres bin ich auch, aber von Snob kann in meinem Fall wohl kaum die Rede sein.“
Endlich fasste Nicole sich ein Herz. „Mein Vater hat uns geschlagen“, sagte sie leise. „Deswegen gehe ich ihm aus dem Weg. Und deswegen hat meine Mutter ihn verlassen. Bei der Scheidung ist ihr nur so viel
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