Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
übernehmen.«
»Das hast du schon so oft gesagt.«
»Aber diesmal meine ich es ernst. Ich verspreche, dass du maximal fünfzehn Stunden pro Woche arbeiten musst.«
»Das klappt doch nie.«
»Ich brauch dich, Franka«, sagte ich. »Vor allem, seit …«
»Das ist es ja«, begehrte sie auf. »Ich kann Hjalmar Koslowski nicht ersetzen. Hjalmar war ein richtiger Detektiv, der konnte Leute einschüchtern und zusammenschlagen. Ich dagegen bin …«
»Du bist gut.«
»Ach was. Du solltest einen festen Mitarbeiter einstellen, einen, der den Job gelernt hat.«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich werde keinen schmerbäuchigen Kaufhausdetektiv einstellen, der schon morgens nach Alkohol stinkt und sich auf den langen Kaufhausfluren die Füße wund gelaufen hat. Lieber mache ich alles alleine.«
»Das Dumme ist«, sagte Franka leise, »dass mir die Sache auch noch Spaß macht. Meistens jedenfalls.«
Ich kraulte ihr buntes, von zu viel Haarfestiger verfilztes Haar.
Sie schniefte. »Lass das!«
Auf der anderen Straßenseite öffneten sich die Türen des Gymnasiums. Eine Horde Schüler ergoss sich auf den Schulhof. Wir entdeckten Tassilos leptosomische Gestalt, die sich zu den Fahrradständern bewegte. Tassilo schloss das Fahrradschloss auf und schwang sich auf den Sattel. Jetzt würde er nach Mauritz radeln, zur Villa seiner Eltern.
Wir ließen ihm dreihundert Meter Vorsprung und fuhren langsam hinterher. Er wusste, dass er beschattet wurde, machte jedoch, wie wir ihm geraten hatten, keinen Versuch, mit uns Kontakt aufzunehmen.
Eine Viertelstunde später erreichte er sicher das schmiedeeiserne Tor des Schmidtschen Anwesens. So war das immer. Die Bösen schlugen dann zu, wenn man gerade was Besseres vorhatte.
Das Haus von Wolfgang Schwarz an der Annette-Allee brauchte sich hinter der Schmidtschen Luxuswohnanlage nicht zu verstecken. Die Lage, auf einer Anhöhe mit ungefiltertem Blick auf den Aasee, war sogar noch feiner, zumal die Stadtplaner die Annette-Allee zur Sackgasse umfunktioniert hatten, sodass die Ruhe der Millionäre nicht durch fließenden Verkehr gestört wurde. Einziger Wermutstropfen war die Aussicht, die man aus den oberen Etagen auf die andere Straßenseite hatte. Dort erstreckte sich der Zentralfriedhof und gemahnte die sensibleren unter den Anwohnern daran, dass auch Reichtum und Macht sie nicht davor bewahren konnten, als Wurmfutter zu enden.
Das Haus sowie eine gesicherte finanzielle Grundlage für ein Leben ohne Arbeit hatte Schwarz’ Frau mit in die Ehe gebracht. Schwarz selbst stammte aus einfachen Verhältnissen, wie er vor Fernsehkameras gerne betonte. Dass das Vermögen seiner zukünftigen Frau für den aufstrebenden Jungpolitiker ein Grund zur Eheschließung gewesen sein könnte, wie in Münster kolportiert wurde, erwähnte er in diesem Zusammenhang nicht.
Immerhin war Schwarz, was ja nicht jeder Bundestagsabgeordnete von sich behaupten konnte, mit kleineren Geldbeträgen nicht zu bestechen. So leistete er sich den Luxus, regelmäßig gegen die Erhöhung der Bundestagsdiäten zu stimmen. Angesichts des familiär abgesicherten Lebensstandards brauchte er die Bezüge ohnehin nur, um die Trinkgeldkasse aufzufüllen.
Am Eingang empfing mich ein befrackter Mensch, der auf Butler mimte. Vermutlich gehörte er zu dem Partyservice, der das Fest organisierte. Er brauchte eine Weile, bis er mich auf der Gästeliste fand, mein Name stand an der untersten Stelle.
Der größte Raum des Erdgeschosses, eine mit mindestens hundert Jahre altem Parkett ausgestattete Spielwiese von beträchtlichen Ausmaßen, war weitgehend von störenden Möbeln befreit, abgesehen von mehreren Sitzgruppen und einem wandfüllenden warmen und kalten Buffet. Die Glasfront, die den Ballsaal von der angrenzenden, noch größeren Terrasse trennte, war weit geöffnet. An gespannten Seilen aufgehängte Lampions und nostalgische Lampen tauchten die Terrasse in ein heimeliges Licht. Weiter hinten im Garten, angestrahlt von Scheinwerfern, machte sich eine Combo bereit, die musikalische Untermalung des Abends zu liefern. Eine leichte Abendbrise, angereichert mit frühherbstlichen Düften, wehte vom Aasee herauf. Wenn jemand wie Schwarz eine Party gab, spielte natürlich auch das Wetter mit.
Gruppen von Menschen standen und saßen sowohl drinnen wie draußen. Die Männer trugen gedeckte Dreiteiler, die Frauen Abendkleider. Einige von ihnen kannte ich von Fotos aus der Lokalzeitung. Falls ihr Aussehen nicht trog, gehörten
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