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Der Ministerpräsident - ein Roman

Der Ministerpräsident - ein Roman

Titel: Der Ministerpräsident - ein Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klöpfer , Meyer GmbH , Co.KG
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nett gewesen war.
    Vielleicht.
    Sie ging.
    Ich machte ihr zuliebe Sprechübungen: Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid. Der Cottbusser Postkutscher putzt den Cottbusser Postkutschkasten. Zwei zischende Schlangen zischten zwischen spitzen Steinen … Später lernte ich Verwaltungsvorschriften sowie Besonderheiten der Ministerialbürokratie: Die sechs Politischen Staatssekretäre ohne Sitz und Stimme im Ministerrat gehören nach der Landesverfassung nur dann zur Landesregierung, wenn diese es beschließt … März kam zu mir, um mich abzuhören. Er kam gut gelaunt. Grüße von der Fraktion. Grüße vom Landtagspräsidenten. Selbst Grüße von Zix. Wie auch gute Nachrichten wegen des Interviews. Er habe einen prominenten Fragesteller aufgetan, der in dem Interview die Fragen stellen werde. Kein Geringerer als Peter Sloterdijk. Auf Vermittlung des Wissenschaftsministers. Was ich dazu sagen würde? Ich sagte nichts. Er, Peter Sloterdijk, habe sich bereit erklärt. Hannah sei bereits auf dem Weg zu ihm, um seine Fragen aufzuzeichnen. Das Gespräch firmiere als Kamingespräch. Ein Kamingespräch unter Denkern in der Klinik. Er habe Hannah beauftragt, Kamingeräusche einzuspielen. Und er denke an weitere Interviews derselben Art. Urspring trifft Sloterdijk. Urspring trifft Kehlmann, Urspring trifft Drewermann … So als wäre die Klinik voller Geistesriesen. Ein ständiger Gedankenaustausch.
    März: Ob ich das Interview hören wolle? Es komme nachher im Radio. Er ließ in Schwesterzimmern Radiogeräte aufstellen, damit Ärzte und Pfleger und auch Patienten das hören konnten. Er lief, als das Interview begann, mit dirigierenden Bewegungen auf und ab. Einzelne Wörter vehement betonend. Er war zufrieden mit dem Interview. Ein persönliches, ein lebenskluges, ein bewegendes Interview. So März. Die ersten Blitzumfragen seien wohlwollend, rief März schon am nächsten Morgen. Sie fügten sich nahtlos ein in ein bereits sehr solides Meinungsklima, das auch im Internet seinen Niederschlag finde, in Form zahlreicher positiver, wenn nicht sogar begeisterter Einträge. Wenn morgen Landtagswahlen wären, so März, dann hätte ich die Mehrheit. Eine Mehrheit, die eine robuste Basis darstelle – für einen langen Wahlkampf, in dem ich noch jeden einzelnen Prozentpunkt benötigen würde.
    Eine Zeitung lobte sogar die hochdeutsche Aussprache – und verband damit die Frage, ob der Ministerpräsident damit ein Zeichen setzen wolle? Er gar seine Eignung für höhere Ämter unter Beweis stellen wolle? Urspring und Bundesminister, Urspring und Bundeskanzler … März saß den ganzen Mittag in sich überstürzenden Telefonaten, mit der Presse, mit der Parteispitze: Dass dies nicht der Fall sei. Dass Urspring nichts Derartiges plane. Dass Urspring gerne Landesvater sei und es auch gerne bleibe. Meine Aussprache sei falsch verstanden worden. Er telefonierte mit Hannah: Welch einen politischen Schaden mein Hochdeutsch angerichtet habe. Ob sie das nun einsehe. Ob man nicht spätestens jetzt Korrekturen vornehmen solle.
    Und es gab Zeitungen und Beobachter, die sich fragten: Warum ein Radiointerview? Warum kein Fernsehinterview? Was das zu bedeuten habe? Ob meine Genesung doch noch nicht so weit vorangeschritten sei? Und März ließ erklären: Dass der Ministerpräsident nichts zu verbergen habe. Dass das Radiointerview den räumlichen Möglichkeiten der Klinik geschuldet sei. Dass Fernsehkameras in der Klinik im Übrigen verboten seien …
    Das Telefon war sein ständiges Elixier. Meist ging es in diesen Telefonaten um mich und mein Befinden. Oder um Umfragewerte. So wie es den Ärzten um meine Blutwerte ging. Für März waren Umfragewerte wie Blutwerte. Und umgekehrt. Was sagen die Umfragewerte? fragte März. Und er ging mit dem Telefon auf und ab.
    Mancher Anruf ging stundenlang, ohne einen wirklichen Grund, außer der Vergewisserung von Umfragewerten. Hannah sagte: Er spricht gar nicht wirklich zu einem Anrufer. Er spricht zu sich selbst, um sich im Klang seiner Stimme zu vergewissern: dass alles rechtens und bestens ist, dass es bergauf- und weitergeht, mit mir und meiner Genesung und meinen Röntgenbildern und den Umfragewerten und allem anderen …
    Hannah sagte: Sieht er nicht aus wie ein Friseur. Er spricht sogar wie ein Friseur. Und er riecht wie ein Friseur. Er riecht nach Rasier- und nach Haarwasser. In der ganzen Klinik riecht es danach, wenn er telefonierend durch die Korridore läuft. Alles an ihm sei

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