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Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Steuerlasten befreit, so dass wir mit der Befestigung der Stadt endlich beginnen können.«
    »Hört, hört!« Die Männer klopften auf die Tafel.
    Nachdem sich die erste Überraschung gelegt hatte, wurde die Summe ausgerechnet, die dem Rat so zur Verfügung stand. Sie fiel höher aus, als die Marktgeschworenen erwartet hatten. Bis spät in die Nacht beratschlagten sie, wie sie das Geld verwenden sollten. Als die Turmglocke des Münsters die elfte Abendstunde einläutete, hüllten sich die Männer in ihre Pelze und Umhänge. Ein jeder nutzte die Gelegenheit, um August anerkennend auf die Schulter zu klopfen.
    »Das ist doch selbstverständlich«, sagte der bescheiden. »Das Wohl unserer Stadt steht an oberster Stelle.«
    Schließlich machte er sich auf den Heimweg. Zu seinem geheimen Ärger gesellte sich ein benachbarter Händler zu ihm. Der Mann hatte ein Karpfengesicht und ließ keine Gelegenheit aus, um sich wichtigzumachen.

    »Mir ist da etwas zu Ohren gekommen«, sagte er geheimnisvoll. »Aber Ihr dürft mich nicht falsch verstehen. Mit dieser Information will ich kein böses Blut schüren, sondern Euch lediglich warnen.«
    »Mach nicht so ein Brimborium«, sagte August. »Und erzähl endlich, was los ist.«
    »In der Stadt wird gemunkelt, dass es ziemlich auffällig sei, wie viel Zeit Euer Weib mit Vater Lothar verbringen würde. Es heißt, dass sie gemeinsam nicht nur Kranke pflegen würden.«
    August konnte sich das Gelächter nur knapp verkneifen. Er war Vater Lothar nur ein einziges Mal begegnet, aber diese Zusammenkunft hatte schon genügt, um zu erkennen, dass der Geistliche weder Judith noch einem anderen Weib jemals gefährlich werden würde. Wenn er überhaupt geschlechtliche Interessen verfolgte, so waren sie eher gleichgeschlechtlicher Art. Er wollte schon eine entsprechende Bemerkung loslassen, als er plötzlich die Idee hatte, dass er dieses Gerücht eines Tages verwenden könnte. So rang er sich eine betroffene Miene ab und sagte: »Es ist gut, eine Handvoll Männer zu kennen, die auch in schwierigen Zeiten zu einem stehen. Ich danke dir für deine aufrichtigen Worte, mein Freund. Du kannst dich darauf verlassen, dass ich die Angelegenheit von allen Seiten beleuchten werde.«

2.
    Der Juli brachte eine große Hitze über das Schwabenland. Kurz nach dem Sonntagsgottesdienst versammelte sich das herzogliche Gesinde, um zur Dreisam hinunterzugehen.
Die Kinder freuten sich auf ein erfrischendes Bad und flitzten zwischen den Erwachsenen umher. Die Mägde trugen Weidenkörbe mit Brot, Käse und Früchten.
    Hartmann hätte sich der lustigen Schar anschließen können, aber ihm stand nicht der Sinn nach Vergnügungen. Als auf dem Burghof Stille eingekehrt war, ging er in die Küche und füllte seinen Krug mit Beerenwein auf. Zurück in seiner Kemenate setzte er sich auf das Strohlager und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
    Wenn es nach ihm ginge, würde er jetzt eine Schenkungsurkunde aufsetzen. Er könnte auch die Rechnungsbücher prüfen oder alte Schriftstücke ordnen - in der Kanzlei gab es immer etwas zu tun -, aber Bruder Stephan untersagte am Tag des Herrn jegliche Arbeit, damit die Zeit nach dem Gottesdienst in stiller Andacht verbracht werden konnte.
    In stiller Andacht! , dachte Hartmann und nahm einen tiefen Schluck aus dem Krug. Er konnte den Sonntagen nichts abgewinnen. An ihnen grübelte er nur über Dinge, die er nicht ändern konnte. Und weil sie nicht zu ändern waren, beschwerten sie ihn nur noch mehr.
    Wenn er doch nur den Tag verschlafen könnte, aber er war nicht im Geringsten müde, vielmehr dürstete sein Geist nach Beschäftigung. Als er erneut den Krug an die Lippen setzte, hörte er plötzlich, wie jemand über den Burghof rannte und die Stufen hinabsprang. Im Eingang tauchte ein schwitzender Knabe mit braunen Locken auf.
    »Herr, die Wachen haben mir verraten, wo ich Euch finde.«
    Hartmann hatte das Kind noch nie gesehen. »Was willst du?«

    »Als ich mit meinen Freunden am Fluss badete, sprach mich ein Fremder an und trug mir auf, Euch auszurichten, dass er bei der Aderblauen auf Euch wartet.«
    »Bei der Aderblauen?« Hartmann kannte das Freiburger Bordell, nur konnte er sich nicht vorstellen, was er an einem Sonntag dort sollte. »Wer war der Mann und was wollte er?«
    »Seinen Namen hat er mir nicht verraten, aber er sagte noch, dass es besser wäre, wenn niemand von dem Treffen erführe.«
    »Sonst nichts?«
    »Nein, Herr.«
    »Hier hast du ein Stück

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