Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
anders war. Ihr feuchter Schoß übte einen starken Sog aus; ein fortwährender Kitzel steigerte seine Lust ins Llnermessliche. In seinem Kopf explodierten Lustquellen, die in Schauern seinen Rücken hinabrieselten.
    Fordernd reckte sie sich ihm entgegen und grub ihre Fingernägel in seine Hinterbacken. Offenbar wollte sie nicht länger warten, sie wollte seinen Samen endlich empfangen. Das alte Volk bildete einen Kreis und intonierte eine Beschwörungsformel. Vor Hartmanns geistigem Auge zog ein Gewitter auf. Seine Bewegungen wurden immer heftiger, ruckartiger. Silberne Blitze sprengten das Gefüge aus Raum und Zeit. In der Zwischenwelt schoben sich Bilder vor sein geistiges Auge. Er sah sich in einem Gotteskampf, er sah die Gebeine seines Vaters, die von Tieren in alle Himmelsrichtungen verschleppt wurden, und er sah Judith, eingesperrt in einem Kerker. Mit blassem Gesicht sah sie zu ihm auf und sagte: »Du musst sehr tapfer sein, damit wir vereint sein können.« Ein letztes Zucken lief durch seinen Leib, dann verlor er die Besinnung.

6.
    Am nächsten Morgen öffnete er die Augen. Weit über ihm rauschte das grüne Blättermeer. Erde, Blütenkätzchen und Zweige bedeckten seinen nackten Bauch. Um ihn herum lagen abgebrochene größere Äste. Er konnte von Glück reden, dass sie ihn nicht getroffen hatten.
    Als er sich aufsetzte, schmerzte sein Kopf fürchterlich. Seine Kehle war ausgedörrt und seine Zunge lag geschwollen in der Mundhöhle. Was war gestern geschehen? Hatte er seinen Sieg so maßlos gefeiert?
    Hartmann fiel gerade noch ein, dass er Wacholderbeerwein getrunken hatte, ansonsten erinnerte er sich an nichts mehr. Wahrscheinlich war dem Gesöff ein Kraut beigemengt gewesen, das für seine Gedächtnislücken verantwortlich war. Sosehr er sein Hirn zermarterte, es wollte ihm nicht einfallen, was gestern geschehen war.
    Ächzend kam er auf die Beine und entdeckte ein paar Schritte entfernt seine Kleidung. Jemand hatte sie mit einem größeren Stein beschwert, damit es sie nicht fortwehte. Wer konnte das gewesen sein und warum bloß war er nackt?
    Während er sich anzog, vernahm er die Kirchenglocke und blickte Richtung Festplatz. Das unablässige Läuten konnte nur bedeuten, dass ein Unglück passiert war. Schnell machte er sich auf den Rückweg den Abhang hinunter.
    Als er die Wiese erreichte, flog eine Zeltbahn vorüber, die sich wie das Segel eines Schiffes aufgebläht hatte. Zwei Männer in rot-weißenWämsern jagten ihr hinterher. »Spring-jetzt!«, rief der eine und sein Kamerad hechtete
vor. Seine Hand streckte sich nach dem Bodenseil aus und verfehlte es nur knapp. Der Mann rappelte sich auf und setzte die Verfolgung fort.
    Der stürmische Wind schob Hartmann weiter. Überall herrschte hektisches Treiben. Während das Gesinde das Hab und Gut verstaute und die Kisten auf die bereitstehenden Ochsenkarren lud, gaben die Edelleute Kommandos. Gestern sangen sie noch miteinander und lagen sich in den Armen, gestern war es nebensächlich, ob man Milchmagd, Markgraf oder Ministeriale war. Die Liebe zum Leben überwand alle Standesunterschiede. Heute füllte jedermann wieder seinen angestammten Platz aus.
    Hartmann fragte sich, wann er zuletzt gebeichtet hatte. Gab es überhauptVerfehlungen, die er einem Geistlichen anvertrauen wollte? Die meisten Pfaffen wühlten nur in geschlechtlichen Dingen herum wie die Schweine in der Suhle. Wäre ihm eine Rückkehr in den Schoß der Heiligen Mutter Kirche überhaupt möglich? Plötzlich wurde ihm klar, dass die Sehnsucht nach Zugehörigkeit immer in ihm erwachte, wenn er sich einsam fühlte.
    Auf dem Kirchplatz herrschte ein wildes Durcheinander. Menschen liefen in alle Richtungen. Ein Mann griff ihm in den Arm und wollte ihn fortzerren. »Bleib hier nicht stehen! Du siehst doch, dass die Kirche gleich einstürzt!«
    Hartmann befreite seinen Arm mit einem Ruck und beobachtete, wie die Glocke in der Aufhängung hin- und herschwang. Das Läuten stammte nicht von Menschenhand; es war der stürmische Wind, der die Stimme Gottes aufpeitschte. Der hölzerne Turm hielt dem Gewicht nicht länger stand. Lange Nägel brachen aus Querbalken, Holzsplitter
sirrten durch die Luft. Eine heftige Böe drückte den Turm auf die Seite und mit der Glocke voran stürzte er durch das Seitendach. Die nächste Böe prallte gegen die Seitenwand und ließ sie zusammenklappen. Eine Gruppe kaiserlicher Soldaten rannte über den Platz, als könnten sie das Unheil noch abwenden, aber sie kamen

Weitere Kostenlose Bücher