Der Moderne Knigge
« ist wirklich aufrichtig herzlich gemeint. Man frage nur den Gatten.
Das Gleiche gilt von der Heimkehr des Gatten. Man frage nur die Gattin.
Die vorangehenden Scenen auf dem Bahnhof nach der Ankunft der Lieben gestalten sich zu einem Vollbild des Familienglücks. Wenn man die Ehe in ihrer höchsten Vollkommenheit und in ihrem sonnigsten Glanz kennen lernen will, so scheue man die Mühe nicht, am Schluß der Ferien die Ankunftshallen der Bahnhöfe zu besuchen. Hier wird der widerspenstigste Junggeselle gezähmt.
Ist man zufällig nicht hervorragend glücklich verheiratet, so kann man, der Rückkehr wegen, nicht oft genug getrennt sein. Ist man zufällig hervorragend glücklich verheiratet, so bedarf man nicht so oft der Trennung, aber zuweilen wird eine Rückkehr nicht überflüssig sein.
Man vermeide als Gatte einen zu zärtlichen Empfang. Es giebt zartbesaitete Frauen, die darin ein Geständnis des Gatten erblicken, er habe kein reines Gewissen.
Dies sei auch der Gattin empfohlen, auch wenn sie überzeugt sein sollte, daß der Gatte zum Verdacht zu eingebildet ist.
Beiden sei es empfohlen, die jüngste Vergangenheit nicht zu rosig zu schildern, auch wenn sie es redlich oder unredlich verdient hat, denn es macht keinen guten Eindruck auf den Hörer oder die Hörerin, wenn die Trennung als eine sehr angenehme Unterbrechung dargestellt wird.
Die Guirlanden lasse man noch einige Zeit hängen, auch entferne man das Plakat » Herzlich Willkommen! « nicht. Es geht doch mancher an der Thür vorüber, mancher Besucher wird ferngehalten, weil er meint, die Rückkehr habe eben erst stattgefunden, und die Herrlichkeit nimmt ja ohnedies, wie alles, ein
Ende.
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