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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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erzählen die Ehre Gottes, und die Veste verkündiget seiner Hände Werk.“
    „Darf ich annehmen ...“, begann Lewis.
    „Dass Weigel auch Astronom war? Gewiss!“
    „Ein seltsames Haus, bei Gott.“ Lewis sah die Fassade empor, und ihn schauerte. „Sollte es je außerhalb einer Burg spuken, dann hier ...“ Oder bei der Witwe Recknagel, dachte er.
    Herder nickte. „Aber die Wunder haben noch kein Ende. Im Inneren soll es eine schmale Treppe geben, die um eine offene, viereckige Spindel durch alle Geschosse vom Keller bis zu jenem Türmchen läuft, und wenn man diesen Hohlraum verhängt, mit Tüchern etwa, so dass kein Lichtstrahl von den Seiten eindringen kann, so entsteht ein dunkler, senkrechter Schacht, durch welchen man bei Tage vom Keller aus durch das zurückgeschlagene Dach die Sterne am Himmel zu erblicken vermag!“
    „Ein findiger Mann!“, lobte Lewis, dem bei dem Gedanken an dunkle Schächte neue Schauer über den Rücken liefen.
    „In der Tat! Denn diese hohle Treppenspindel soll auch einen Kasten aufnehmen können, durch den man mittels eines Flaschenzuges von einer Etage in die nächste gelangen kann, ohne die Treppen zu benutzen.“
    Lewis staunte.
    „Es geht sogar darüber hinaus! Die offenbar zahlreichen Zimmer werden durch ein Gebilde von Röhren und eine hydraulische Maschine mit Wasser aus dem Brunnen versorgt!“
    „Dauernd fließendes Wasser. Eine großartige Erfindung.“ Lewis war beeindruckt.
    „Weigel hatte auch für jene etwas parat, die nicht nur dem Wasser zusprechen. Als Kellermagd bezeichnete er eine Vorrichtung, die bewirkte, dass ein Maß Wasser, in ein Gefäß gegossen, die gleiche Menge Weines aus dem Keller hervorbrachte.“
    „Prosit, möchte ich sagen!“, lachte Lewis, fröhlicher allerdings, als ihm zumute war.
    „Das sollen Sie auch! Denn es ist Zeit, dass wir uns zum Schwarzen Bären begeben, um Herrn Hardenberg nicht warten zu lassen, und sollten wir auf ihn warten müssen, so werden wir zusehen, dass auch wir von einer Magd mit Wein versorgt werden!“
    „Trefflich!“, rief Lewis und war froh, diesem zyklopischen Bau mit seinen tausend Fensteraugen den Rücken kehren zu können.
    Sie trafen Hardenberg schon im Gasthaus an, sprachen dem Wein und dem schmackhaften Essen zu und berichteten einander, was sie erlebt hatten.
    „Oh“, meinte Hardenberg, „was glauben Sie, welche Wunder Sie schauen können, wenn Sie das anatomische Museum besuchten!“ Er nickte Herder zu. „Sobald Sie Ihr Studium angetreten haben, sollten Sie Herrn Lewis einmal dorthin mitnehmen, eventuell in der Tarnung eines Studenten, damit es keine Fragen gibt ...“
    Lewis fühlte sich äußerst unangenehm, als Hardenberg ihn mit seinen großen Augen anschaute. Konnte es sein, dass dieser etwas von seinem geheimen Auftrag ahnte? „Nein“, schalt sich Lewis. Im Blick Hardenbergs ließ sich nichts erkennen außer echtem Wohlwollen, und so zeigte Lewis sich interessiert.
    Nach einer Weile brachen sie auf. Hardenberg, um sein Quartier für die Nacht aufzusuchen, Herder und Lewis, um wieder in Weimar zu sein, bevor es gar zu tief in der Nacht war. Es dunkelte schon.
    Hardenberg bot sich an, die beiden noch einige Straßen weit zu begleiten. Sie plauderten lebhaft und auch etwas weinselig, lachten und klopften ausgelassen gegen die eine oder andere Fensterscheibe, um hierauf eilig das Weite zu suchen. Als sie nach solchem Schabernack hastig um eine Ecke bogen, prallte Hardenberg plötzlich zurück, so dass die ihm Folgenden beinahe in seinen Rücken stießen.
    Herder und Lewis stießen mit den Schultern zusammen.
    „Was ist, Herr Hardenberg?“, fragte Lewis mit halb vor Überraschung, halb vor Schmerz verzogenem Gesicht.
    Hardenberg drehte sich um, und in seinen Augen glomm es furchtsam auf. „Wir sollten einen anderen Weg nehmen“, sagte er schnell und drängte sich zwischen den beiden hindurch.
    Lewis und Herder spähten um die Ecke und sahen im Halbdunkel eine Gruppe von fünf, vielleicht sechs Männern auf sie zu rennen. Geführt wurden sie von einem hochgewachsenen, wild dreinschauenden Kerl, dessen Gesicht von einer Narbe verunziert wurde.
    „Hardenberg!“, schrie dieser, und zum Entsetzen von Lewis und Herder griff er an seine Seite und zog blank.
    Die beiden stießen sich von der Hausecke ab und rannten hinter Hardenberg her, der sich schon einigen Vorsprung verschafft hatte. Im Sprint erreichten sie ihn, als die wütende Gruppe um die Ecke bog, die sie gerade verlassen

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