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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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also nicht sorgen. Er fordere jedoch in aller Freundlichkeit, dass Lewis das Weihnachtsfest zusammen mit der Familie in seinem Hause verbringe. Er selbst, Krafft, wünsche ihm und Herder gute Genesung, und Lewis sollte diese Zeit als Ausgleich dafür nutzen, dass er in den vergangenen Wochen regelrecht arretiert und unter Bewachung gewesen sei. Krafft versprach auch in heiteren Worten, dass Lewis sich frei bewegen könne, ohne dass er ihm wie zuvor gleich einem Schatten folgen würde. Zumindest nicht dauernd.
    Herder lachte bei diesen Worten, und Lewis, der sich nicht griesgrämig zeigen wollte, stimmte ein. Im ersten Augenblick hatte er ein unbestimmtes Gefühl der Unsicherheit verspürt, als sei ihm ein Schutzengel genommen worden, den er – ohne es zu wissen – in den vergangenen Monaten an seiner Seite gehabt hatte. Aber dann sah er ein, dass er diesen nicht mehr brauchte. Die Gefahren, die ihn bedroht hatten, waren verflogen, hatten sich mit dem letzten Schwarzen Bruder in nichts aufgelöst.
    Lewis fühlte, wie ihn eine lang vermisste Unbeschwertheit ergriff. Er würde hier in Jena, umgeben von guten Freunden, eine angenehme Zeit erleben und – so nahm er sich vor – die von Weimar so unterschiedliche Umgebung als Inspiration für seine Werke nutzen. Vielleicht konnte er sich mit Hardenberg austauschen, auf jeden Fall aber Anregungen von Herder erhalten.
    Lewis war zufrieden und hörte nicht auf den winzigen Zweifel weit hinten in seinem Kopf, der leise vor sich hingrübelte und sich einbildete, irgendein Mosaiksteinchen missachtet zu haben.

Zwölftes Kapitel
    In welchem es Lebendige und Tote aufrüttelt
    Z wei Gestalten duckten sich in die Schatten der spitzbogigen Pforte neben dem Johannistor, das nach Jena hineinführte. Über ihnen ragte der viereckige Torturm dunkel und wuchtig auf, die spitze Steinhaube reckte sich den niedrig hängenden Wolken entgegen. Die beiden Gestalten lauschten auf etwas, und als von jenseits des Tores zu vernehmen war, wie eine Kutsche kurz hielt und dann wieder anfuhr, nickten die beiden einander zu. Dann erklangen Schritte unter dem alten Bogen, der sich über die Gasse buckelte: Eine einzelne Person ging keck dort, wo sich Raum genug für Pferde und Fuhrwerke bot. In dem Augenblick, als die Tritte verstummten, da der Schreitende seine Sohlen nicht mehr auf das trockene Pflaster unter dem Torbogen, sondern auf die Schneedecke davor setzte, verließen die Gestalten ihren Hinterhalt und sprangen ins schwache Mittagslicht. Friedrich Hardenberg zuckte erschreckt, da trafen ihn schon die geschleuderten Schneebälle. Flocken stoben, und plötzlich war Hardenberg weiß überpudert. Johlend griffen Lewis und Herder nochmals in den frisch gefallenen Schnee und schaufelten mit beiden Händen die strahlende Pracht in die Luft, stets bedacht, ihr Ziel angemessen zu treffen. Hardenberg setzte zurück, ließ sein Reisegepäck fallen und versuchte, sich so gut es irgend ging seiner Haut zu wehren. Schließlich gab er auf und hob die geröteten Hände.
    „Halt, ihr Affen! Genug! Mehr Schnee passt nicht mehr auf mich drauf!“
    Lewis lachte auf: „Gnade wird weder erbeten noch gewährt!“
    Herder deutete zum Turm hinauf, an dessen oberen Ecken, dort wo sich die Plattform befand, steinerne Wasserspeier herausragten, die in Affenköpfen endeten. „Die Affen sind da droben, in beiderlei Sinne!“
    Dann griff er wieder beherzt in den Schnee, aber noch ehe er ein Geschoss hätte formen können, traf ihn Hardenberg seinerseits mit einer tüchtigen Kanonade. Herder setzte sich auf den Hosenboden und prustete, während Hardenberg sich vorbeugte, die Hände auf die Knie gestützt.
    „Wenn du schon die Turmwächter Affen schimpfst, solltest du auch bedenken, was dann geschehen kann!“ Er grinste und riss die dunklen Augen auf.
    Dann trat er vor, gab Herder die Hand und half ihm auf. Er klopfte ihm auf die Schulter und winkte auch Lewis heran, um ihn zu begrüßen. „Einen schönen Streich habt ihr euch da ausgedacht! Ich bin nass bis auf die Knochen!“ Er drehte sich auf dem Absatz einmal herum, die Arme halb ausgebreitet.
    „Wir wollten dich ja auch sogleich ins Wirtshaus führen, wo man sich innerlich und äußerlich aufwärmen kann.“ Lewis klopfte sich den Schnee ab. „Schön, dass du hier bist!“
    Hardenberg versuchte, sich seinerseits von den Zeichen der Schlacht zu befreien, und da sie ihm übel mitgespielt hatten, half Herder ihm dabei.
    „Nun, ich konnte doch kaum in Leipzig

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