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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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sie aus Stoff besteht. Auch die Farbe scheint mir gar zu ungewöhnlich für eine echte Blüte.“
    Herder, der erleichtert war, dass Hardenberg sich wieder beruhigt hatte, hielt es für angemessen, einen Scherz zu machen. „In der Tat. So stelle ich mir die Nasenspitze einer schwindsüchtigen Base vor, die im Adelsstift dahinsiecht ...“ Herder grinste schief und wurde dann schlagartig ernst, als er sah, wie ihn Hardenberg anschaute.
    „Spotte nicht“, sagte er unfreundlich. „Diese Blume ist mir lieb und wert, und ich möchte sie um nichts auf der Welt missen.“ Er nahm einen sehr versonnenen Gesichtsausdruck an, als er weitersprach, und er senkte die Stimme dabei. „Manchmal scheint es mir, als seien die Blütenblätter ein ausgebreiteter Kragen, in dessen Mitte ein anmutiges Gesicht schwebt ...“
    „Dann möchte ich annehmen“, begann Herder, „dass der Farbton wohl eher dem Strumpfband jener Dame entspricht ...“ Er hob abwehrend die Hände. „Kein Spott! Aber sag, was verheimlichst du uns für Liebschaften?“ Er zwinkerte Lewis zu, der die Blume immer noch in Augenschein nahm und nicht auf den Wink Herders achtete.
    Stattdessen wandte er sich an Hardenberg. „Darf ich sie berühren?“, fragte er zaghaft.
    Hardenberg zuckte darauf zunächst zurück, und ein seltsames Glimmen war in seinen Augen zu erkennen, doch dann nickte er langsam.
    Lewis streckte die Hand aus, zeichnete den Rand der Blüte mit seinem Finger nach und öffnete dann überrascht den Mund. „Es ist tatsächlich eine Blume ... und keine aus Tuch oder Seide ...“
    „Oh Matthew, du bist genau solch ein Träumer wie Friedrich!“ Er ersuchte mit einer Geste bei Hardenberg um Erlaubnis, die Blume ebenfalls berühren zu dürfen, der zögerte noch mehr als bei Lewis zuvor, doch nach einem drängenden Nicken Herders gab er nach.
    „Ich bin der einzige Mann der Wissenschaft hier, und im Gegensatz zu euch weltfremden Poeten, die ihr die Blümlein am Wegesrand nur bestaunt und dann beschreibt, habe ich schon genug Kräuter und Blätter und Blüten in den Mörsertiegel geworfen und ...“ Er stutzte, als auch er die blaue Blume berührte. „Ja, hol mich ...“, begann er und schüttelte dann den Kopf. „Das kann doch nicht sein ...“ Er blickte Hardenberg scharf an. „Ist das eine Taschenspielerposse oder ...“ Doch dann sah er den ernsten Zug auf Hardenbergs Gesicht und sprach nicht weiter.
    Der schlug den Mantel zurück und befestigte die Blume wieder an seinem Rock. Er schien erleichtert und lächelte wieder. „Wollten wir nicht essen und trinken? Oder habt ihr in ganz Jena nichts übergelassen für einen hungrigen, dürstenden Gast? Vom Frieren ganz zu schweigen ...“
    Lewis und Herder sahen den wie verwandelten Hardenberg groß an und konnten nichts weiter tun, als ihm das Gepäck nachzutragen, da dieser erhobenen Hauptes davonschritt, dann und wann einen gnädigen Blick auf die umliegenden Häuser und Passanten werfend, als sei er der König selbst, welcher der Provinz einen Besuch abstattete.

    Einige Zeit später saßen sie zu Tisch, die tropfnassen Stiefel ausgestopft am warmen Ofen aufgestellt, und labten sich an Spickgans, Kastanien und kräftig gefettetem Wirsingkohl. Sie schwatzten munter, und ein ums andere Mal musste das Schankmädchen neuen Wein bringen.
    „Um auf besagtes Strumpfband zurückzukommen“, meinte Herder und schielte der Bedienung hinterher.
    Lewis würdigte sie keines Blickes und wies stattdessen auf Hardenbergs Rock, der hinter diesem über der Stuhllehne hing und an dessen Aufschlag die blaue Blume leuchtete. „Nein, vielmehr sollten wir auf diese geheimnisvolle Blüte zurückkommen. Wie kann es sein, dass sie, wo sie doch offenkundig eine tatsächliche Blume ist, nach all der Zeit noch nicht verwelkt oder anderweitig dahingegangen ist? Seit dem Sommer ist einiges an Zeit verstrichen, und ich bin sicher, dass Friedrich sie sogar noch länger besitzt.“
    Hardenberg nickte. „Einige Jahre schon ...“
    „Einige Jahre?“, wiederholte Lewis erstaunt.
    „Ja“, nickte Hardenberg, „und sie ist mir seitdem eine liebe, teure Begleiterin. Ich fühle mich regelrecht einsam ohne sie.“
    „Das kann ich verstehen“, seufzte Herder, der nicht recht zugehört hatte und immer noch dem Schankmädchen hinterhersah. Dann schaute er auf den Tisch. „Könntet ihr vielleicht rasch die Becher leeren, damit ich ...“
    Lewis ignorierte ihn und sprach weiter mit Hardenberg. „Woher stammt dieses wunderbare

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