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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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wird seinen Männern einiges abverlangen. Gottlob bin ich über solche Arbeiten erhaben und habe meine Schuldigkeit getan, indem ich es meldete.“
    Lewis fixierte Krafft über seinen Becher. Auch er hatte dem Wein zugesprochen, zudem spürte er nun die Strapazen und die Aufregung in Knochen und Kopf. Von seinem Platz aus konnte er nicht nur Krafft sehen, sondern auch dessen Bild in dem Spiegel, der über Herders Waschtisch hing. Beide Bilder waren gleich und doch so unterschiedlich wie die Facetten, die Lewis von Kraffts Person erlebt hatte.
    „Wer sind Sie wirklich, Herr Krafft?“ fragte er mit schwerer Zunge und schweren Lidern.
    Krafft lächelte, und dieses Lächeln begann vor Lewis’ Augen zu verschwimmen, wurde undeutlich, so wie auch Kraffts Physiognomie stets in der Erinnerung verblasste und ihrem Besitzer eine Aura des Geheimnisvollen verlieh.
    „Ein Freund“, hörte Lewis wie aus weiter Ferne, und in der Wiederholung wurde das Echo immer leiser, bis es in Lewis’ Schlaf aufging und verklang. „Ein Freund.“

    Am nächsten Morgen schien die Sonne kalt und hell ins Zimmer und weckte Herder und Lewis, die sich mit schmerzenden Knochen und wehen Schädeln erhoben. Lewis, der die Nacht im Sessel verbracht hatte, streckte sich mit einigen Klagelauten. Jemand hatte ihn mit seinem Mantel zugedeckt, und dieser Jemand musste wohl Krafft gewesen sein.
    Lewis schaute sich im Raum um, streifte mit seinem Blick Herder, der die Schrunden an seinen Handgelenken rieb, konnte Krafft aber nicht entdecken. Auch dessen Mantel und Waffen waren fort.
    „Er wird wohl seinen Geschäften nachgegangen sein“, vermutete Lewis, als er Herders fragenden Blick bemerkte.
    Der streifte stöhnend Hemd und Rock über die Bandagen an seiner Brust. Dann schüttelte er vorsichtig den Kopf. „Wer ist dieser Krafft eigentlich? Er hat uns gerettet und ist, wie es scheint, ein ziemlicher Überall und Nirgends.“
    Lewis kniff die Augen zusammen, als dächte er angestrengt nach, fände aber keine Antwort. Dann zuckte er die Achseln. „Begnügen wir uns damit, in ihm einen Freund zu sehen.“ Dann erhellten sich seine Züge. „Um weiter von solchen zu sprechen: Sollten wir nicht Hardenberg von den im Grunde doch recht guten Neuigkeiten wissen lassen? Dass sein Erzfeind im wahrsten Sinne vom Erdboden verschwunden ist, ja, gar von diesem verschlungen wurde?“
    Ein wenig schauderte Lewis doch noch bei dem Gedanken an Löber und seine Machenschaften, aber er hatte für sich beschlossen, sich durch die überstandene Gefahr nicht mehr ängstigen zu lassen. Ja, sich vielleicht gar nicht mehr zu ängstigen, jetzt, da all das hinter ihm lag.
    Herder verzog den Mund. „Aber Herr Krafft verbot uns doch ausdrücklich ...“
    „Sicher“, meinte Lewis. „Wir sollen nicht unbedacht darüber schwatzen. Aber ich bin der Ansicht, dass Herr Hardenberg erfahren muss, was vorgefallen ist, und sei es nur, damit er nicht mehr um sein Leben fürchten, nicht in der Furcht vor Löber schweben muss.“
    „Damit haben Sie recht“, nickte Herder. „Selbst Krafft sollte dagegen nichts einzuwenden haben.“
    „Zudem“, ergänzte Lewis und hob das Kinn an, „wenn er zugegen wäre, könnten wir ihn fragen. Jedoch ist er verschwunden und wird ...“ – er berührte mit der Hand die Stirn, da die rasche Bewegung seines Kopfes ihm brummende Schmerzen bereitet hatte – „... und wird nicht in den Genuss des reichhaltigen Frühstücks kommen, das wir nun zu uns nehmen sollten.“
    Herder nickte schwach und rang sich ein Lächeln ab. Dann gingen beide die Treppen hinunter, wobei sie sehr bedächtig einen Fuß vor den anderen setzten, um ihre Schädel nicht allzu sehr zu erschüttern.

    Als sie am frühen Nachmittag von ihrer Mahlzeit zurückkehrten, erwartete Sie eine schriftliche Nachricht Kraffts, in welcher dieser sich für sein rasches, abschiedsloses Aufbrechen entschuldigte. Es sei nun aber alles getan, um die Ereignisse im Anatomischen Theater im Verborgenen bleiben zu lassen. Voigt sei zufrieden, wenn auch nicht allzu erfreut über die leichtsinnigen Eskapaden Lewis’ und dessen Freundes Herder. Dennoch habe Krafft es zuwege gebracht, Voigt milde zu stimmen, indem er die Blessuren, welche die beiden jungen Männer im Kampf gegen Löber erlitten hatten, ein wenig übertrieb. Lewis sei somit zunächst von seinen Pflichten entbunden und solle in Jena bleiben, um zu genesen. Böttiger wisse nur im weitesten Sinne Bescheid, wie Krafft betonte, würde sich

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