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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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Ding? Hast du sie an einem geheimnisvollen Ort gepflückt?“
    Hardenberg lachte. „Ja, das würde dir gefallen, Matthew, aber ich muss dich enttäuschen – obgleich die Umstände, unter denen ich sie erhielt, nicht minder geheimnisvoll waren.“
    Lewis öffnete voller Spannung den Mund und beugte sich etwas vor. Hardenberg senkte die Stimme, was dazu führte, dass Herder im Lärm des Wirtshauses keinen Laut mehr verstand. Ohnehin trank er hastig aus und schielte ungeduldig auf die Gläser der anderen, während er im Gastraum umherblickte.
    „Ich saß“, begann Hardenberg, „wie damals, als wir uns trafen, allein an einem Ecktisch und nahm etwas zu mir, als sich die Tür zur Wirtsstube langsam öffnete.“
    Herder wurde durch eine Bewegung am anderen Ende des Raumes aufmerksam und reckte den Hals ein wenig.
    Hardenberg berichtete weiter. „Ein Mann trat ein. Sein Gesicht war blass und eingefallen, und er blickte sich suchend um.“
    Herder sah, wie das Schankmädchen an dem Neuankömmling vorbeischwebte, was ihn sogleich von diesem ablenkte, weil er ihr mit schmachtenden Blicken folgte. Lewis lauschte Hardenberg mit aufmerksamem Nicken.
    „Dann schien er entdeckt zu haben, wen er suchte, und schritt zielsicher voran. Geradenwegs auf mich zu.“
    Herder bemerkte mit Missfallen, dass der Mann in seine Richtung ging und ihm dadurch den Blick auf das Mädchen versperrte, das gerade mit sehr aufreizenden Bewegungen auf der Platte eines Tisches herumwischte.
    „Ohne ein Wort des Grußes“, fuhr Hardenberg fort, „trat der Fremde an mich heran, zog aus seinem Umhang jene Blume, die er mir mit gichtigen Fingern darreichte. Ich ergriff sie, da sie meine Hand wie mit einem Zauber anzog, und dann sah der Fremde mich durchdringend an und sagte ...“
    Ein hagerer Schatten fiel über die Züge Hardenbergs, und eine brüchige Stimme stieß mit halb ärgerlichem, halb besorgtem Ton hervor: „Wir waren verabredet! Ich fürchtete schon, der Kutsche sei etwas zugestoßen, und nun zechen Sie hier in aller Seelenruhe!“
    „Herr Schiller!“, rief Hardenberg und erhob sich. „Sie müssen verzeihen, aber ich habe die Zeit vergessen, als ich hier mit diesen befreundeten Herren saß.“
    Schiller musterte die Runde aus rotgeränderten Augen. Er grüßte den jungen Herder einigermaßen freundlich, was ihm schwerzufallen schien. Auf seiner Oberlippe stand in winzigen Perlen der Schweiß, und auch die Halsbinde, die über den grauen Rockkragen fiel, schien durchtränkt. Seine Nase sprang schärfer hervor, als Lewis sie in Erinnerung hatte, und auch die Wangen schienen ihm hohl und farblos. Schiller wirkte abgemagert und krank. Dennoch war sein Tonfall ebenso scharf wie damals im Bertuch ’ schen Garten.
    „Master Lewis.“ Schillers feuchte Augen wurden schmal. „Immer noch mit Goethe zugange? Immer noch hinter Geistern her?“
    Lewis spürte, wie Wut in ihm aufstieg. Mochte es der reichlich genossene Wein sein oder das Beisein Herders und Hardenbergs, er wollte sich diesen Anraunzer nicht gefallen lassen.
    „Durchaus, Herr Professor“, sagte er mit festem Blick. „Die Geister verfolgen mich auf Schritt und Tritt und wollen nicht von mir lassen. Wie ich hörte, geht es Ihnen hingegen nicht so, was Ihre studentischen Zuhörer angeht. Mir kam zu Ohren, Sie können Ihre Vorlesung inzwischen schon in Ihren eigenen Räumlichkeiten abhalten?“ Lewis war froh, dass niemand seine Hände sehen konnte, die sich unter dem Tisch ineinander krampften. Vielleicht war er zu weit gegangen. Er sah, wie Herder errötete. Von ihm hatte Lewis die Nachricht von der misslichen Lehrsituation Schillers erhalten.
    Schiller stand da und starrte Lewis an. Auf seinen eingefallenen Wangen zuckte es, ein Hinweis, dass noch einiges an Energie in ihm schlummerte. Hardenberg verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und schien fieberhaft zu überlegen, was er äußern könnte, um die Situation ihrer Peinlichkeit zu entledigen. Aus dem Augenwinkel sah Lewis, wie er mit der herabhängenden Rechten nach der Blume am Revers seines Rockes tastete.
    Schiller fixierte immer noch den langsam unruhig werdenden Lewis. Mit einem Mal lachte er kehlig, bis sich Tränen in seinen Augenwinkeln zeigten. Dann brach ein Hustensturm aus ihm heraus, der ihn sich krümmen und nach der nächsten Stuhllehne tasten ließ. Rasch schob Lewis ihm den Stuhl zurecht, Hardenberg griff stützend nach Schillers Ellenbogen. Herder hatte seine Starre überwunden und winkte

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