Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
doch für drollige Gesellen! Sag, Bode, was wird hier gespielt?“
Bode blieb stehen und hob die Pistole. „Das, was der junge Lewis richtig erkannte! Nur du, lieber Bruder, hast dich blenden lassen.“ Er ließ die Pistole sinken. „Es ist der letzte Akt dieses Spiels, so will ich mich denn erklären. Nur kurz, gewiss, um die Mitakteure nicht zu ermüden!“
Wieder lachten einige der Maskierten. Lewis bemerkte, wie Goethe angestrengt auf deren Gesichter blickte, als vermute er ihm Bekannte unter den Larven.
Bode ging weiter durch den Raum. „All deine Spitzeleien waren mir bekannt. Der selige Löber hatte sie geahnt und recht behalten. Ohne deine dummen Sanktionen gegen die akademischen Orden in Jena hätten wir längst losschlagen können, und die Revolution wäre vollzogen.“ Er klopfte mit dem Lauf der Pistole in seine Handfläche. „Aber nun ist die Zeit gekommen! Der Geheime Rat wird ausgeschaltet, und eine verlässliche Gruppe meiner Vertrauten ist zum Herzog unterwegs, um ... muss ich noch weitersprechen?“
Er grinste Lewis an. „Sie, mein junger, ach so talentierter Dichter haben alles wunderbar zusammengetragen. Zu dumm, dass Sie mir in die Quere kamen, Sie hätten mir so nützlich sein können. In Ihrem Eifer nach Erfolg als Poet und Übersetzer im Dienste einer Weltliteratur hätten Sie gar nicht bemerkt, wie Sie unter meiner Anleitung all das Gedankengut in Ihre Heimat gebracht hätten, das auch diese früher oder später umgestürzt hätte!“
Er feixte und rieb sich mit dem Pistolenlauf das Vielfachkinn. „Aber möglicherweise sind Sie ja bereit, auch jetzt noch mit etwas Druck ...“
Lewis erzitterte vor Ekel. „Niemals! Eher den Tod!“
Goethe schnalzte mit der Zunge. „Damit dürfen wir rechnen, lieber junger Freund“, flüsterte er Lewis zu.
„Keineswegs!“, rief Bode, der es gehört hatte. „Niemand wird sterben ... zumindest niemand von Ihnen. Es wird sich alles aufs Wundervollste ergeben.“
Er grinste Goethe an. „Vor allem du, Abaris, wirst so lebendig gebraucht wie nur irgend möglich, denn nach dem Tod des Herzogs und der Eroberung von Weimar wirst du hier die Herrschaft übernehmen!“
Goethe schaute überrascht, dann schüttelte er den Kopf und lachte. „Welch eine Verrücktheit! Nie werde ich zu deiner und deinesgleichen Spielpuppe! Wie immer du mich auch zwingen willst!“
Bode ging bedächtig zur angrenzenden Tür. „Ich werde dich nicht zwingen. Du wirst es aus freiem Willen und tiefstem Herzen tun.“ Er steckte den Kopf in den Nebenraum und sprach ein paar Worte. „Wenn Sie nun eintreten möchten ...“
Dann trat Bode zur Seite und gab den Weg für einen Mann frei, der aus dem Dunkel des angrenzenden Zimmers in den Raum trat.
Goethe und Lewis erkannten ihn sofort: Urbino Leone, der Geisterbeschwörer, den sie in Tiefurt kennengelernt hatten.
Leone sah sich überheblichen Blickes um. Er trug wieder den nachtblauen Rock mit den goldenen Litzen an den Aufschlägen, was zeigte, dass dies kein schillerndes Kostüm für seine Auftritte war, sondern vielmehr dessen Kleidungsgeschmack entsprach. Doch davon abgesehen erinnerte nur wenig an den Mann, der im Sommer seine Kunststücke vollführt und Lewis mesmerisiert hatte. Zwar schwang sich immer noch der schwarze Schnurrbart von der Nase zu den Wangen hin, doch die Züge Leones waren verändert. Er schien nicht mehr so ausgemergelt und bleich, die Augen waren nicht mehr beschattet, und die tiefen Falten um Nase und Mund schienen aufgefüllt. Er hatte in den vergangenen Monaten zugenommen. Doch immer noch setzte er seine Schritte grazil, und die Augenbrauen wölbten sich in Bögen, die Dreistigkeit und Arroganz ausstrahlten.
Als er sich ihm und Goethe näherte, gewahrte Lewis, dass der sachte den Kopf bewegte, als bemerke er etwas, das er sich nicht erklären, nicht vorstellen konnte.
Dann war Leone heran, er lächelte anzüglich, und seine Schnurrbartspitzen zitterten wie die Fühler eines ekligen Kerbtiers, wie es Lewis schien.
Leone fixierte Goethe mit seinen stechenden Augen, sagte kein Wort, sondern griff an seinen Schnurrbart und riss ihn sich von der Oberlippe.
Lewis sog erschrocken die Luft ein, doch Goethe war regelrecht entsetzt. Er keuchte und brachte dann ein Wort über die Lippen, dem Lewis jedoch keine Bedeutung beimessen konnte.
„Balsamo!“
Der Angesprochene schmunzelte und warf Goethe den falschen Oberlippenbart gegen die Brust. „Wie schön, dass Sie mich erkennen“, brummte er mit
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